Der Azteke
Christi und Standbilder der Heiligen Jungfrau aufrichteten. Wir und unsere Mitstreiter im Glauben haben diesen Sturz für richtig befunden und unterstützt, indem wir dauerhaftere christliche Gebäude auf jenen Stätten errichteten, welche zuvor Schreine von Dämonen und Dämoninnen waren. Da die Indianer in ihrem Eigensinn darauf beharren, an den ihnen vertrauten Stätten zum Gottesdienst zusammenzukommen, finden sie dortselbst jetzt nicht mehr solche blutrünstigen Gestalten wie ihre Huichilobs und Tlalóque vor, sondern den gekreuzigten Christus und Seine Gebenedeite Mutter.
Um nur ein Beispiel von vielen anzuführen: der Bischof von Tlaxcála errichtet oben auf dem gigantischen Pyramidenberg von Cholula – welcher sehr an jenen von menschlicher Überhebung zeugenden Turm zu Babel im Lande Sinear gemahnt – und wo vormals die Gefiederte Schlange, Quetzalcóatl, angebetet wurde, eine Kirche Unserer Lieben Frau. Allhier, in der Hauptstadt Neuspaniens, wurde unsere eigene nahezu vollendete Franziscus-Kathedrale mit voller Absicht genau an jener Stelle errichtet (oder zumindest dort, wo Baumeister Garcia Bravo sie vermutet), wo sich einst die Große Pyramide der Azteken erhob. Ich glaube, daß die Kirchenmauern unseres Gotteshauses manche von den Steinen dieses geschleiften Denkmals der Greuel bergen. Auf der Tepeyáca genannten Landzunge, die auf der anderen Seite des Sees liegt, gerade nördlich von hier, wo vor noch gar nicht langer Zeit die Indianer eine gewisse Tónantzin, eine Art Muttergottheit, verehrten, haben wir statt dessen der Heiligen Jungfrau einen Schrein errichtet. Auf Bitten des Capitán-General Cortés hat man selbigem den Namen des Heiligtums Unserer Lieben Frau von Guadalupe gegeben, welches sich in seiner Heimatprovinz Estremadura in Spanien befindet.
Manche mögen es ungehörig finden, daß wir unsere christlichen Tabernakel ausgerechnet auf den Trümmern von Heidentempeln errichten, deren Ruinen immer noch vom Blut unheiliger Opfer getränkt sind. De facto folgen wir dabei nur den Gepflogenheiten der frühesten christlichen Apostel, welche ihre Altäre dort errichteten, wo zuvor die Römer, Griechen, Sachsen &c. Jupiter, Pan und Freya &c. &c. verehrten, – und zwar ausdrücklich beseelt von dem Wunsch, diese Teufel mögen durch die Anwesenheit des Geopferten Christus vertrieben werden, und daß aus Stätten, so einst Stätten schändlichen Götzendienstes waren, nunmehr Stätten der echten Frömmigkeit würden, wo das Volk von den Dienern des Wahren Gottes bereitwilliger dazu gebracht werden könnte, Seiner Göttlichkeit die ihm zustehende Verehrung entgegenzubringen.
Darin, Sire, hilft uns der Aberglaube der Indianer mächtig. Selbiges gilt für andere Unternehmungen aber leider nicht; denn abgesehen davon, daß sie immer noch ihrem Aberglauben anhangen, sind sie heuchlerisch wie die Pharisäer. Viele von denen, welche sich Bekehrte nennen, selbst jene, welche beteuern, fromme Christen geworden zu sein und fest im Christlichen Glauben zu stehen, leben immer noch in abergläubischer Furcht vor ihren alten Dämonen. Sie halten es für ein Gebot der Klugheit, sich zumindest ein wenig von ihrer Verehrung Huichilobos und der übrigen Götzenhorde zu bewahren und erklären allen Ernstes, damit die Möglichkeit abzuwenden, daß ihre falschen Götter in ihrer Eifersucht Rache dafür üben, verdrängt und getilgt worden zu sein.
Wir haben erwähnt, welche Erfolge wir im Laufe unseres ersten Jahres allhier in Neuspanien zu verzeichnen hatten, indem wir viele Tausende von Idolen aufspürten und zerstörten, welche die Conquistadores übersehen hatten. Als schließlich keine mehr zu finden waren und die Indianer unseren Inquisitoren schworen, es seien keine mehr aus ihren Verstecken auszugraben, argwöhnten wir nichtsdestotrotz, daß die Indianer insgeheim immer noch diese verbotenen Gottheiten verehrten. Wir predigten daher in höchst eindringlichen Worten, wiesen unsere Priester und Missionare an, ein gleiches zu tun, und befahlen, daß kein einziges Idol, auch nicht das kleinste und geringste, ja, nicht einmal ein als Schmuck dienendes Amulett erhalten bleiben dürfe. Woraufhin die Indianer in Bestätigung unseres Argwohns uns und anderen Priestern demütig eine große Anzahl von kleinen gebrannten und ungebrannten Tonfigürchen brachten, ihnen in unserer Gegenwart entsagten und sie in Stücke zerbrachen.
Uns gereichte die neuerliche Entdeckung und Vernichtung so vieler weiterer profaner
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