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Der Automatische Detektiv

Der Automatische Detektiv

Titel: Der Automatische Detektiv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Lee Martinez
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Labor bekommen, mit welchen Mitteln auch immer. Infiltration, wenn möglich. Direkter Angriff, wenn nötig.
     
    Drittes Ziel: Holt aus dem Besitz der Abweichler entfernen. Wenn er einmal aus der Gleichung entfernt war, hatten weder die Abweichler noch die Pilger einen Grund, ihren Konflikt weiterzuführen. Rettung des Ziels bevorzugt, aber unwahrscheinlich. Terminierung war höchstwahrscheinlich die sinnvollste Alternative.
     
    Mit diesem dritten Ziel war für mich ein Problem verbunden. Mein Logikraster war natürlich anderer Meinung. Es gab kein Problem. Nur eine Lösung. Dies war ein Spiel mit hohen Einsätzen, und alles war vom Leben eines Jungen abhängig. Holt zu retten würde das Problem nicht unbedingt beenden. Solange er lebte, konnte ihn wieder jemand finden und versuchen, seine Eins-zu-einer-Million-Biologie zu benutzen, um weitere Mutagene zusammenzubrauen. Tot, dauerhaft aus der Gleichung entfernt, war das Problem gelöst. Eine einfache Verhältnisrechnung: ein Leben gegen Tausende. Alles ergab Sinn, wenn ich die Zahlen ansah.
    Ich wusste nicht, ob ich es tun konnte. Schlimmer noch, ich wusste nicht, ob ich es nicht tun würde. Bei all meiner plötzlichen Überempfindlichkeit: War einen Jungen zu verschonen auch nur irgendwie moralisch verantwortungsvoller, als daneben zu stehen und tausend andere sterben zu lassen? Wer war ich überhaupt, dass ich moralische Entscheidungen treffen konnte? Ich war erst zwei Jahre alt, und bis vor ein paar Tagen bestand das größte moralische Dilemma, in dem ich mich befunden hatte, darin, ob ich ein paar Extrarunden drehen sollte, um den Fahrpreis zu erhöhen.
    Ich denke, hier war der Freier-Wille-Glitch am Werk. Die meisten Roboter konnten solch eine Zwickmühle einfach lösen, indem sie einen vorgesehenen Operator konsultierten. Keine Fragen, kein Problem. Entweder Holt töten oder ihn nicht töten. Nur eine schöne und einfache Anordnung.
    Freier Wille wurde überbewertet.
    Meine erste Unterdirektive war, eine Operationsbasis einzurichten. Die Adresse, die Lucia kurz vor meine Optiken gehalten hatte, befand sich nicht weit von hier. Ich nahm an, dass Lucia zumindest für ein Minimum an Privatsphäre gesorgt hatte und eine Steckdose, um meine Batterien aufzuladen. Außerdem war es ein glücklicher Zufall, dass es am Rand des Nukleus lag. Wie die meisten Zufälle war auch dies überhaupt kein Zufall. Die Abweichler wollten sich vor aller Augen verstecken, und es war das Einfachste, sich in die Menge zu mischen. Lucia musste denselben Gedanken gehabt haben.
    Ich fand die Adresse in einem der wenigen Gebäude, die weniger als hundert Stockwerke hoch waren. Irgendein Architekt war ehrgeizig geworden und hatte ein ungleichschenkliges Dreieck aus Glas und Stahl errichtet und es dann noch einmal um fünfundzwanzig Grad gedreht, bis es aussah wie ein Gebäude, das langsam zusammenstürzte. Es war auf jeden Fall ein hochwertiger Schuppen. Eine Fabrik auf der gegenüberliegenden Straßenseite stieß grünen Dampf aus, der alles in der näheren Umgebung einfärbte. Das Dreieck verfügte über einen Trupp von Wartungsdrohnen, die pflichtbewusst das Grün wegpolierten, und es gab keinen einzigen Dunstfleck auf der goldenen Fassade. Lucia war aufs Ganze gegangen. Wenn ich meine Superlegierung versteigert und den Erlös benutzt hätte, um die Miete zu zahlen, hätte es vermutlich trotzdem nur für ein Jahr gereicht, wenn überhaupt.
    Es gab einen Automatischen an der Tür. Er prüfte aber niemanden, der einzutreten versuchte. Seine einzige Aufgabe schien darin zu bestehen, sich an die Mütze zu tippen und den Weg zu erklären.
    »Guten Tag, Sir«, sagte er. »Dürfte ich Ihnen behilflich sein?«
    Ich fragte ihn, wo Büro Nummer 3106 sei, und er schickte mich in den einunddreißigsten Stock. Das hatte ich mir bereits gedacht, doch er war so eifrig darauf bedacht, behilflich zu sein, dass ich mich schlecht gefühlt hätte, wenn ich nicht gefragt hätte.
    Im Inneren gab es ein paar Bürger, die sich ihren Angelegenheiten widmeten, und eine Drohne wachste den Boden. Abgesehen davon war die Lobby ruhig. Eine kurze Fahrt mit dem Aufzug zum obersten Stockwerk, später dann ein kurzes, einfaches kombinatorisches Orientieren, und ich wedelte mit meiner Schlüsselkarte vor einer nicht gekennzeichneten Bürotür und trat ein.
    Die Lichter gingen automatisch an, und ich scannte einen spärlich dekorierten Raum, der viereinhalb auf sechs Meter maß. Es war ein Empfangsraum, in dem drei Stühle

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