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Der Azteke

Der Azteke

Titel: Der Azteke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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hatten.
    Ein Jaguarritter trug ein echtes Jaguarfell wie eine Art Umhang, und den großen Kopf der Raubkatze als Helm auf dem Kopf. Den Schädel selbst hatte man selbstverständlich zuvor entfernt, doch die Reißzähne vorn waren an der richtigen Stelle wieder eingesetzt worden, so daß der gebogene Oberkiefer sich über die gewölbte Stirn des Ritters legte und der Unterkiefer ihm von unten wie ein Haken übers Kinn faßte.
    Sein Kampfanzug war gefärbt wie ein Jaguarfell: lohfarben mit dunkelbraunen Flecken darin. Ein Adlerritter trug einen überlebensgroßen Adlerkopf als Helm, der aus Holz und geformtem Papierbrei bestand und mit echten Adlerfedern besetzt war, so daß der weit aufgerissene Schnabel über Stirn und Kinn hinweg vorstieß. Sein Kampfanzug war gleichfalls mit Adlerfedern besetzt, von den Sandalen ragten über die Zehen hinaus künstliche Adlerkrallen und sein Federumhang hatte mehr oder weniger die Form gefalteter Adlerflügel. Ein Pfeilritter trug als Helm den Kopf eines beliebigen Vogels, sofern er nur geringer war als ein Adler, und sein Umhang war mit den gleichen Federn bedeckt wie diejenigen, die er zum Befiedern seiner Pfeile bevorzugte.
    Alle Ritter trugen federbedeckte Schilde aus Holz, Leder oder Weidengeflecht, und die Federn darauf waren in farbenfrohen Mosaikmustern gewirkt, wobei jedes Muster das Namenssymbol des Besitzers ausdrückte. Viele Ritter waren aufgrund großer Kühnheit und großen Heldentums bekannt geworden; infolgedessen bedeutete es einen Akt der Tollkühnheit für sie, mit den weithin sichtbaren Namenssymbolen in die Schlacht zu ziehen. Mit Gewißheit konnten sie damit rechnen, daß irgendein Krieger des Feindes sich sie aussuchte, um sie anzugreifen und sich selbst einen Namen zu machen als desjenigen, »der den großen Xococ besiegt hat«, oder wie der Betreffende heißen mochte! Wir Yaoquizque trugen schmucklose Schilde, und unsere Kampfanzüge waren einheitlich weiß – jedenfalls, bis sie einheitlich dreckig waren. Wir durften kein Wappen tragen, doch einige der älteren Männer steckten sich Federn ins Haar oder bemalten sich das Gesicht mit Farbstreifen, um zumindest kenntlich zu machen, daß sie nicht zum erstenmal in den Kampf zogen.
    Nachdem ich meine Kampfkleidung angelegt hatte, begab ich mich mit zahlreichen anderen Neukriegern noch weiter nach hinten zu den Priestern, die sich im Namen Tlazoltéotls gähnend unsere hastige Beichte anhörten und uns dann eine Medizin gaben, die verhindern sollte, daß wir uns beim bevorstehenden Kampf feige drückten. Ich glaubte nicht wirklich, daß irgend etwas, was der Magen geschluckt hat, eine Furcht unterdrücken könne, die im widerspenstigen Kopf und in den Füßen saß, nahm jedoch gehorsam meinen Schluck von dem Gebräu: frisches Regenwasser, in welches weißer Ton, pulverisierter Amethyst, Blätter der Cannabisstaude, Hundstodblüten und Blüten des Kakaostrauchs sowie die von Glockenorchideen vermischt waren. Als wir zurückkehrten, uns um Xocos Banner zu scharen, sagte dieser Mexícatl-Krieger:
    »Eines müßt ihr wissen. Ziel des Kampfes morgen ist es, Gefangene zu machen, die Huitzilopóchtli geopfert werden sollen. Wir sollen mit der flachen Seite unserer Waffen zuschlagen, um den Gegner benommen zu machen und ihn lebendig gefangen zu nehmen. Doch wenn dieser Krieg für uns auch nur ein Blumenkrieg ist – für die Texcaltéca ist er es nicht. Sie werden um ihr Leben kämpfen und danach trachten, uns unseres zu nehmen. Die Acólhua werden am meisten zu leiden haben – oder am meisten Ruhm ernten. Ich jedoch möchte, daß ihr eines nicht vergeßt, Männer: stoßt ihr auf einen fliehenden Feind, lauten eure Befehle, ihn gefangenzunehmen. Er hingegen hat den Befehl, euch zu töten.«
    Mit dieser nicht sonderlich erhebenden Ansprache führte er uns hinaus in die regnerische Dunkelheit – jeder von uns war mit einem Speer und einem Maquáhuitl bewaffnet –, im rechten Winkel von der bisherigen Marschrichtung abweichend gen Norden, und ließ unterwegs immer wieder eine Kompanie Krieger zurück. Blut Schwelgers Einheit war die erste, die zurückblieb, und während die anderen Mexíca weiterstapften, gab unser Cuachic uns letzte Anweisungen:
    »Diejenigen von euch, die bereits an einem Kampf teilgenommen und auch schon Gefangene gemacht haben, wissen, daß sie die nächsten Gefangenen ohne Hilfe von anderen machen müssen, falls sie nicht als unmännlich gelten wollen. Ihr neuen Yaoquizque jedoch – wenn ihr

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