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Der Außenseiter

Der Außenseiter

Titel: Der Außenseiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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fand sein amüsiertes Lächeln unsympathisch und kam gar nicht dazu, ihr gewohntes Sprüchlein anzubringen, weil die Stadträtin sie sogleich mit einem Wortschwall überschüttete. Die Frau war besser informiert, als Billy Burton vermutet hätte, und besaß offensichtlich genug Durchblick, um zu wissen, dass Sasha nicht hergekommen wäre, wenn nicht die Trevelyans ihre Genehmigung dazu gegeben hätten.
    Unumwunden fragte sie Sasha, was sie zu diesem Besuch bewogen habe. »Meine Anfrage bei Ihrer Kollegin wird es kaum gewesen sein, da ich ihr über meine Gründe nichts gesagt habe. Und sicherlich sind Sie nicht nur hier, weil ich mich nach der Adresse der Trevelyans erkundigt habe.«
    »Es tut mir Leid, Miss Gardener, aber dazu kann ich Ihnen nichts sagen. Wir sind, wie schon gesagt, unseren Klienten gegenüber zur Vertraulichkeit verpflichtet.«
    »Hat noch jemand sich bei Ihnen gemeldet?« Sie nahm Sashas Schweigen als Zustimmung und sah
    Jonathan an. »Das kann eigentlich nur William Burton gewesen sein. Interessant, finden Sie nicht auch? Warum will er seine Schwester ausforschen lassen?« Sie wandte sich wieder Sasha zu. »Haben Sie mit ihr gesprochen?«
    »Mit wem?«
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    »Mit Priscilla Fletcher.«
    Es folgte ein Moment unbehaglichen Schweigens, bevor Jonathan sich Sashas erbarmte. Irgendwie erinnerte sie ihn an George: rundlich, falsch gekleidet für einen warmen Tag in Bournemouth und wahrhaftig keine Schönheit. Ihr Mund suchte nervös nach einem Lächeln, als hätte man sie gelehrt, schwierige Situationen durch ein Zeichen des guten Willens zu entschärfen, obwohl ihr das von Natur aus nicht lag. Wie gewöhnlich bedachte er nicht, wie sein intensiver Blick auf andere wirkte, und kam zu dem Schluss, dass sie ihren Beruf noch nicht lange ausübte.
    »Lassen wir uns doch von Miss Spencer sagen, warum sie hier ist«, schlug er George vor. »Im Moment scheint sie sich etwas überfahren zu fühlen – mir ging es ähnlich bei unserer ersten Begegnung.«
    George machte ein zerknirschtes Gesicht. »Ach, das tut mir Leid, Kindchen. Ich dachte, es wäre das Einfachste, wenn wir ohne Umschweife zur Sache kommen … aber Jonathan hat natürlich Recht. Bitte« – sie machte eine einladende Handbewegung –, »sprechen Sie.«
    Sasha wusste nicht recht, was sie sagen sollte. Sie war darauf geschult worden, gewisse Formalitäten zu beachten, aber die Nervosität, mit der die Burtons auf ihr Erscheinen reagiert hatten, war ihr vertrauter als diese belustigte Ungeduld. Sie versuchte, ein wenig Zeit zu gewinnen, indem sie 578

    zunächst ihre Aktentasche öffnete und ihren Block herausnahm. »Wenn es Ihnen recht ist, erkläre ich Ihnen kurz die Auffassung meiner Firma bezüglich Ihrer Rechte und der Rechte unserer Klienten. Sie sind nicht verpflichtet, meine Fragen zu beantworten, aber …« Sie brach ab, als Jonathan sich räus-perte. »Wer sind Sie eigentlich?«, fragte sie abrupt.
    »Wieso interessieren Sie sich für Cill Trevelyan?«
    Jonathan nickte beifällig. »Wären Sie bereit, Ihre Informationen mit uns zu teilen?«, fragte er. »Wir wissen ziemlich gut über sie Bescheid, aber unsere Kenntnisse haben Lücken, die Sie möglicherweise füllen können.«
    »Ich darf offiziell keine Informationen preisge-ben.«
    Er tauschte einen Blick mit George. »Dann gibt es für uns keine Veranlassung, Ihnen zu helfen«, versetzte er. »Wir haben Zeit und Kraft in unsere Recherchen über Cill gesteckt. Ohne die hätten Sie doch nicht einmal eine Ahnung, dass Priscilla Fletcher überhaupt näherer Beachtung wert ist.«
    Wieder versuchte es Sasha mit einem Lächeln.
    »Wissen Sie, wo Cill Trevelyan sich aufhält?«
    »Nein.«
    »Wissen Sie, ob sie noch am Leben ist?«
    »Nein.«
    »Ja, wissen Sie denn überhaupt etwas? Ich meine, was es wert wäre, die Vorschriften in den Wind zu schießen.«
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    »Wir wissen jedenfalls genug, um Ihnen weiter-zuhelfen«, sagte George. »Haben Sie mit Priscilla Fletcher gesprochen?«
    Sasha schüttelte den Kopf. »Ich komme gerade von dort. Ich bin ziemlich sicher, dass jemand im Haus war, aber es hat mir keiner aufgemacht. Ich weiß nicht, ob sie selbst da war oder ihr Mann.«
    Sie zögerte kurz. »Ihr Bruder sagte mir, dass Sie eine Fotografie von ihr haben, wie sie heute aussieht. Dürfte ich die mal sehen?«
    »Wenn Sie uns dafür eine von Cill als Kind zeigen«, erwiderte George. »Die Trevelyans haben Ihnen doch sicher eine gegeben. Wir haben nämlich nur ein Schwarzweißbild aus der

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