Der Automatische Detektiv
du jemanden umbringen würdest, dann würdest du es wesentlich gründlicher machen und wärst schlau genug, die Leiche irgendwo loszuwerden, wo die Cops nicht darüber stolpern. Unsere forensischen Scans deines Anzugs und deines Gehäuses haben Blutspuren ergeben, aber keine davon passte zur Blutgruppe des Opfers.«
»Und warum bin ich dann immer noch hier?«
Sanchez sah mich finster an. »Im Moment bin ich dein einziger Freund. Vielleicht könntest du mal aufhören, mir pampige Antworten zu geben. Das hier ist eine ernste Sache. Selbst wenn du diesen Kerl nicht umgebracht hast – jemand hat sich die Mühe gemacht, es so aussehen zu lassen. Nicht genug, um vor Gericht damit standzuhalten, aber so viel, um dich zu beschäftigen. Willst du mir vielleicht sagen, warum?«
»Wünschte, ich könnte.«
»Was ist mit dem Blut? Willst du mir sagen, wo das herkommt?«
»Kann ich nicht.«
»Das ist eine ernste Angelegenheit! Ist dir klar, dass ein paar sehr wichtige Leute schon Anträge für deine permanente Deaktivierung eingereicht haben?«
»Ich habe nichts angestellt.«
»Ändert das etwas? Du bist technisch gesehen noch kein Bürger. Oder hast du das vergessen?«
»Ich vergesse gar nichts, Sanchez. Das weißt du.«
»Dann erinnerst du dich ja vielleicht auch daran, dass du im Grunde die juristischen Rechte eines Fernsehers besitzt!«
Ich antwortete nicht, stand nur auf diese typische, künstliche Roboterart bewegungslos da.
»Vor ein paar Minuten hab ich mich mit deiner Seelenklempnerin unterhalten, Mack. Sie sagte mir, du hast dir irgendeine Programmierungsanomalie eingefangen. Sagte, du könntest mir nichts sagen, selbst wenn du wolltest, und wenn ich versuchen würde, auf deine Speichermatrix zuzugreifen, könnte das zu einem totalen Systemabsturz führen.« Sanchez' Ohren legten sich an. »Aber du musst mir etwas geben. Sonst schicken die Anzugträger da oben den Befehl herunter, den Download zu erzwingen, und ich werde verdammt noch mal nicht das Geringste dagegen tun können!«
Es folgten sieben Sekunden Pause.
»Du machst es mir nicht leicht, Mack.«
»Tut mir leid.«
Sanchez sammelte die Fotos zusammen. »Na gut. Wir machen es auf die einzige mögliche Art. Doktor Mujahid glaubt, du kannst den Fehler mit ein bisschen Zeit überstehen. Also gebe ich dir diese Zeit. Ich werde versuchen, die Anzugträger bei Laune zu halten, solange ich kann. Mach es dir gemütlich, Mack. Du wirst noch eine Weile hierbleiben.«
Er stopfte die Fotos zurück in die Akte, stand auf und verließ den Raum, ohne zurückzusehen. Übrig blieben nur ich und meine automatischen Wachhunde.
Ich wollte Sanchez ja sagen, was ich wusste, aber solange Greys Programmierung am Werk war, hatte ich keine Wahl.
Gavins Mörder konnten alles Mögliche gewollt haben. Vielleicht hatten sie auch aus Julie und den Kindern das herausbekommen, was sie wollten. Konnte sein, dass sie alle tot waren, und die Cops hatten Jules', Aprils und Holts Leichen nur noch nicht gefunden. Ich berechnete das als möglich, aber unwahrscheinlich. Es gab keinen guten Grund für die Entführer, die Leichen getrennt loszuwerden. Nein, Gavin war entbehrlich. Sie hatten ihn am Leben gelassen, weil es noch keinen Anlass gegeben hatte, ihn zu töten. Vielleicht hatte er sein Glück überstrapaziert, und sie dachten sich, wenn sie ihn loswerden wollten, könnten sie genauso gut mich dabei schikanieren. Bewunderungswürdige Effizienz.
Aus welchen Gründen auch immer: Sie hatten es geschafft, mich zu linken. Im besten Fall wurde ich noch ein paar Stunden hier aufgehalten. Im allerschlimmsten Fall war ich auf dem besten Weg zum Schrottplatz. In der Zwischenzeit konnte ich nichts tun, als die verrinnenden Sekunden zu zählen.
Zwölftausend und sechzig dieser Sekunden vergingen, bevor sich die Tür wieder öffnete. Meine Optiken machten Sanchez im Türrahmen aus. »Du hast Besuch, Megaton.«
Es war Lucia. Sie hatte sich mit einem hübschen Kleid – ihrem Sonntagskleid – herausgeputzt. Ihre Haare hatte sie hochgesteckt und etwas daran befestigt. Ein Stück Stoff mit einem Schleier und Plastikblumen. Konnte möglicherweise ein Hut sein, aber mein Visualisierer wollte sich ungern darauf festlegen.
Sanchez warf ihr einen unwirschen Blick zu. »Sie haben fünf Minuten, Miss Napier.«
»Danke, Detective.«
Er grummelte etwas, das ich nicht verstand und knallte die Tür hinter ihr zu.
Ihre Absätze klapperten sechsundzwanzig Schritte, als sie zum Tisch hinüberging. Sie
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