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Der Ausloeser

Der Ausloeser

Titel: Der Ausloeser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Sakey
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übrigens.«
    »Gleichfalls.« Kurz blieben sie stehen, mit den Masken über dem Kopf, und grinsten sich an wie zwei Lausejungen nach einem gelungenen Streich.
    »Okay, jetzt aber raus hier.« Ian drückte die Hintertür auf und trat ins Freie.
    Direkt in gleißendes Scheinwerferlicht. Was zur –
    »Fuck!« , schrie eine Männerstimme.
    Die Welt schaltete in Zeitlupe, in kristallklare, drogeninduzierte Slow Motion. Ian sah, wie Mitch mit einer Hand an der Klinke und der Tasche über der Schulter erstarrte, er sah den orangefarbenen Mietwagen, der fünf Meter entfernt geparkt war, und daneben zwei Gestalten – eine war Jenn, die gerade die Hand vor den Mund legte, die andere eine bloße Silhouette, aber zweifellos ein Mann. Jetzt setzte sich der Typ in Bewegung, er griff sich panisch an den Rücken, ein Autoschlüssel landete klirrend auf dem Boden, und im nächsten Moment, das konnte doch nicht wahr sein, im nächsten Moment hatte er eine Pistole in der Hand. Ians Kiefer klappte nach unten, während der Typ auf ein Knie sank und den Arm mit der Waffe nach oben riss wie ein Cop im Fernsehen.
    Ian fiel ein, dass er auch eine Waffe bei sich trug.
    Langsam hob er die Pistole.
    »Lass das!«, rief der Mann mit hoher, brüchiger Stimme. »Du.« Ein Nicken über die Schulter. »Junge Frau. Nicht bewegen, okay?«
    Das kriegst du hin. Der Typ muss sich auf drei Ziele gleichzeitig konzentrieren, und er ist nervös. Der hat das nicht drauf. Du schon.
    »Ihr zwei – Waffen fallen lassen!« Der Mann zielte erst auf Mitch, dann auf Ian, der Lauf seiner Pistole wanderte ruckartig zwischen beiden hin und her.
    Du musst nur warten, bis er sich umdreht.
    »O Gott«, jammerte Jenn.
    Es musste schnell gehen, verdammt schnell, aber er war schneller als der andere, das spürte er. Das Ganze erinnerte ihn an ein Pokermatch; auch da gelangte man immer wieder an einen Punkt, an dem der Gegner so perfekt bluffte, dass man am liebsten das Handtuch werfen würde. Einen echten Profi zeichnete es aus, dass er imstande war, diese Angst zu überwinden und das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren.
    »Da rüber«, sagte der Typ zu Jenn.
    Und drehte sich zu ihr.
    »Ian, nein –«, brüllte Mitch.
    Doch Ian folgte nun seinen Instinkten. Er sank in die Knie und riss die Pistole nach oben. Als der Mann herumwirbelte, starrte er über den Lauf – und schob den Finger zum Abzug.
    Scheiße, tat das weh.
    In seinen Schläfen dröhnte und hämmerte es, auf seinem Gesicht mischte sich Blut mit Schweiß, die Welt verschwamm vor seinen Augen. Das rechte konnte er kaum noch öffnen, mit dem linken sah er Mitchs und Ians Füße an sich vorbeilaufen und durch die Tür verschwinden. Dann drehte sich ein Schlüssel im Schloss.
    Warum hatte Ian bloß so fest zugeschlagen? Sinn der Sache war doch nur, Johnny vorzugaukeln, dass er nichts damit zu tun hatte – deswegen musste er ihm doch nicht gleich ein Auge ausschlagen. So hatten sie nicht gewettet.
    Entspann dich. Kein Wunder, dass du bei den Schmerzen nicht klar denken kannst. Schlimmstenfalls hast du dir einen Wangenknochen angeknackst, aber wahrscheinlich nicht mal das. Also krieg dich wieder ein.
    Zwei Meter weiter krümmte sich Johnny auf dem Boden und versuchte verzweifelt, sich zumindest aufzusetzen. Wahrscheinlich sollte Alex es ihm gleichtun, doch allein der Gedanke daran jagte ihm einen weiteren Stromstoß durchs Rückgrat.
    Wenigstens ist es überstanden, und abgesehen von Ians Ausraster ist doch alles glatt gelaufen. Der Schmerz geht vorbei, aber was du heute getan hast, wird dein Leben verändern. Cassie wird nicht nach Phoenix ziehen, und mit dem Geld kannst du dir endlich überlegen, was du mit deinem Leben anfangen willst. Du kannst den Job hinschmeißen und ans College zurückkehren. Wenn du willst.
    Wenigstens ist es überstanden.
    In diesem Moment hörte er, etwas gedämpft, aber unverkennbar, einen lauten Schrei.
    Gefolgt von einem Schuss.

Teil 2 – Neue Regeln
    Die Hölle, das sind die anderen.
    –   Jean-Paul Sartre,   Geschlossene Gesellschaft

12
    IRGENDWER TRAT GEGEN DIE TÜR.   Hinter einem flimmernden Schleier sah Alex, wie sich das Holz bog, wie es bebte.   So geht das nicht , dachte er.   Man tritt nicht auf die Mitte, sondern auf die Seite. Schauen die denn gar kein Fernsehen?
    Schock. Offenbar stand er unter Schock. Deshalb schien der Schmerz so weit weg zu sein, deshalb war er nicht in Panik geraten, als er den Schrei gehört hatte, als er den –
    Schuss gehört

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