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Der Automatische Detektiv

Der Automatische Detektiv

Titel: Der Automatische Detektiv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Lee Martinez
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Sie hob die Hand, wie um mir in die Wange zu kneifen, aber technisch gesehen besitze ich keine Wangen, und wenn ich welche hätte, könnte man nicht hineinkneifen. Sie entschied sich für ein sanftes Streicheln. »Natürlich habe ich das, Dummerchen. Sie sind nicht alle mein Werk. Das meiste davon sind Modifikationen und Verbesserungen der Arbeit von anderen. Wenn jemand ein Problem hat, das er nicht lösen kann, kommt er zu mir. Es ist wunderbar. Ich bekomme die neuesten Durchbrüche immer vor allen anderen zu sehen. Manchmal kann ich sie sogar selbst erfinden.«
    Ich scannte wieder ihr Gesicht. Mit glänzenden Augen und grinsend wie ein lebhaftes Schulmädchen. Mein Visualisierer musste gestört sein. »Wie alt sind Sie?«
    »Zweiundzwanzig«, antwortete sie abwesend. »Ich bin ein Wunderkind.« Sie lachte. »Oder war es zumindest. Jetzt bin ich wohl nur noch ein einfaches altes Genie. Wissen Sie, Mack, wenn Sie in dieser Stadt Detektiv sein wollen, sollten Sie solche Dinge wissen.«
    »Ich bin kein Detektiv«, antwortete ich, aber sie hörte nicht zu.
    Sie zwitscherte. Wirklich, das tat sie. »Oh, ich weiß, Sie werden das hier einfach großartig finden!«, rief sie aus, als sie einen weiteren Satz Spezifikationen vor sich auf den Tisch warf. »Es ist ein Schrumpfstrahl. Hab es nie geschafft, einen Prototyp für die Tests zu konstruieren, aber es gibt absolut keinen Grund, warum es nicht funktionieren sollte. Andererseits dachte ich das auch über den verbesserten Einfrierstrahl, und der hat die Dinge letztlich geschmolzen.« Sie machte ein finsteres Gesicht und rümpfte die Nase. »Kein großer praktischer Nutzen, aber insgesamt ziemlich ordentlich.«
    Ich bedeckte die Pläne mit einer riesigen Pranke. »Das ist großartig, Miss Napier, sehr beeindruckend.«
    »Lucia«, korrigierte sie mich. »Nenn mich Lucia. Ich bestehe darauf.«
    »Lucia. Gut.« Selbst die unerschöpflichste Geduld einer Maschine hatte ihre Grenzen. »Ich habe meinen Mantel ausgezogen. Ich habe mich von Ihnen betatschen lassen. Ich habe mir Ihr Labor angesehen und Ihre Baupläne. Jetzt ist es Zeit, meine Fragen zu beantworten.«
    Ein seltsamer Ausdruck huschte über ihr Gesicht. Ich verbuchte ihn als enttäuscht, möglicherweise ein wenig verletzt. Ergab zwar keinen großen Sinn, aber welcher funktionsfähige Robo verstand schon Biologische? Ich nicht. Und offen gesagt war ich froh darüber. Kühle Maschinenlogik genügte mir völlig, selbst wenn mich der Glitch manchmal bestärkte, sie zu ignorieren. Dies war keiner dieser Momente.
    Napiers Stirnrunzeln vertiefte sich zu einem kindischen Schmollmund, und ein paar boshafte Elektronen tanzten um meinen Schuldindex herum. Ich entschuldigte mich nicht, denn ich hatte nichts Falsches getan, außer ein verzogenes kleines reiches Mädchen wieder auf Kurs zu bringen.
    Als ihr einmal bewusst wurde, dass keine Entschuldigung kommen würde, verging ihre schlechte Laune so schnell, wie sie gekommen war. Sie lächelte ganz leicht, nippte an ihrem Drink und steuerte wieder auf die Apartmenttreppe zu.
    »Gut, Mack. Stell deine Fragen.« Sie warf einen spröden Blick über ihre Schulter, während sie die Treppe hinaufstieg. »Obwohl ich darauf hinweisen möchte, dass es viele Männer gibt, denen es nichts ausmachen würde, von mir betatscht zu werden.«
    »Ich bin kein Mann«, sagte ich, als ich mich in ihrem Apartment zu ihr gesellte.
    »Nein.« Sie ließ sich auf die Couch fallen. »Du bist eine Maschine. Eine schöne, elegante, makellose Maschine.« Sie kaute auf ihrer Unterlippe, während sie an mir auf- und abblickte. Sie hatte diesen Blick, dasselbe Strahlen, das Doc Mujahid bekam, wenn sie auf meine Programmcodes starrte, die über ihre Monitore strömten: einen ehrfürchtigen und anerkennenden Blick. Aber wo der Doc auch objektive Distanz besaß, zeigte Napier keine solche Gleichgültigkeit.
    Ich hatte von Technophilen gehört, Jüngern der Wissenschaft, die so von der Technologie gefesselt waren, dass es sie zu seltsamen Anziehungskräften, sonderbaren Zwängen trieb. Bisher hatte sich nie jemand öffentlich zu dieser Neigung bekannt, aber es war nur eine Frage der Zeit, bis der Tempel des Wissens grünes Licht gab. Die Technos würden ins öffentliche Leben herausgestürmt kommen. Bis dahin waren sie nur ein Gerücht. Vielleicht gab es nicht einmal welche. Es konnten aber auch Tausende sein. Bisher konnte man es nicht wissen, aber falls sie da draußen waren, war Lucia Napier eine erstklassige

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