Der Autor und sein Werk
fürchtet und dabei gelegentlich auch vor Pathos nicht zurückschreckt. Er weiß, daß seine Leser beim späten Wiedersehen des ›Hochstaplers‹ mit seinem alten Mütterlein gerne mitweinen und daß sie ihm den jähen Unfalltod des als Erpresser aufgetauchten ehemaligen ›Kriegskameraden‹ nicht als allzu simple Lösung verübeln …
Kurt Preis
Münchner Merkur, 2./3.4.77
Neues aus Konsaliks Garküche
M. TR . Beginnt sich Konsalik mit der modernen Wirklichkeit auseinanderzusetzen? Fast könnte man es meinen, hört man seine Romanfiguren Streß, Medikamentenmißbrauch, Kriminalität, Aufrüstung, die Juden- und die Frauenfrage bereden. Das große Problem des Helden, seine geheime seelische Wunde, ist gar ein Problem der Identität. Kann er sich ganz in den Akademiker Wegener verwandeln, ober bleibt er tief innen der Schlosser Hasslick ? Auf dringenden Wunsch des sterbenden Medizinstudenten hat der Kamerad die Soldbücher vertauscht, damit die ferngetraute Braut nicht schon Witwe werde. Nach der Heimkehr gilt es unzählige heikle Situationen zu meistern. Irmgard erweist sich als Wunderfrau, die ihren (falschen) Hellmuth ein Leben lang anbetet und immer schlank und jung bleibt. Er dagegen setzt mit den DM-Millionen auch Speck an und muß seinem Selbstwertgefühl im Bett einer unersättlichen römischen Gräfin aufhelfen. Ehefrau, Mütterchen und Geliebte empfangen ihr Licht vom unwiderstehlichen Mann; die Welt ist noch in Ordnung.
Schauplätze sind russische Lazarette, deutsche Trümmerstädte, bescheidene Stübchen, später allerdings Riesenvillen, Jetset-Paradiese, kosmetische Kliniken und aparte Friedhöfe … Der Autor gibt seinen Getreuen, was sie gern nehmen und gut verdauen: Sex, eine Prise Perversität, steile Karrieren, dramatische Geburten und Operationen, Ruhm und Glanz und nicht zuletzt Edelmut im Kampf mit Schurkerei. Konsaliks Garküche erweist sich erneut als leistungsfähig.
Neue Zürcher Zeitung, 28.2.77
Stimmen der Freunde
KURT PAHLEN
Konsalik und die Musik
Die Musik hat uns zusammengeführt. Und, ich darf es wohl sagen: die Musik hat uns auch zu Freunden gemacht.
An einem festlichen Abend in der von mir sehr geliebten Münchener Oper lernten wir einander kennen; ein gemeinsamer Freund vermittelte die Bekanntschaft. Die Aufführung, der wir beiwohnten, gab den ersten Gesprächsstoff. Heinz G. Konsalik war, ebenso wie ich, begeistert von den Stimmen, die Regie fesselte ihn, das Werk gehörte ohnedies zu seinen Lieblingsopern wie auch zu den meinen. Vom ersten Augenblick dieses ersten Gesprächs an fiel mir zweierlei ganz stark auf: die Lebhaftigkeit, die echte Anteilnahme seines Wesens an einem Gegenstand, der ihn interessiert, und sein tiefes Musikverständnis.
Auf einmal entsann ich mich, in einigen seiner Bücher, die ich gelesen hatte, stets eigenartige und intensive Beziehungen zur Musik entdeckt zu haben. Da wurden Menschen geschildert, die eisenhart durchs Leben gingen, denen kein Gefühlsausbruch zugeschrieben, ja zugetraut werden konnte: aber diese Menschen offenbarten an irgendeiner Wendung des Buches unverhofft ihre Empfänglichkeit der Musik gegenüber, die manchmal das einzige Mittel war, zu ihren irgendwo hinter Panzerungen versteckten Seelen vorzudringen. Da konnte plötzlich und sehr unvermutet ein Satz, ein Nebensatz, stehen, in dem der Leser über die innige Beziehung einer Romangestalt zur Musik aufgeklärt wurde, wenn es etwa hieß, in ihrem kärglichen Gepäck seien ein paar Schallplatten mit klassischer Musik enthalten gewesen, und genaue Angaben darüber folgten, um welche Werke, ja meist sogar, um welche Interpreten es sich handelte. Mich als Musiker hatten solche Stellen stets ein wenig zwiespältig berührt, denn einerseits verwunderte mich die doch wie selbstverständlich hergestellte Verbindung zwischen oft seltsam abwegigen Charakteren und deren scheu verborgenem Sinn für das Zarte und Schöne, andererseits aber empfand ich auch sehr deutlich, daß die zahllosen Hinweise und Anspielungen auf Musik eine außergewöhnliche Vertrautheit mit ihr verrieten.
Noch der gleiche Abend unseres Bekanntwerdens bestätigte mir die Richtigkeit dieses Eindrucks. Konsalik ist nicht nur Musikliebhaber , beweist nicht nur ein hohes Musik verständnis, vielmehr würde ich fast sagen: er ist selbst Musiker. Als ich ihn direkt darauf ansprach, erzählte er mir von seinen intensiven musikalischen Studien, von seinem Jugendtraum, Musiker zu werden, von den äußeren dramatischen
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