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Der Azteke

Der Azteke

Titel: Der Azteke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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zu beiden Seiten der langen Straße, die zum Fluß hinunterführte verbergen und in den Hinterhalt legen. Kein einziger von ihnen solle sich zeigen oder Gebrauch von seiner Waffe machen, bis unsere »kopflos« fliehenden Streitkräfte das gesamte Heer der Texcaltéca soweit gebracht hätten, ihnen nachzusetzen und über den Fluß herüberzukommen. Die Texcaltéca sollten zwischen zwei verborgen in Wartestellung daliegenden Heeresteilen hindurchlaufen wie durch einen Korridor. Sodann werde Nezahualpíli, der von einem hohen Standort aus einen großen Überblick hatte, den Trommlern zunicken, die daraufhin einen laut hallenden Signalwirbel von sich geben würde. Seine Männer zu beiden Seiten des Hinterhalts würden sich erheben, die waffenstarrenden Wände des Korridors sich schließen und den Feind in die Zange nehmen.
    Ein grauhaariger alter Krieger fragte: »Und wo sollen wir Stellung beziehen?«
    Blut Schwelger stieß ein unglückliches Grunzen aus. »Fast genauso weit im Hintergrund wie die Köche und Priester.«
    »Was?« entfuhr es dem alten Haudegen. »Den ganzen langen Marsch bis hierher machen und dann noch nicht einmal nah genug herankommen, um zu hören, wie Obsidian auf Obsidian prallt?«
    Unser Cuachic zuckte mit den Achseln. »Nun, ihr wißt ja selbst, wie
    schändlich wenige wir nur sind. Wir können Nezahualpíli kaum einen Vorwurf daraus machen, wenn er es uns versagt richtig am Kampf teilzunehmen; immerhin muß man bedenken, daß er es ist, der diesen Krieg für Ahuítzotl praktisch allein führt. Unser Ritter Xococ bat darum, daß wir wenigstens voranmarschieren dürften, in den Fluß hinein, und den Texcaltéca als Köder dienen – dabei wäre die Wahrscheinlichkeit für uns, zu fallen, am größten –, doch Nezahualpíli wollte uns nicht einmal zugestehen, einen ruhmvollen Tod zu finden.«
    Ich selbst war heilfroh, das zu hören, doch die anderen Krieger murrten immer noch. »Sollen wir denn einfach wie unbewegliche Blöcke herumsitzen und darauf warten, bis wir die siegreichen Acólhua samt ihren Gefangenen bis nach Tenochtítlan eskortieren dürfen?«
    »Nicht ganz«, sagte Blut Schwelger. »Möglich, daß wir auch den einen oder anderen Gefangenen machen. Es ist doch durchaus denkbar, daß einige von den eingeschlossenen Texcaltéca den Ring der Acólhua durchbrechen. Die Kompanien der Mexíca und Tecpanéca werden nach Norden wie nach Süden weit auseinandergezogen Aufstellung nehmen, gleichsam als Netz, um alle abzufangen, denen es gelingen könnte, dem Hinterhalt zu entgehen.«
    »Da könnten wir von Glück sagen, wenn uns auch nur ein Hase ins Netz ginge«, knurrte der grauhaarige Alte. Er stand auf und sagte zu uns anderen: »Alle Yaoquizque, die ihr zum erstenmal kämpft, wißt: Ehe ihr eure Kampfanzüge anlegt, tretet in die Büsche und entleert euch, so gut es irgend geht. Dann sind eure Därme leer; wenn das Trommelgedröhn anhebt, besteht keine Möglichkeit mehr, euch schnell der Steppanzüge zu entledigen, um eure Notdurft zu verrichten.«
    Mit diesen Worten ging er, seinen eigenen Rat zu befolgen.
    Ich tat es ihm nach. Während ich mich hinhockte, hörte ich, wie jemand in der Nähe murmelte: »Hätte ich das Ding doch fast vergessen«, und als ich hinüberblickte, sah ich, wie er einen kleinen, in Papier eingewickelten Gegenstand aus der Tasche zog. »Ein stolzer Vater hat es mir gegeben, es hier auf dem Schlachtfeld in den Boden zu stecken«, sagte er. »Die Nabelschnur seines neugeborenen Sohnes und einen kleinen Kriegsschild.« Er ließ das Päckchen zu Boden fallen und stampfte es in die aufgeweichte Erde. Dann hockte er sich hin, sein Wasser darauf abzuschlagen und seine Notdurft darauf zu verrichten.
    Nun, dachte ich bei mir, das also soll das Tonáli dieses kleinen Jungen bestimmen – und überlegte, ob wohl mit meinem eigenen Geburtsschild und meiner Nabelschnur genauso verfahren worden sein mochte.
    Während die einfachen Krieger sich abmühten, in die gesteppten und gutgepolsterten baumwollenen Kampfanzüge hineinzusteigen, legten die Ritter ihre leuchtenden Kampfanzüge an; es war eine Pracht, sie anzusehen. Drei verschiedene Ritterorden gab es, den Jaguar- und den Adlerorden, in welche Krieger, die sich besonders im Kampf hervorgetan hatten, durch Wahl berufen werden konnten; außerdem den Pfeilorden, welchem diejenigen angehörten, die im Gebrauch der höchst ungenau treffenden Wurfgeschosse und Pfeile größtes Können bewiesen und schon viele Feinde getötet

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