Der Azteke
nicht nach Guagüey-bo. Ich kehrte nie wieder dorthin zurück. Ich war ein Fremder, und es wäre dreist von mir gewesen, mich dem Chor der klagenden Rarámuri-Männer anzuschließen. Mir wurde klar, was sie vorfinden würden: daß die Yaki-Räuber und die Guacho-chi-Läufer ungefähr zur selben Zeit in Guagüey-bo angelangt sein mußten, und die Läufer waren zu ausgepumpt gewesen, viel Widerstand gegen die Wilden zu leisten. Die Männer aus Guacho-chi mußten alle erdulden, daß ihnen die Kopfhaut abgezogen wurde, ehe sie starben. Was die Si-ríame und die junge Vi-rikóta und die anderen Frauen aus Guagüey-bo erleiden mußten, ehe sie starben, das wagte ich nicht einmal mir auszumalen. Ich nehme an, daß die überlebenden Rarámuri von Guagüey-bo ihr Dorf schließlich wieder bevölkerten, indem sie die Frauen aus Guacho-chi auf die beiden Dörfer aufteilten, aber ich werde es nie erfahren.
Und ich bekam nie einen Yaki zu Gesicht, weder damals, noch bis heute. Dabei hätte ich das gern getan – wenn ich es hätte schaffen können, ohne daß die Yaki mich dabei zu Gesicht bekommen hätten –, denn sie müssen die furchteinflößendsten Menschentiere sein, die es gibt, und wunderschön anzusehen. In all den Jahren bin ich nur einem einzigen Mann begegnet, der die Yaki erlebt hatte und mir davon erzählte, und das war einer der Vorsteher aus dem Haus der Pochtéca in Tenochtítlan, welcher keine Kopfhaut mehr hatte. Auch ihr Spanier seid bisher noch keinen Yaki begegnet. Eure Forschungsreisenden in diesen Landen haben sich bis jetzt noch nicht soweit bis nach Norden und Westen vorgewagt. Ich meine, selbst ein Spanier könnte mir leid tun, wenn er unter die Yaki fiele.
Als die geschlagenen Männer losliefen, stand ich still und sah ihnen nach, wie sie im Wald verschwanden. Ich blickte lange, nachdem sie verschwunden waren, nach Nordwesten und sprach ein stummes Lebewohl. Dann hockte ich mich nieder, bereitete mir aus dem mir noch verbliebenen Pinóli und Wasser eine Mahlzeit und kaute einen Jipuri, um mich für den Rest des Tages wachzuhalten. Ich scharrte Erde über die letzte Glut meines Lagerfeuers, stand dann aufrecht da, hielt nach der Sonne Ausschau, um mich zu vergewissern, in welche Richtung ich mich zu wenden hätte, und lenkte dann meine Schritte gen Süden. Ich habe meinen Aufenthalt bei den Rarámuri genossen, und es beschwerte mein Herz, daß er so enden mußte. Aber ich trug gute Hirschlederkleidung und Sandalen aus Eberhaut und besaß Lederbeutel, Nahrung und Wasser darin zu transportieren, und eine Feuersteinklinge am Schamtuch, und ich hatte immer noch meinen Sehkristall und meinen Brennkristall. Ich habe nichts zurückgelassen in Guagüey-bo, es sei denn, ihr zähltet die Tage dazu, welche ich dort verbracht habe. Von ihnen habe ich jedoch die Erinnerung mitgenommen und behalten.
IHS
S.C.C.M.
SEINER ALLERKATHOLISCHSTEN MAJESTÄT, KAISER KARL V., UNSEREM ALLERDURCHLAUCHTIGSTEN KÖNIG UND HERRN:
Hehrste und Allererhabenste Majestät: aus der Stadt Mexíco, Hauptstadt Neuspaniens, am Tag des Heiligen Ambrosius, im Jahre des Herrn eintausendfünfhundertundfünfunddreißig, entbieten wir Euch unseren alleruntertänigsten Gruß.
In unseren letzten Briefen, Sire, haben wir uns über unsere Tätigkeiten als Beschützer der Indianer ausgelassen. Gestattet, daß wir diesmal bei unserem vornehmsten Amt, dem des Bischofs von Mexíco, sowie unserer mit diesem Amt verbundenen Aufgabe verweilen, für die Verbreitung des Wahren Glaubens unter den Indianern allhier zu sorgen. Wie Eure klarblickende Majestät dem neuesten Konvolut der Chronik unseres Azteken entnehmen werden, ist sein Volk von jeher von verabscheuungswürdigem Aberglauben besessen gewesen und hat Omina von günstiger wie schlimmer Bedeutung nicht nur in Dingen gesehen, in welchen auch andere vernünftige Menschen sie zu sehen geneigt sind – wie etwa einer Sonnenfinsternis –, sondern in allem und jedem, vom zufälligen Zusammentreffen von Ereignissen bis zu den gewöhnlichsten Naturphänomenen. Diese Neigung zu Aberglauben und Leichtgläubigkeit hat uns in unserem fortgesetzten Ringen, sie von der Teufelsanbetung zum Christentum zu bekehren, sowohl geholfen als auch behindert.
Als die spanischen Conquistadores ihren ersten, überwältigenden Siegeszug durch diese Lande antraten, taten sie ein bewundernswürdiges Werk, als sie die bedeutendsten Tempel und Idole der Heidengötter zerstörten und stürzten und an ihrer Stelle das Kreuz
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