Der Aurora Effekt
wegen der dortigen gesetzlichen Rechtsfreiheit. Auch Piratensender nutzen Sealand wegen der hervorragenden Gegebenheiten für ihre Zwecke.«
In Winters Kopf ratterten tausend Rädchen und dann stellte er die entscheidende Frage. »Und wieso kennst du diese sagenumwobene Plattform?«
Angelique beugte sich leicht vor und atmete tief ein, bevor sie Winters Welt erneut völlig auf den Kopf stellte. »Ich war vor acht Wochen dort, Mark.«
Winter starrte Angelique fassungslos an, ihm krampfte sich der Magen zusammen und blanke Angst kroch ihm den Nacken hoch. »Was sagst du da gerade?«
»Ich war dort, Mark.« Angelique ließ die Worte wirken und fügte dann vorsichtig hinzu: »Und ich habe dort Eric Fynn getroffen.«
Ein Gladiator nach verlorener Schlacht in einer Arena kurz vor dem Todesstoss musste sich ähnlich fühlen. Winter glaubte nicht was er da hörte. »Angelique, sag bitte nicht, dass du mit denen unter ein Decke steckst.«
»Mark, jetzt beruhige dich bitte wieder, lass es mich dir in Ruhe erklären.«
Unbemerkt von den beiden schaute Heschenbach, der sich wieder zu ihnen gesellt hatte, schon die letzten Minuten immer wieder nervös auf seine Armbanduhr. Gastfreundlich bot er Angelique und Winter neuen Tee an.
Winter starrte - seine Umwelt nicht mehr wahrnehmend - nur noch Angelique an. Hatte er sich so in dieser Frau getäuscht? Hatte sie wohlmöglich etwas mit dem Verschwinden von Isabel zu tun?
»Mark, so beruhige dich doch, es war ganz anders, als du jetzt vielleicht denkst«, lenkte Angelique rasch ein, die Winters Fassungslosigkeit schmerzte. »Wir waren vor einigen Wochen auf der Suche nach einem neuen Standort für eine Serverfarm im Rahmen eines neuen DLR-Forschungs-projektes. Dabei sind wir auf Sealand gestossen und ich war diejenige, die den Ortstermin dort wahrgenommen hat.«
Winter entspannte sich ein wenig, schaute aber Angelique immer noch nicht ganz überzeugt an. »Aber wieso sollte das DLR sich mit einem Pseudostaat einlassen? Tut mir leid, aber das ist mir jetzt irgendwie etwas zu kompliziert, Angelique.«
»Es handelte sich um ein etwas, ich sag mal, diffiziles Projekt. Es geht um Weltraumschätze. Genau gesagt, um ein mächtiges Goldvorkommen auf einem Asteroiden, der sich alle zweihundert Jahre der Erde nähert. Die DLR sollte eine Mission begleiten, die es ermöglicht, das Gold auf dem Asteroiden abzubauen und zur Erde zu schaffen. Das Problem ist nur, dass es sich hier nicht um ein staatliches, sondern um ein rein privatwirtschaftlich finanziertes Projekt handelte.«
Winter war jetzt noch verwirrter, das DLR beteiligte sich am Abbau von Bodenschätzen im Weltraum und arbeitete mit irgendwelche dubiosen Wirtschaftsbossen zusammen?
»Mark, ich weiß, dass dies ein sehr umstrittenes Projekt war, daher konnten wir dies auch unmöglich im Rahmen unserer normalen Infrastruktur integrieren und mussten einen etwas außergewöhnlichen Weg gehen. Fakt ist jedenfalls, dass wir durch Geldgeber aus der Wirtschaft die Möglichkeit haben, gleichzeitig enorme Erkenntnisse auf einem völlig neuen Gebiet sammeln können, dem Abbau von Bodenschätzen im Weltall.«
»Woher wisst ihr denn, dass es Gold auf einem Planeten gibt«, fragte Winter.
»Nicht Planet, Asteroid. Wir analysieren dazu die Lichtspektren der Objekte und finden anhand dieser deren Zusammensetzung heraus. Zunächst hat man überlegt, diese Asteroiden quasi einzufangen und auf Erdumlaufbahn zu bringen, was aber viel zu gefährlich wäre. Ein neuer Ansatz ist nun die Entsendung von Minenrobotern, die selbständig das Edelmetall abbauen und zur Erde zurückbringen. Dies geht natürlich nur über einen begrenzten Zeitraum, solange sich der Asteroid in Erdnähe befindet.« Angelique lächelte Winter an. »Hey Mark, das ist nicht schon wieder Science-Fiction, das sind laufende konkrete wissenschaftliche Planungen.«
Winters Gesichtszüge entspannten sich etwas, hatte er Angelique doch Unrecht getan. Wieso reagierte er überhaupt so heftig auf das, was sie gerade gesagt hatte? War es die Anspannung oder hatte er einfach nur Angst? Angst, Angelique zu verlieren?
»Jedenfalls war ich dort, um den Standort für unseren Server zu überprüfen und ich muss sagen, Sealand ist schon sehr beeindruckend. Ich bin mir sicher, dass ich diesen Eric Fynn dort gesehen habe als ich dort war. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, er stand im Serverraum und diskutierte lautstark mit einem der Techniker. Dabei wurde er ziemlich ausfallend und
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