Der Außenseiter
hübsches Ding.«
»Sie war dreizehn!«
»Jetzt hör aber auf! Seit wann spielt das Alter eine Rolle? Er war ein zurückgebliebener Junge, dem die Erwartungen einer erwachsenen Frau Heidenangst gemacht hätten. Vielleicht hat er deshalb durchgedreht, als seine Großmutter ihm geraten hat, sich ein Mädchen zu suchen. Wenn er in Cill vernarrt war, wird ihn eine andere nicht interessiert haben. Und – es würde erklären, warum er ständig bei Grace herumhing. Männer sind doch zu allem bereit, wenn am Ende die Chance auf einen Fick wartet.«
»Sprich du für dich selbst«, sagte Jonathan scharf.
»Tu ich.« Andrew lachte. »Ich erniedrige mich dauernd vor schönen Frauen, und sie finden mich alle nur komisch.«
Er hielt inne, um einen Schluck zu trinken, wie es sich anhörte. »Du solltest das mal mit deinem Psychologenfreund besprechen, aber ich wette, 511
Louise war ehrlich, als sie Howard als Perversen bezeichnete. Ich sage nicht, dass er einer war«, fuhr er schnell fort, als Jonathan einhaken wollte, »ich sage nur, dass sie ihn so wahrgenommen hat. Sie nannte ihn ein schleimiges Schwein, und das klang mir zu stark, um im Nachhinein erfunden worden zu sein. Meiner Ansicht nach hat sie ihn damals genauso empfunden.«
Jonathan lehnte seinen Kopf ins Kissen und rieb sich den Schlaf aus den Augen. »Ich muss das erst einmal überschlafen«, sagte er zu Andrew. »Ich verstehe immer noch nicht, warum sie zu dir gekommen ist und nicht zu George oder mir.«
Andrew erklärte ihm die Sache mit seiner Karte und der auf die Rückseite geschriebenen Privatadresse. »Ich glaube allerdings nicht, dass das der Grund war. Ich vermute, sie rechnete damit, dass ich die Geschichte schlucken würde –oder aber es war eine Art Probelauf.«
»Wozu? Sie kann jetzt die Details nicht mehr ändern, ohne Misstrauen zu erregen.« Er warf wieder einen Blick in seine Aufzeichnungen. »Was war nun eigentlich die Pointe? Was solltest du ihr abnehmen?«
»Wahrscheinlich, dass Howard schuldig war und Roy und seine Bande nichts mit der Sache zu tun hatten.«
»Dann hat Roy sie geschickt«, sagte Jonathan 512
überzeugt. »Er hat ja angedeutet, dass sie seine Angaben bestätigen würde.«
»Aber das hat sie ja gar nicht getan. Wenn Grace am Dienstag bereits tot war, entlastet das Howard.«
»Es gibt nur Wynnes Aussage dafür, dass er an dem fraglichen Montagabend die Wohnung nicht verlassen hat«, entgegnete Jonathan. »Beweisen können wir das nicht. Sie wurde beim Prozess nicht ins Kreuzverhör genommen, weil die Anklage vom Mittwoch als Tatzeit ausgegangen war.«
»Auf wessen Seite stehst du?«, fragte Andrew empört. »Howard wäre nicht noch einmal zu seiner Großmutter gegangen, wenn er gewusst hätte, dass Grace tot war – und wenn doch, wäre er nicht wie von Furien gehetzt aus dem Haus gestürzt und hätte sich zu Hause eingesperrt. Das ist ein Geschenk für uns, Jon! Das ist genau das Glied in der Kette, nach dem du und George suchen.«
»Ja, und das macht mich misstrauisch«, erwiderte Jonathan.
»Weshalb sollte Roy Trent Louise auftragen, Dienstag zu sagen? Das ergibt keinen Sinn, wenn er Kranke Seelen gelesen hat.«
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21
9 Galway Road, Boscombe, Bournemouth Donnerstag, 15. Mai 2003, 11 Uhr 30
Die hübsche junge Frau von der Detektei WCH
entsprach in keiner Hinsicht Rachels und Bills Vorstellungen von einer Privatdetektivin. Sie war jung und ziemlich nervös, und sie fanden beide, mit ihrer gelblich blassen Haut, dem dicken schwarzen Haar, den breiten Wangenknochen und den schmalen Augen sehe sie aus wie eine Eskimofrau.
Sie stellte sich als Sasha Spencer vor und erklärte zunächst, dass der Vertrag ihrer Firma mit David und Jean Trevelyan längst abgelaufen sei. Jedoch habe Mr. Burtons E-Mail sie interessiert, weil sie innerhalb von vier Wochen die zweite Anfrage bezüglich Cill Trevelyan gewesen sei, und sie habe sich deshalb die Akte vorgenommen.
»Von wem kam denn die erste Anfrage?«, wollte Rachel wissen.
»Das darf ich Ihnen nicht sagen, Mrs. Burton.
Wir nehmen unser Versprechen auf Vertraulichkeit ernst.«
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»Von Georgina Gardener«, sagte Billy. »Sie hat mich auf Louises Spur gesetzt. Allerdings weiß sie nicht, dass die Frau, auf die sie mich hingewiesen hat, Louise ist – ihr ist nur eine ungewöhnliche Ähnlichkeit mit Cill Trevelyan aufgefallen. Warum haben Sie auf ihre Anfrage nicht reagiert? Warum mussten erst wir kommen?«
Sasha warf einen unsicheren Blick auf ihre
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