Der Ausloeser
ab. Am liebsten hätte er so richtig reingehauen, seine Muskeln bis zum Geht-nicht-mehr gefordert, um am nächsten Tag mit einem sagenhaften Muskelkater aufzuwachen. Aber das konnte er sich nicht leisten, denn morgen Abend musste er topfit sein. Deshalb beließ er es bei einer weiteren halben Stunde, duschte und machte sich auf den Heimweg durch die sommerlichen Straßen.
»Alex.«
Eine Stimme in seinem Rücken. Er fuhr so heftig herum, dass ihm die Sporttasche von der Schulter rutschte, und spähte in die Dämmerung. »Mitch?«
Mitch lehnte einige Meter hinter ihm an einem Baum. Jetzt kam er auf ihn zu. »Wir müssen reden.«
»Mann, hast du mich erschreckt.« Alex hob die Tasche auf. »Aber komm doch mit rauf.«
»Nein, danke.« Mitchs Stimme klang irgendwie seltsam, anders als sonst. »Ich muss gleich weiter. Will nur kurz was klären.« Eine Pause. »Ich weiß, was da gelaufen ist.«
»Was meinst du?«
»Das mit Jenn.«
Verdammt . Dabei waren sie so vorsichtig gewesen! Eigentlich war es ja egal, aber er hatte nun mal beschlossen, die Sache der Einfachheit halber nicht an die große Glocke zu hängen. Auch wenn Jenn es nicht wahrhaben wollte, er wusste genau, was mit Mitch los war. Bei jedem Augenaufschlag verwandelte sich der Kerl in einen Fünftklässler.
Aber warum fing er ausgerechnet jetzt davon an? Das heißt … Verdammt! Wollte er etwa aussteigen? Wenn er einen Rückzieher machte, würden auch die anderen wackeln, und schon könnte alles in sich zusammenfallen. »Hör mal …«
»Nein, jetzt hörst du mir zu. Ich weiß, du hältst dich für den Allergrößten, für den Obermacker, aber das bildest du dir nur ein. Wenn du mich noch einmal wie den letzten Dreck behandelst …«
»Was redest du denn …«
»Du hast sie benutzt. Du wusstest, ich würde niemals zulassen, dass sie nur mit Ian da reingeht, und das hast du eiskalt ausgenutzt.«
»Mitch …«
»Gib’s zu, verdammt noch mal.«
Alex seufzte. »Okay, du hast recht.«
»Aber damit ist jetzt Schluss. Endgültig. Du wirst nie wieder versuchen, über mich zu bestimmen. Du wirst mir nie wieder sagen, was ich zu tun oder zu lassen habe. Johnny Love ist dein Boss, aber deswegen bist du noch lange nicht mein Boss. Und ihrer übrigens auch nicht.« Mitch trat einen Schritt vor. Das Licht der Straßenlaterne höhlte seine Gesichtszüge aus. »Ich weiß, du hältst dich für was ganz Besonderes. Aber du bist ein Nichts. Ein Barkeeper, der nicht mal den Unterhalt für sein eigenes Kind zahlen kann.«
Auf einmal war Alex nicht mehr perplex, sondern nur noch wütend. »Vorsicht.«
»Vorsicht? Was willst du denn tun? Mir eine reinhauen, oder was? Wir sind hier nicht im Kindergarten, Alex. Du weißt ganz genau, wer der Intelligentere von uns beiden ist. Du wirst mich brauchen, und nicht nur morgen Abend.«
»Jetzt komm mal runter, Mann. Das gestern war doch keine böse Absicht. Ich brauchte eben deine Hilfe.«
»Mag sein, Mann . Aber ich hab einfach die Schnauze voll davon, ständig ignoriert zu werden. Und von deinem überheblichen Gehabe, weil du meinst, du wärst uns allen überlegen. Ja, ich mache mit, aber nicht wegen dir, nicht wegen deiner miesen Tricks. Ich mache das für mich. Und ja, auch wegen Jenn, natürlich mache ich mir Sorgen um Jenn. Im Gegensatz zu dir.«
»Ich mache mir auch Sorgen um sie.«
»Schwachsinn. Du denkst immer nur an dich.«
»Hast du schon vergessen, dass ich das alles nur für meine Tochter tue?«
»Ja, für deine Tochter, nicht meine.«
Alex atmete tief ein. Um ein Haar hätte er Mitch in aller Deutlichkeit mitgeteilt, wohin er sich sein Gelaber stecken konnte. Aber das wäre zu riskant gewesen. Erst mal mussten sie den morgigen Abend über die Bühne bringen. »War’s das?«
»Noch nicht ganz. Wenn du noch einmal versuchst, mich zu manipulieren, wenn du mich noch einmal belügst, sind wir fertig miteinander. Und nicht nur das.«
»Scheiße, was soll das jetzt wieder heißen?«
»Dass du dich, wenn du mein Freund sein willst, auch wie einer benehmen solltest. Sonst lernst du mich von meiner weniger freundlichen Seite kennen.« Damit drehte er sich um und zog mit schnellen, nervösen Schritten ab.
Alex stand da und blickte ihm hinterher. Einerseits wollte er ihm sofort nachlaufen, um sich zu entschuldigen – ja, er hatte Scheiße gebaut, aber sie waren doch gute Kumpels, und überhaupt … Andererseits wollte er ihm erzählen, wie Jenn kurz vorm Kommen stöhnte, wie sie ihre Augen
Weitere Kostenlose Bücher