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Der Ausloeser

Der Ausloeser

Titel: Der Ausloeser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Sakey
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überfallen. Aber kein Wort über das Treffen oder die Tasche. Ansonsten sagst du ihnen alles, was sie wissen wollen, egal was, und wenn sie dich fragen, ob du Seidenstrumpfhosen trägst. Aber diese zwei Sachen behältst du für dich. Kapiert?«
    Alex atmete tief ein. Der Boden wankte und pulsierte. »Ich soll die Cops anlügen?«
    »Wenn du tust, was ich sage, kümmere ich mich um alles andere. Ich zahl dir die Rechnungen, ich entschädige dich für die Unannehmlichkeiten. Und nicht nur mit ein paar Hundertern.«
    Sirenen ertönten, ein anschwellendes und wieder verklingendes Heulen. »Ich …«
    »Aber ein Wort über das Treffen oder die Tasche, und ich muss den Cops leider mitteilen, dass du mit drin hängst. Und dein Töchterchen wird ihren Daddy demnächst nur noch im Gefängnisoverall zu Gesicht bekommen. Kapiert?«
    Die Welt schien auf bizarre Weise zu beschleunigen, sie zuckte nach vorne, um im nächsten Augenblick in ein unruhiges Stottern zu verfallen, wie ein gefräßiger Projektor, der einen Filmstreifen verschlang. Draußen waren Schüsse gefallen, zwei Schüsse. Vielleicht lag in diesem Moment einer seiner Freunde tot im Dreck – während Johnny sich vorbeugte und die Schere ein paar Zentimeter vor Alex’ gutes Auge hielt. Die scharfkantige Spitze blitzte im Licht.
    »Kapiert«, sagte Alex. Er zwang sich, ruhig zu bleiben, ruhig die Hände zu heben. »Bitte. Meine Hände.«
    Johnny nickte und schob die Schere unter den Klebebandwulst. »Gut. Sehr gut.«
    Schritte, laute Schritte. Plötzlich flog die Tür auf, und Chip trat ein. »Die Polizei ist unterwegs. Alles klar bei euch?«
    »Ja, ja, uns geht’s gut«, meinte Johnny. »Aber Alex braucht einen Krankenwagen.«
    »Was ist denn eigentlich passiert?«
    »Wir wurden überfallen.«
    »Von wem?«
    »Woher soll ich das denn wissen? Aber eins kannst du mir glauben – ich werde es herausfinden.«
    Die Welt verengte sich auf ein Nadelöhr. Alex beschloss, sich nicht mehr dagegen zu wehren.
    Mitch stand wie zur Salzsäule erstarrt in der Einfahrt. Seine Ohren klingelten noch vom Knall der Waffe, während er fassungslos auf die Szenerie vor seinen Augen blickte und versuchte, die Puzzleteile zusammenzusetzen.
    Sie hatten das Büro verlassen und waren durch die Hintertür raus. In der Gasse war ein zweiter Wagen gestanden, und daneben ein Mann – ein Mann, der eine Pistole gezogen hatte. Ian hatte ihn ins Visier genommen. Es war sonnenklar, was er vorhatte – als hätte es in Leuchtschrift auf seiner Stirn gestanden. Mitch hatte gebrüllt: »Ian, nein!« Gleichzeitig hatte der Drogendealer seine Waffe rasend schnell auf Ian gerichtet. Dann ein Lichtblitz und ein lautes Donnern drüben bei den Autos.
    Kein Zweifel: Ian war getroffen.
    Mitch schaute nach unten. Seinem Freund schien es gut zu gehen. Er kreischte nicht vor Schmerz, er fasste sich nicht an die Brust. Er zielte nur weiter auf den Dealer und drückte den Abzug, immer und immer wieder, obwohl nichts passierte. Wie auch – die Waffe war gesichert. Also hatte er nicht geschossen, und getroffen war er auch nicht. Aber wer dann?
    Er drehte sich um und spähte die Gasse hinauf. Der Fremde lag mit schmerzverzerrtem Gesicht im Dreck, eine Hand an der Schulter. Jenn starrte auf ihn hinab, mit leerem, zombiehaftem Blick. In ihren Fingern bebte der Revolver. Der Revolver, mit dem sie auf ihn geschossen hatte.
    Nein. Nein, nein, nein!   Mitch ließ die Tasche von der Schulter gleiten und rannte auf den Mann zu, der gerade die andere Hand ausstreckte – nach einem dunklen Metallgegenstand an seiner Seite. Mitchs Fuß schnellte nach vorne, die schwarze Pistole schlitterte über den rissigen Asphalt.
    Mit einem Ächzen ließ der Mann die Hand sinken. Sie blieb seltsam abgespreizt liegen, die andere presste er weiter an die Schulter. Blut sickerte durch die Finger, pfeifender Atem zischte durch zusammengebissene Zähne.
    »Ich …« Jenns Augen glänzten wie Porzellan, das jeden Moment zerspringen könnte. »Ich … Ich wollte nicht … Er …«
    »Hey.« Mitch trat neben sie und legte ihr die Hände auf die Schultern. »Hey.«
    Sie sah ihn an. »Ich wusste einfach nicht, was, was … Er wollte …«
    »Schon gut. Alles ist gut«, sagte Mitch. Eine glatte Lüge. »Komm, gib mir das Ding.« Vorsichtig nahm er ihr den Revolver ab.
    »Ich … O Gott.« Sie blickte auf den Mann zu ihren Füßen. Jetzt kam auch Ian dazu. Zu dritt starrten sie auf den sterbenden Dealer.   Wie Kinder auf dem Spielplatz , dachte

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