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Der Ausloeser

Der Ausloeser

Titel: Der Ausloeser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Sakey
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mein voller Ernst«, meinte Ian. »Es geht um eine Menge Geld. Über zweihunderttausend Dollar. Lassen Sie mich leben, und es gehört Ihnen.«
    »Ich weiß, Ian. Ich weiß von dem Geld. Aber weißt du, dass es eigentlich mein Geld ist? Nicht Johnnys Geld, sondern mein Geld?«
    »Auch gut. Dann holen Sie es sich eben zurück.« Er ließ seine Worte wirken. »Aber ich weiß, wo Ihr Problem liegt. Sie trauen mir nicht. Oder?«
    »Warum sollte ich?«
    »Und wenn ich Ihnen beweise, dass Sie mir trauen können?«
    »Wie stellen Sie sich das vor?«
    Ian atmete tief ein und neigte den Kopf zu Jenn. »Schauen Sie doch mal in ihrer rechten Hand nach. Da finden Sie eine Schere. Die hat sie sich vorhin geschnappt, als Sie kurz nicht hingeschaut haben.«

33
    VICTOR TRUG DENSELBEN DUNKELGRAUEN ANZUG, wieder mit einem weißen Hemd darunter, wieder den obersten Knopf geöffnet. Dazu ein akkurater Haarschnitt und ein breites Lächeln – er lehnte am anderen Ende der Bar, als hätte er längst gewonnen.
    Und er hatte allen Grund dazu, überlegte Mitch. Sein Blick wanderte von den vier Flaschen auf der Theke zu Alex: Auf seiner Wange, wo ihm das Glas in die Haut geschnitten hatte, trocknete das Blut, über seinem Auge klebten noch die Klammerpflaster. Und wie sah es mit ihm selbst aus? Eine aufgeschlitzte Hand, schmerzende Rippen, kreischende Kopfschmerzen. Zwei unbewaffnete, ausgelaugte Männer, die sich völlig verrannt hatten. Noch dazu hatten sie ihre Diskussion nicht zu Ende geführt – er war sich keineswegs sicher, wie sich sein Freund letztendlich entschieden hätte. Also war jeder auf sich allein gestellt. Mal wieder.
    Hinter Victor stand Johnny Love, in einem hellvioletten Seidenhemd, in der Hand eine verchromte Pistole.
    Game over.
    »Warum so eilig, Mitch?« Victor schob die Hände in die Taschen. »Wo wollen Sie denn hin?«
    »Ich weiß nicht … Weg von hier.«
    »Von mir?« Er schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, das wäre ein Verstoß gegen die Regeln.«
    »Sie handeln mit chemischen Kampfstoffen und erzählen mir was von Regeln?«
    Victors Augen verengten sich. »Ich sehe, Sie haben sich schlau gemacht.«
    »Darf ich Ihnen eine Frage stellen?« Mitch wunderte sich über sich selbst. Warum hatte er gar keine Angst? Das heißt, er hatte schon Angst, aber nicht   nur   Angst. Vielleicht war es der Schock, vielleicht war er schlicht zu angestrengt, um noch klar zu denken. Vielleicht wusste er einfach nicht weiter. »Wie können Sie morgens in den Spiegel schauen?«
    »So als abgrundtief böser Waffenhändler, meinen Sie?«
    »Genau.«
    Mit einem Lächeln schlenderte Victor die Theke entlang. Kurz überlegte Mitch, ob er sich einfach auf ihn stürzen sollte. Was hatte er schon zu verlieren? Doch Johnny hatte ihn bereits ins Visier genommen, er würde ihn erschießen, noch bevor er den ersten Schritt gemacht hätte.   Also denk nach, verdammt noch mal, denk nach. Es muss einen Weg geben.   Victor trat hinter die Bar, als würde ihm der Laden gehören, nahm sich ein Schnapsglas und ließ den Blick über die Auswahl an Scotch schweifen. Schließlich entschied er sich für eine verstaubte Flasche Johnny Walker Blue. »Ich weiß, ich weiß«, meinte er, ohne sich umzudrehen, »Sie erwarten jetzt wahrscheinlich, dass ich Ihnen erzähle, ich wäre nichts weiter als ein Geschäftsmann, und dass die Leute sich so oder so gegenseitig umbringen, ob ich nun daran verdiene oder nicht. Und so weiter.«
    »Und? Ist es nicht so?«
    Victor zuckte die Schultern. »Doch, sicher. Aber wenn Sie meine ehrliche Meinung hören wollen …«
    »Ja?«
    »Das alles ist mir völlig egal.« Er nippte an seinem Whisky. »Moralischer Relativismus ist was für Leute, die von einem schlechten Gewissen geplagt werden. Für unbedeutende, gewöhnliche Leute.« Er hob das Glas. »Für Leute wie Sie.«
    »Meinetwegen. Aber wenigstens verkaufen wir kein Giftgas. Wer ist denn Ihr Käufer? Al-Qaida? Oder die Taliban?«
    »Die Michigan-Miliz? Der Ku-Klux-Klan? Die Mara Salvatrucha? Der nächste Timothy McVeigh, der nächste Ted Kaczinsky?« Victor lächelte. »Sie wollen es wirklich wissen? Sicher?« Er beugte sich vor. »Wer auch immer meinen Preis bezahlt.«
    Eigentlich hätte Mitch mit einer solchen Antwort rechnen müssen, und trotzdem war er sprachlos. Wie gelassen Victor wirkte, wie mühelos er sich über den Rest der Menschheit stellte! Hätte er wenigstens an irgendetwas geglaubt, würde er irgendwelchen noch so zweifelhaften Idealen folgen, dann

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