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Der Außenseiter

Der Außenseiter

Titel: Der Außenseiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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Zeitung.
    Einverstanden? Eine Hand wäscht die andere.«
    Sasha war nicht so naiv, wie Jonathan glaubte. Sie spielte mit ihrem Bleistift und tat so, als dächte sie nach. Sie würden mit ihren eigenen Informationen großzügiger sein, wenn sie den Eindruck hatten, man müsse ihr die ihren mit List und Tücke her-auskitzeln.
    Wie zum Beweis ihrer Überlegung beugte Jonathan sich vor. »Riskieren Sie etwas«, ermunterte er sie, »sonst wird Miss Gardener ihre psychoanalyti-schen Fähigkeiten an Ihnen auslassen – und das ist ein Albtraum.«
    Louise sah die Karte, sobald sie ins Haus trat. Sie lag auf dem Teppich, einen Meter von der Matte 580

    entfernt, wie von einem Windstoß hereingefegt. Sie hob sie auf und las, schob sie dann hastig in ihre Tasche. Wenn sie überhaupt an die vielen Kameras dachte und die Tonbänder, die in Vierundzwanzig-Stunden-Schleifen in Nicks Arbeitszimmer abliefen, dann nur in Bezug auf ihre eigene Ankunft. Sie schlüpfte wieder zur Tür hinaus und ging, während sie schon eifrig über Erklärungen für ihr hastiges Umdrehen nachdachte, so leise davon, wie sie gekommen war.
    Jonathan reichte das Protokoll von David Trevelyans Aussage an George weiter und senkte gleich wieder den Kopf, um zu lesen, was Cill Trevelyans Mutter bei der Polizei zu Protokoll gegeben hatte. Von der Straße drang hin und wieder das Geräusch eines vorüberfahrenden Autos in den Garten, sonst hörte man nur das ferne Brummen eines Rasenmähers und das Zirpen der Grillen im Gras. Sasha wartete geduldig in der prallen Sonne und wünschte, es gäbe einen Schirm. Ihre Haut brannte, und Schweiß rann ihr den Rücken hinunter.
    »Ziehen Sie doch Ihre Jacke aus«, schlug Jonathan vor. »Sonst kriegen Sie womöglich noch einen Hitzschlag.«
    Sasha lächelte ihr automatisches Lächeln. »Danke, es geht schon.«
    »Nehmen Sie den Hut.« George riss sich das rosarote Strohmodell vom Kopf und bot es ihr an.
    581

    »Nein danke … es geht schon … danke.«
    Jonathan erreichte das Ende der letzten Seite und legte sie weg. »Sehr interessant.« Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf Sasha. »Haben Sie die beiden einmal kennen gelernt? Was sind sie für Menschen?«
    »Nein. Ein Vorgänger von mir hat mit ihnen gesprochen. Und er hat hinterher seine Eindrücke notiert.« Sie kramte in ihrer Aktentasche. »Ich selbst habe nur die Bänder abgehört und mit Mr.
    Trevelyan telefoniert, mehr nicht. So, da hätten wir’s.« Sie las vom Blatt ab: »›David Trevelyan: ein großer, imposanter Mann, ungezwungen in der Art. Meistens hat er geredet. Gibt sich selbst die Schuld an dem, was passiert ist. Hatte nicht den Eindruck, dass er etwas verschwieg. Jean Trevelyan: schlank, hübsch, zurückhaltender als ihr Mann. Hat bei dem Gespräch die meiste Zeit geweint. Macht sich ebenfalls schwere Vorwürfe.
    Hatte auch bei ihr nicht den Eindruck, dass etwas verschwiegen wird. Bezüglich der Vergewaltigung gibt es Meinungsverschiedenheiten bei den beiden.
    Jean glaubt, dass sie stattgefunden hat. David sieht nur, dass sie als Vorwand benutzt wurde, um Cill als Flittchen hinzustellen. Das macht ihn immer noch wütend.‹« Sie blickte auf. »Das ist alles.«
    »Hat er auf den Bändern über den Streit mit Robert Burton gesprochen?«
    »Immer wieder, ja. Er ist überzeugt, dass die 582

    Burtons es ganz bewusst darauf angelegt haben, Cills Namen in den Schmutz zu ziehen.«
    »Aber warum?«
    »Das weiß er auch nicht so genau. Er spricht immer nur vom Endresultat – dass die Polizei zu dem Schluss kam, Cill sei sexuell frühreif gewesen und habe wahrscheinlich einen Freund gehabt, den sie vor allen verheimlichte, und sie deshalb als Ausreißerin abtat.« Sie hielt inne, um ihre Gedanken zu ordnen. »Er behauptet, Louise hätte von A bis Z gelogen, auch über die Vergewaltigung.
    Sie hätte nur von etwas ablenken wollen, was sie selbst angestellt hatte, und ihre Eltern hätten sie dabei unterstützt, um zu verhindern, dass die Polizei sich zu intensiv für ihre Tochter interessierte.«
    Das Letztere stimmt wahrscheinlich, meinte George in Gedanken. »Wenn William Burton mit seinem Missbrauchsverdacht Recht hat, werden sie natürlich nicht gewollt haben, dass irgendjemand sich für Louise interessiert.« Sie faltete die Hände über dem Blatt mit David Trevelyans Aussage.
    »Fragt sich, wie weit die Mutter Bescheid wusste.«
    »Sie hat ihrem Mann jedenfalls freie Bahn gelassen«, sagte Sasha.
    »Hm.« Nachdenklich schob George die Lippen vor.

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