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Der Ausloeser

Der Ausloeser

Titel: Der Ausloeser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Sakey
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zusammenpresste und schnelle, leise Laute ausstieß, die es kaum aus der Kehle an die Oberfläche schafften. Das würde ihn doch sicher interessieren, oder?
    Nein. Erst mal ziehen wir den Überfall durch. Dann werden wir ja sehen, was wir uns noch zu sagen haben.
    Also schulterte er die Sporttasche, drehte sich zur Treppe und stieg hinauf in sein leeres Apartment.
    In Ians Wohnung war es eiskalt. Kein Wunder, er hatte die Klimaanlage voll aufgedreht. Er saß in Unterhosen auf der Couch, eine Schachtel gefrorene Erbsen zwischen den nackten Beinen. Auf dem großen Flachbildfernseher lief HBO – irgendein Horrorfilm, im Moment floh die schreiende Heldin durch einen langen, dunklen Flur. Ohne Ton vermittelte die Szene einen beinahe existenzialistischen Schrecken: lautlos geöffnete Lippen, während sie halb stolpernd, halb fallend durch den Flur hetzte, Meter für Meter und doch ohne Ziel …
    Er beugte sich vor, tastete nach dem kleinen Spiegel und hielt ihn sich unter die Nase. Eine lange, schmale Schneedüne fürs linke Nasenloch, eine fürs rechte. Weil das linke vorhin geblutet hatte, stopfte er sich sofort wieder ein Taschentuch rein, auch wenn das Ende heraushing wie ein albernes Schwänzchen. Er rieb sich den bitteren Koksrest ins taube Zahnfleisch und legte den Spiegel zurück auf den Tisch. Daneben, ordentlich aufgereiht, lagen drei dumpf glänzende Pistolen.
    Und vor den Fenstern brannte die Stadt.

10
    »VERDAMMT, SIEHST DU GUT AUS.«
    Jenn lächelte, legte eine schmale Hand an den Rocksaum und machte einen kleinen Knicks. »Wie ein Bond-Girl?«
    »Nicht wie   ein   Bond-Girl«, antwortete Mitch, »wie alle auf einmal.« Die Worte waren ihm einfach so herausgerutscht. Hatte er etwas Falsches gesagt? Nein, dann hätte sie nicht so gestrahlt.
    »Los«, meinte Alex, der direkt hinter ihr stand. »Wir haben keine Zeit zu verlieren. Ich muss bald in der Arbeit sein.«
    Mitch folgte ihnen in Ians Wohnzimmer, wo es wie immer makellos sauber war. Es sah aus, als wäre es einem Hochglanzmagazin entsprungen – wäre da nicht der Haufen aus Masken und Handschuhen auf dem Tisch in der Mitte des Raums gewesen. Daneben lag eine braune Papiertüte.
    »Übrigens, Mitch«, sagte Ian, der extraweite schwarze Jeans, ein schwarz-weiß gestreiftes Hemd und braune Arbeitsschuhe trug. »Danke für deine Klamottenvorschläge. Jetzt seh ich aus wie der letzte Idiot.«
    »Ganz im Gegenteil«, erwiderte Jenn. »Du solltest dich öfter anziehen wie normale Menschen.«
    »Als wären Anzüge unnormal.« Er deutete auf den Tisch. »Das Zeug ist für euch. Ihr könnt euch im Schlafzimmer umziehen.«
    »Moment«, sagte Alex. »Schauen wir uns erst mal den Rest an.«
    Ian ging zum Tisch und hielt die Papiertüte hoch. Niemand rührte sich, bis Jenn einen Schritt vortrat, in die Tüte griff und einen verchromten Revolver herauszog. Wie hypnotisiert blickte sie auf die Kanone in ihrer Hand. Ihre Finger reichten kaum um den Griff.
    »Ziemlich schwer«, meinte sie.
    Mitch konnte den Blick nicht von ihr losreißen. Ihr Kleid bewegte sich auf der Grenzlinie zwischen Eleganz und Sinnlichkeit, ein gewagtes Design, wie es in seiner Vorstellung nur Callgirls für zweitausend Dollar die Nacht trugen. Oben ließen schmale Bänder die Schultern frei, unten endete der Stoff schon auf der Mitte der Oberschenkel. Dazu die Waffe in ihrer Hand und das entschlossene Funkeln in ihren Augen – es war der aufregendste Anblick, den er je gesehen hatte.
    »Vorsicht«, sagte Ian. »Der ist geladen.«
    »Woher hast du die Waffen?«
    »Ich kenn da so einen Typen.«
    »Was für einen Typen.«
    »Ist das so wichtig?«
    »Alles klar.« Alex nickte. »Jenn hat Handschuhe und Masken für euch drei besorgt. Wir sind ja neulich schon alles Schritt für Schritt durchgegangen. Also können wir uns das jetzt sparen, oder?«
    »Eins noch«, meldete sich Ian zu Wort. »Ich hab über das Timing nachgedacht. Warum setzen wir uns nicht einfach ins Büro und warten auf Johnny?«
    »Nein«, erwiderten Mitch und Alex wie aus einem Mund. Als sie sich anblickten, krümmten sich Alex’ Lippen zur Andeutung eines Lächelns. Er nickte, um Mitch den Vortritt zu lassen.
    »Nein. Wir können nicht wissen, ob er zuerst allein oder gleich mit Alex ins Büro geht. Alex muss dabei sein, darauf basiert der ganze Plan. Außerdem wird er kaum den Safe aufsperren, wenn wir schon da sind.«
    »Na und? Wir kennen die Kombination.«
    »Sicher, aber das darf Johnny nicht wissen, sonst wird er sofort

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