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Der Ausloeser

Der Ausloeser

Titel: Der Ausloeser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Sakey
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hatte.
    Mein Gott!
    Kein Zweifel, da war ein Schuss. Aber wie viel Zeit war seitdem vergangen? Vielleicht dreißig Sekunden? Die Zeit hatte sich in eine merkwürdig elastische Masse verwandelt. Er lauschte auf jedes Geräusch, er lauschte auf Stimmen, die Stimmen seiner Freunde.
    Wie auf Kommando knallte der nächste Schuss.
    Was war da los? Wer hatte da geschossen?
    O Gott. Und wer war getroffen worden?
    Vor Schreck kniff er die Augen zusammen. Als er sie wieder aufriss, dauerte es eine Weile, bis sein Blick wieder halbwegs klar wurde. Sofort kehrte der pulsierende Schmerz zurück. Er musste hier raus. Er musste zu seinen Freunden. Er musste ihnen helfen.
    Inzwischen hatte sich Johnny ein Stück weit aufgerappelt. Er kauerte auf den Knien und schrie irgendetwas, doch hinter dem Klebeband waren nur undeutliche Laute zu hören. Wieder donnerte es gegen die Tür, und diesmal krachte ein Stiefel durch den dünnen Pressspan. Holzsplitter regneten herab. Irgendjemand fluchte laut, der Stiefel verschwand, eine Hand schob sich durch das Loch und tastete nach dem Knauf. Im nächsten Moment schwang die Tür nach innen, und ein Typ, den er kannte – aber wer? Der andere Barkeeper … Chip! Er hieß Chip. Warum hatte er so lange gebraucht, um sich an den Namen zu erinnern? Sie waren seit Jahren Kollegen.
    »Meine Güte«, sagte Chip. Er stand mit weit aufgerissenen Augen da und rührte sich nicht, während Johnny unverständliche Worte grunzte und die   Hände hochhielt. Endlich erkannte Chip, was von ihm erwartet wurde, rannte zu ihm und zerrte am Klebeband. »Alles klar, Boss?«
    Kurz darauf war Johnnys Mund frei. Er hustete und schnappte nach Luft. Sein Gesicht war knallrot, wie nach einer saftigen Ohrfeige, stellenweise hatte sich die Haut abgelöst. »Seh ich aus, als wär alles klar? Arschloch! Komm schon, mach meine Hände los.«
    Chip fing an, das Klebeband abzuwickeln.
    »Schere«, sagte Johnny. »In der Schublade.«
    Chip gehorchte, säbelte das Band durch und hielt seinem Chef die Hand hin.
    Johnny ließ sich aufhelfen. »Ruf die Polizei.«
    »Was ist mit Alex?«
    »Um den kümmer ich mich. Los!«
    Chip drehte sich um und verschwand.
    Mit einem Stöhnen lockerte Johnny seine Arme, dann ging er neben Alex in die Knie und zog ihm das Klebeband vom Mund. »Alles okay, Kleiner?«
    Nein, du alter Wichser, gar nichts ist okay! Meine Freunde sind da draußen, genau da, wo eben irgendwer rumgeballert hat.   Aber das konnte er ihm natürlich nicht sagen. Er durfte sich nicht im Geringsten anmerken lassen, dass er sich Sorgen um sie machte. »Mein Auge.«
    »Das wird schon wieder. Wir bringen dich zum Arzt. Jetzt halt erst mal still.« Johnny beugte sich vor, fuhr mit der Schere zwischen Alex’ Handgelenke und fing an, die Fesseln aufzuschneiden. Doch dann zögerte er und wippte zurück auf die Fersen.
    »Was ist?«
    Johnny hielt sich die Schere vors Gesicht und betrachtete sie eindringlich. »Wir müssen reden.«
    Obwohl sich Alex in einem Schockzustand befand, packte ihn plötzlich die nackte Angst. Hatte er sich verraten? »Was ist? Meine Hände!«
    »Sekunde.« Johnny blickte zur Seite, streckte den Arm aus und schloss die Tür. »Wir haben wenig Zeit, also hör mir genau zu.«
    Alex ächzte. Johnny beugte sich zu ihm vor und tätschelte seine rechte Wange. Es fühlte sich an, als hätte er ihm einen Hammer in die Fresse geknallt. »Mann!«
    »Zuhören, hab ich gesagt. Das mit deinem Auge wird schon wieder. Sieht halb so schlimm aus. Aber in ein paar Minuten werden hier haufenweise Cops antanzen, und dann muss ich auf dich zählen können.«
    »Auf mich zählen?«
    »Ich weiß, du bist loyal, aber allzu schlau bist du nicht. Also. Ich kümmere mich um dich. Ich übernehme sämtliche Arztrechnungen. Aber dafür musst du auch was für mich tun. Die Cops werden Fragen stellen, viele Fragen. Ich hab keine Ahnung, was da draußen passiert ist, aber das tut im Moment auch nichts zur Sache. Jetzt kommt es darauf an, dass wir beide dieselbe Geschichte erzählen.«
    »Boss. Mein Kopf tut verdammt weh, und …« Alex versuchte, ruhig und deutlich zu sprechen, doch aus seiner Kehle drang nur ein raues Krächzen. Seine Klamotten waren schweißnass und klebten am Körper. Er musste hier raus, er musste wissen, was geschehen war, ob seine Freunde in Ordnung waren. Was, wenn einer von ihnen …
    »Schon gut, Kleiner. Also. Wenn die Cops fragen, erzählst du ihnen einfach genau, was passiert ist: Zwei Typen mit Pistolen haben uns

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