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Der Außenseiter

Der Außenseiter

Titel: Der Außenseiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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wenn Sie dieses Buch schreiben wollen, dann müssen Sie schon selbst etwas Zeit investieren – so wie ich es getan habe.«
    Er starrte sie mit Verachtung an, ohne etwas zu sagen, und sie zuckte unbehaglich mit den Schultern. »Sie werden das natürlich für eine rassistische Geschichte halten, aber das ist es nicht.
    Ich habe fünfzehn Jahre lang über Howards Fall recherchiert und die letzten zehn Jahre versucht, ihn an die Öffentlichkeit zu bringen. Ich war so optimistisch, als ich in Radio 4 das Interview mit Ihnen hörte und dann Ihr Buch las, aber jetzt …«
    Mit einem Kopfschütteln brach sie ab.
    Er lachte zynisch. »Aber jetzt, da Sie wissen, dass Kranke Seelen ein kommerzieller Erfolg war, werden Sie versuchen, das Buch selbst zu schreiben«, vollendete er an ihrer Stelle. »Haben Sie schon einmal etwas geschrieben, Miss Gardener? Es ist nicht so einfach, wissen Sie.«
    Sie schob den Hefter wieder in die Tragtüte und stand auf. »Sie haben mich missverstanden. Ich bin nicht bereit, meine Informationen mit Ihnen zu teilen, Dr. Hughes, weil ich Sie nicht mag.« Sie zuckte mit den Schultern. »Ihnen kommt Ihre Hautfarbe 157

    doch ganz zupass, um andere einzuschüchtern, und das finde ich nicht rechtens. Sie hätten mich vielleicht nicht so herablassend behandelt, wenn ich besser gekleidet gewesen oder nicht zu spät gekommen wäre, aber ich bezweifle es. Mein Vater sagte in so einem Fall nur: Was kann man von einem Schwein anderes erwarten als Grunzen!«
    158

    6
    George war nirgends zu sehen, als Jonathan fünf Minuten nach ihr hinunterging, doch im Hof stand noch ihr Mini, von dem das Kabel eines Batterie-ladegeräts unter der Motorhaube hervorschaute. Der Graupel war inzwischen in Regen übergegangen.
    Jonathan blieb unschlüssig an der Hintertür stehen und überlegte, was er tun sollte. Verschwinden? Sie suchen, um sich bei ihr zu entschuldigen? Aber wo-für? Er verstand die Beschuldigung nicht. Er hatte Roy Trents Beleidigungen hingenommen, sogar seine Entschuldigung mit allem Anstand akzeptiert, den er hatte aufbringen können. Was hätte er denn noch tun sollen? Keinen Moment hatte er George Gardener gegenüber seine Hautfarbe ausgespielt.
    Dennoch hatte er offensichtlich etwas gesagt, was sie verärgert hatte, auch wenn er keine Ahnung hatte, was. Seine Bemerkung über ihre Absicht, das Buch selbst zu schreiben, war es eindeutig nicht gewesen, denn da hatte sie sich schon entschieden gehabt. Er hatte auch keine ihrer Theorien in Frage gestellt – etwas, womit er bei seinen Kollegen häufig aneckte. Vielleicht hatte sie es als Affront 159

    empfunden, dass er wegen seiner aufflammenden Magenschmerzen kaum etwas von Trents fetttrie-fendem Eintopf gegessen hatte. Normalerweise hätte er sie gestellt und mit ihr über die Logik ihrer Haltung debattiert. Wenn sie öffentliches Interesse für Howard Stamp wünschte, musste es gleichgültig sein, ob sie Jonathan mochte oder nicht, Hauptsache, er konnte dieses Interesse erzeugen.
    Aber ihre Reaktion war rein emotional gewesen, da würde sie eine Lektion in Logik wohl kaum zu schätzen wissen.
    Aus der Küche vernahm er anschwellende Stimmen. »… noch mal, nicht so laut«, sagte Roy Trent scharf. »Wenn Sie nicht aufpassen, erzählt Jim überall rum, was Sie gesagt haben.«
    »Na und?«
    »Sie kriegen eine Klage wegen übler Nachrede an den Hals.«
    »Ist mir doch egal. Er ist nicht mal besonders intelligent, Roy. Er ist nichts weiter als ein widerlicher kleiner Schwindler, der hochgestochen da-herredet. Ich glaube ihm kein Wort. Ich fress einen Besen, wenn der je in Oxford war – eher auf einer Fachschule. Weiß der Himmel, wie er zu seinem Doktortitel gekommen ist.«
    »Mensch, George! Jetzt beruhigen Sie sich doch!«
    »Warum sollte ich? Er hat nicht ein Mal nach meiner beruflichen Qualifikation gefragt! Für ihn war ich die Tochter eines Briefträgers, und damit 160

    basta. Sie hätten sehen sollen, wie er reagierte, als ich ihm erzählte, was mein Vater gemacht hat. Er konnte gar nicht genug auf Abstand gehen.«
    »Wie kommen Sie drauf, dass er ein Schwindler ist? Ich finde, er hört sich eher an wie ein echter Schwuler.«
    »Nur weil Sie nie in London gelebt haben. Man kann die Stadt verlassen, aber die Stadt verlässt einen nie, Roy. Ich muss es wissen, ich bin dort geboren und aufgewachsen. Sein Akzent quillt ihm doch aus sämtlichen Poren. Er ist ein Betrüger, ein schmutziger kleiner Hochstapler, der versucht, andere auszubeuten, anstatt

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