Der Autor und sein Werk
Umständen seines Lebens, die ihn von diesem ersehnten Wege ab- und schließlich auf jene andere Bahn brachten, auf der ihm der Durchbruch, der Ruhm beschieden war (er selbst hat es freilich nie so formuliert, nie so ausdrücklich gesagt). Aus jedem seiner Worte an jenem nun schon Jahre zurückliegenden Abend in München sprach seine intensive Liebe zur Musik, seine lebenslange Verbundenheit mit ihr.
Wagner nimmt für ihn den vielleicht wichtigsten Platz im Musikerhimmel ein. Es würde zu weit führen, wollte ich hier untersuchen, was gerade an Wagners tief mythischer, mystischer Musik Konsalik am stärksten bewegt. Für Menschen, die wie Konsalik (und ich) in jedem Augenblick bereit und imstande sind, ihren Geist auf Traumfahrten in unbekannte, nur erahnte Regionen zu schicken, ist die Tonkunst des ›Magiers von Bayreuth‹ immer noch das faszinierende Stimulans, dem kein anderes gleichkommt. Aus den Klängen seines Orchesters steigen Bilder und Gestalten, die irdisches Maß mühelos überragen und trotzdem durchaus real bleiben können.
Hätte Konsalik Musik studiert – er wäre ohne Zweifel ein gefragter Kapellmeister geworden, vielleicht sogar ein Komponist. Sicherlich aber Sänger, denn er ist mit einer schönen, wohlklingenden Stimme begabt, die zur Beglückung vieler Menschen (und seiner selbst) einzusetzen ihm unbändige Freude gemacht hätte. Doch Konsaliks Generation wurde in einen wilden Strudel heftigster, gewaltsamster Ereignisse geworfen, in dem alle Pläne, alle Wünsche zunichte wurden. Was er durchmachte, steht, verschlüsselt und dem allzu Persönlichen entrückt, auf nahezu alle seine Bücher verteilt. Und auf viele von ihnen verteilt finden sich auch die Bekundungen seiner nie begrabenen Liebe zur Musik.
Konsalik ist in der Musik – wie in allem anderen – keineswegs einseitig. Außer Wagner liebt er besonders Beethoven, begreiflicherweise auch Chopin. Denn Chopin war weit mehr als ein weltferner Erträumer abseitiger Inseln der Seele. Konsalik stimmt Schumann zu, der Chopins Musik mit dem großartigen Wort kennzeichnet, in ihr seien ›Kanonen unter Blumen versteckt‹. Konsalik hat die Kanonen erlebt und doch die Blumen darüber nicht vergessen. Und noch ein vierter Komponist ›liegt‹ ihm besonders, der musikalisch wie kein anderer die ihm so wesensgemäße Leidenschaftlichkeit des Slawischen, Russischen repräsentiert: Tschaikowsky.
Die Musik bedeutet zweierlei in Konsaliks Leben: das Schöne an sich, das Reine, Liebenswerte, Erhebende. Und das – vielleicht ideale – Mittel, eine schöpferische Stimmung auszulösen, in der sein Geist dann alle die hundertfach verschlungenen Pfade zu durcheilen imstande ist, die sein Werk uns enthüllt.
WILLY MILLOWITSCH
Mein Freund Konsalik
Die Geschichte unserer Freundschaft begann in München mit einem sonderbaren, glücklichen Zufall: Als ich eines Abends ins Hotel ›Königshof‹ zurückkehre, komme ich eben dazu, wie ein anderer Gast des Hauses einen für mich bestimmten Brief beim Empfang hinterlegen will. Der Mann dort, der mich just eintreten sieht, deutet auf mich. »Da ist ja Herr Millowitsch selbst. Wenn Sie ihm Ihren Brief gleich persönlich übergeben wollen …?« So geschah es denn auch, der Briefschreiber nannte seinen Namen: »Konsalik«, und wir waren uns auf Anhieb äußerst sympathisch. Und dies nicht nur als die zwei ›kölschen Jungs‹, die sich hier unvermutet im weißblauen ›Ausland‹ begegnet waren. Der herzliche Spontankontakt wurde schon am nächsten – mehrfach verlängerten – Abend an der Hotelbar nachhaltig vertieft, auf eine wohlbekannte Weise, die nicht näher erläutert zu werden braucht: Wir lieben beide einen guten Tropfen, und Konsalik ist ein ganz vortrefflicher Weinkenner. Die Szene dieses ›Abends‹ – er endete gegen drei Uhr morgens – hat sich seither, in leichten Abwandlungen, noch oft wiederholt – Konsaliks Spezialität Trockenbeerenauslese spielte jedesmal eine hervorragende Rolle dabei. Lag es an ihr, daß bei den gegenseitigen Besuchen immer etwas ›vergessen‹ wurde? Oder handelte es sich nur um eine liebenswürdige List, den anderen ›gleich morgen‹ noch einmal sprechen zu können? Denn länger als ein paar Tage halten wir es ohne einander sowieso nicht aus, bei jedem Wiedersehen, das nur immer viel zu kurz ist, herrscht himmelhohe Freude.
Natürlich wäre es ein Irrtum, zu glauben, wir hätten einer dem andern nicht mehr zu bieten als fröhliche Zechkumpanei. Wir helfen
Weitere Kostenlose Bücher