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Der Azteke

Der Azteke

Titel: Der Azteke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Kaplan, welcher die Conquistadores begleitete, Pater Bartolomé de Olmedo. Es war Pater Bartolomés höchst zweckdienliche Gepflogenheit, die Indianer nicht einzeln zu taufen, sondern in ganzen Scharen, damit so viele wie möglich des Heiligen Sakraments der Taufe teilhaftig werden könnten. Und selbstredend gab er gleichfalls aus Gründen der Zweckdienlichkeit jedem Indianer – von denen häufig Hunderte beiderlei Geschlechts auf einmal die Heilige Taufe empfingen – den Namen jenes Heiligen, an dessen Fest die Heilige Handlung vorgenommen wurde. Da der Kirchenkalender nun einmal soviele Heilige namens Johannes aufweist, scheint zu unserer Verwirrung, ja, sogar zu unserem ausgesprochenen Verdruß, jeder zweite christlich getaufte Indianer in Neuspanien entweder Juan oder Juana zu heißen.
    Nichtsdestoweniger haben wir unseren Juan Diego sehr gern. Er versteht sich auf Pflanzen, ist gleichsam mit dem grünen Finger begabt, besitzt einen höchst angenehmen und gehorsamen Charakter und ist dem Christentum und uns selbst aufrichtig ergeben.
    Daß die königliche Majestät, welcher wir dienen, sich unablässig des Wohlwollens jenes Herrn erfreuen möge, welchem Wir Beide dienen, ist das unablässige Gebet Eures S. C. C. M. ehrwürdigen Stellvertreters und Legaten.
    ( ECCE SIGNUM ) ZUMÁRRAGA

Nona Pars
    Ich komme nunmehr zu jenem Abschnitt unserer Geschichte, da wir Mexíca, nachdem wir seit vielen Schock Jahren den Berg der Größe erstiegen hatten, endlich seinen Gipfel erreichten, was bedeutet, daß wir, ohne es zu ahnen, uns auf der anderen Seite an den Abstieg machten.
    Auf meinem Weg nach Hause, nachdem ich ziellos noch etliche weitere Monde im Westen umhergewandert war, gelangte ich nach Tolócan, einer angenehmen, auf einer Bergkuppe gelegenen Stadt im Land der Matlaltzínca, einem der kleineren Volksstämme, welche zum Dreibund gehörten. Ich nahm mir eine Kammer in einer Herberge, und nachdem ich gebadet und gespeist hatte, begab ich mich auf den Marktplatz besagter Stadt, um mir für die Heimkunft neue Kleider und für meine Tochter ein Geschenk zu kaufen. Während ich damit beschäftigt war, kam aus Tenochtitlan ein Schnellbote über den Markt von Tolócan gelaufen, welcher zwei verschiedene Umhänge trug. Der eine war weiß, also in der Farbe der Trauer, denn Weiß ist die Farbe, welche dem Westen zugeordnet ist, wohin die Toten sich begeben. Darüber jedoch trug er einen grünen Umhang, also einen von jener Farbe, welche gute Nachrichten verheißt. Infolgedessen überraschte es mich nicht, daß der Tecútli von Tolócan öffentlich verkündete: Der Verehrte Sprecher Ahuítzotl, welcher im Geiste bereits seit zwei Jahren gestorben war, sei nunmehr auch im Körper gestorben. Und daß der bisherige Regent, Motecuzóma der Jüngere, vom Staatsrat offiziell in den erhabenen Rang des Uey-Tlatoáni der Mexíca erhoben worden sei.
    Diese Nachricht versetzte mich in eine Stimmung, daß ich am liebsten gleich wieder kehrt gemacht hätte, Tenochtítlan den Rücken zugekehrt und wieder den fernen Horizonten zugestrebt wäre. Doch tat ich es nicht. Viele Male in meinem Leben habe ich der Autorität gespottet und bin in meinen Handlungen unbesonnen gewesen, doch habe ich mich nicht immer wie ein Feigling oder wie ein Narr verhalten. Ich war immer noch ein Mexícatl und damit Untertan des Uey-Tlatoáni, wer immer das sein und wo immer ich mich auch aufhalten mochte. Ja, nicht nur das, ich war ein Adlerritter und hatte einem Verehrten Sprecher Treue geschworen, den ich persönlich nicht besonders hochschätzte.
    Ohne den Mann jemals kennengelernt zu haben, hegte ich eine Abneigung gegen Motecuzóma Xocóyotzin und mißtraute ihm – um seines Versuchs willen, seines Verehrten Sprechers Bündnis mit den Tzapotéca vor vielen Jahren scheitern zu lassen und wegen der unedlen und abartigen Weise, in welcher er damals Zyanyas Schwester Béu mitgespielt hatte. Dabei hatte Motecuzóma vermutlich noch nicht einmal von mir gehört und konnte nicht wissen, was ich von ihm wußte, hatte also keinerlei Grund, meine Abneigung gegen ihn zu erwidern. Ich wäre ein Narr gewesen, hätte ich ihm dazu irgendwelchen Anlaß gegeben und ihm meine Gefühle gezeigt, ja, mich überhaupt in irgendeiner Weise so verhalten, daß ich ihm auffiel. Sollte ihm aus irgendeinem Grund der Gedanke kommen, die Adlerritter, welche seiner Thronbesteigung beiwohnten, zu zählen, könnte er sich durch das unentschuldigte Fehlen eines Ritters namens Dunkle Wolke

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