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Der Ausloeser

Der Ausloeser

Titel: Der Ausloeser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Sakey
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vollbluten.
    Stattdessen richtete er sich auf. »Ich will mich nicht mit dir schlagen. Ich will mit dir reden.«
    »Wir haben uns nichts zu sagen.«
    »Da irrst du dich gewaltig.« Zur Sicherheit behielt Mitch den Stuhl in der Hand. »Ian hat rausgefunden, was in den Flaschen ist. Keine Drogen, sondern ein chemischer Kampfstoff. Nervengas. Schon mal von Sarin gehört?«
    Alex schnaubte. »Da hast du dir ja echt was einfallen lassen.«
    »Ich schwöre dir …«
    »Los, schlag schon zu. Genau das wolltest du doch immer, oder? Ja, ich weiß Bescheid. Ich weiß, dass du auf Jenn stehst. Und dass du mich abgrundtief hasst. Ich hab’s von Anfang an gewusst. Aber du warst ja immer der Ruhige, der Intellektuelle, der Schüchterne. Du musstest einem fast schon leidtun. Denkst du, ich hätte nicht mitbekommen, wie du mich angesehen hast?«
    »Was redest du denn da?«
    »Lass es, okay? Das bringt doch jetzt nichts mehr.« Alex tänzelte zur Seite und verlagerte das Gewicht leichtfüßig von einem Bein aufs andere. Mitch wich entsprechend zurück. »Wir können uns einfach nicht leiden. Eigentlich konnten wir uns noch nie leiden, was?«
    »Das ist nicht wahr.« Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, dachte Mitch an Alex’ herablassende Art, die er regelmäßig zur Schau stellte. Wie er an jenem Abend dahergeredet hatte, als sie Johnny Love zum ersten Mal begegnet waren. Und wie er sich heimlich darüber gefreut hatte, als auf einmal Alex der Dumme war, der überhaupt nichts tun konnte. Dann die hässliche Vorstellung: Jenn im Bett mit ihm, dem durchtrainierten, tätowierten Alex, dem Glückskind, dem immer alles in den Schoß gefallen war.
    »Schwachsinn. Das geht doch schon seit Jahren so. Irgendwann musste es so weit kommen. Also los, tragen wir’s aus.« Mit dem Kinn deutete er auf den Stuhl. »Außer du hast nicht die Eier dazu.«
    Was für ein kindisches Gehabe – und trotzdem trafen Alex’ Worte ins Mark. Mitchs Augen verengten sich. Warum eigentlich nicht? Was schuldete er diesem Typen? Diesem »Freund«, der ihn immer und immer wieder verraten hatte? Alex irrte sich. Mitch war kein verschüchterter Schwächling, nicht mehr. Er hatte sich entschieden, wie er sein wollte, wer er sein wollte, und der neue Mitch war ein Mann, der sich nahm, was er wollte.
    Ein Mann, der die Frau geschlagen hat, die er liebt.
    Ein Mann, der einen Menschen getötet hat und davor weggelaufen ist.
    Er holte Luft und wich einen weiteren Schritt zurück. »Weißt du was? Vielleicht hast du sogar recht. Aber deswegen bin ich nicht gekommen. Sondern weil es sich bei dem Zeug in diesen Flaschen um Chemikalien handelt, mit denen sich ein tödliches Nervengas herstellen lässt. Ob du’s glaubst oder nicht.« Vorsichtig stellte er den Stuhl ab und ging ein Stück zur Seite. »Aber wenn du mich unbedingt schlagen willst, bitte, tu dir keinen Zwang an.«
    Kaum hatte er den Satz beendet, stürzte Alex sich auf ihn und verpasste ihm einen rechten Haken in die Nieren. Ein lautes Knacken, ein plötzlicher, stechender Schmerz. Mitch brach zusammen, die Beine klappten einfach unter ihm weg, der Aufprall schoss durch seinen ganzen Körper. Als er aufstehen wollte, musste er feststellen, dass er sich kaum bewegen konnte. Also machte er sich möglichst klein und wartete auf den ersten Tritt.
    Doch der kam nicht.
    Erst nach einigen Sekunden traute er sich, die Augen zu öffnen. Zentimeter unter sich sah er den gefliesten Boden, den festgetretenen Dreck in den Ritzen und Spalten. Er drehte den Kopf. Alex stand direkt über ihm und blickte zu ihm hinunter. Sie sahen sich an.
    »Geht’s dir jetzt besser?«, brachte Mitch schließlich heraus.
    »Ja.« Alex streckte die Hand aus. Mitch griff zu und ließ sich aufhelfen. Wieder der stechende Schmerz, eine rotierende Kreissäge in seiner Brust. Er stützte sich auf seinen alten Freund und schnappte nach Luft. »Du hast mich tatsächlich geschlagen. Arschloch.«
    Alex schnaubte und fuhr sich über das Gesicht. »Komm, ich mach dir einen neuen Drink.«
    Mit Alex’ Hilfe setzte er sich auf einen Barhocker. Er konnte sich noch immer kaum bewegen, doch den Drink nahm er gerne: drei Fingerbreit Jameson ohne Eis. Er führte das Glas zum Mund. Schön scharf.
    »Also ein chemischer Kampfstoff?«, fragte Alex.
    »Ja.«
    »Du meinst das wirklich ernst.«
    »Ja.« Mitch drückte den Rücken durch und leerte das Glas. Als er es abstellte, entdeckte er blutige Fingerabdrücke am Rand. Er betrachtete seine Hand – wie auf

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