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Der Azteke

Der Azteke

Titel: Der Azteke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Füreinander-Einstehen aller Völker einsetzen, damit wir eine vereinte Abwehrfront bieten, wenn die Fremden kommen.«
    »Alles schön und gut für Euch und Euren gegängelten Kronprinzen«, sagte Motecuzóma verletzend. »Wir jedoch sind die Mexíca! Seit wir uns an die Spitze des Dreibunds haben stellen und die Oberhoheit in Der Einen Welt haben erringen können, hat kein Fremder ohne unsere Erlaubnis seinen Fuß auf unseren Boden gesetzt. So soll es immer bleiben, und wenn wir allein gegen alle bekannten und unbekannten Völker kämpfen müssen, wenn alle unsere Verbündeten uns im Stich lassen oder sich gegen uns wenden.«
    Ich bedauerte nicht wenig, daß Nezahualpílis Gesicht sich angesichts dieser unverhohlen zum Ausdruck gebrachten Geringschätzung nicht seinerseits verdunkelte. Er sagte fast traurig:
    »Dann werde ich Euch von einer Legende erzählen, Herr Freund. Vielleicht habt ihr Mexíca sie vergessen, doch in den Archiven von Texcóco kann sie noch nachgelesen werden. Laut dieser Legende hatten eure Aztéca-Ahnen, als sie aus ihrer Heimat Aztlan im Norden aufbrachen und ihre jahrelange Wanderung begannen, welche hier endete, keine Ahnung, welchen Schwierigkeiten sie unterwegs begegnen würden. Sie wußten nur, daß sie möglicherweise auf so abweisende Länder und so unfreundliche Völker stoßen würden, daß es sie weiser dünken könnte, umzukehren und nach Aztlan zurückzukehren. Wider diese Ungewißheit wappneten sie sich, indem sie dafür sorgten, sich unter Umständen rasch und sicher zurückziehen zu können. An acht oder neun Orten, an denen sie sich zwischen diesem Seenbereich und Aztlan länger aufhielten, legten sie gewaltige Vorräte an Kriegsmaterial und Vorräten an und versteckten sie. Würden sie gezwungen, den Rückzug in die ursprüngliche Heimat anzutreten, konnten sie das Tempo dafür selbst bestimmen, waren wohl dafür gerüstet und reichlich mit Proviant ausgestattet. Oder sie konnten an jeder dieser vorbereiteten Stellungen nochmals kehrt machen und dem Feind trotzen.«
    Motecuzóma riß Mund und Nase auf; offensichtlich hatte er von dieser Legende noch nie etwas gehört. Ich allerdings auch nicht. Nezahualpíli schloß:
    »Zumindest heißt es so in der Legende. Leider wird darin nicht verraten, an welchen Orten diese geheimen Lager angelegt worden sind. Ich schlage Euch mit allem Respekt vor, Herr Freund, daß Ihr Kundschafter in die nördlichen Wüstenländer ausschickt, sie zu suchen. Entweder diese zu finden, oder aber neue Vorräte anzulegen. Wenn Ihr zu dem Schluß kommt, daß Ihr nicht jedes Eurer Nachbarvölker zu Eurem Verbündeten machen könnt, wird die Zeit kommen, da keines mehr Euer Verbündeter sein will; ein Fluchtweg würde Euch dann sehr gelegen kommen. Wir Acólhua jedenfalls ziehen es vor, uns mit Freunden zu gürten.«
    Lange saß Motecuzóma schweigend und in sich zusammengesunken da, geduckt, gleichsam als wappne er sich gegen einen aufkommenden Sturm. Dann setzte er sich kerzengerade auf, straffte die Schultern und sagte: »Angenommen, diese Fremden kommen gar nicht. Dann hätte man nutzlos auf der faulen Haut gelegen und würde womöglich von demjenigen seiner Freunde überrollt werden, der sich als erster stark genug dazu fühlt.«
    Nezahualpíli schüttelte den Kopf und sagte: »Diese Fremden werden kommen.«
    »Ihr scheint Euch sehr sicher zu sein.«
    »Zumindest sicher genug, um eine Wette darauf einzugehen«, sagte Nezahualpíli plötzlich ganz aufgeräumt. »Ich fordere Euch heraus, Herr Freund. Spielen wir im Zeremonialhof Tlachtli. Keine Mannschaften, sondern nur Ihr und ich. Das beste von drei Spielen. Verliere ich, bin ich bereit, das als Zeichen zu nehmen, welches alle anderen Zeichen auslöscht. Ich nehme dann alle meine düsteren Warnungen zurück und stelle alle Waffen, Heere und Mittel der Acólhua unter Euer Kommando. Verliert Ihr …«
    »Nun?«
    »Gesteht Ihr mir nur eines zu. Daß Ihr mich und meine Acólhua aus allen Euren künftigen Verwicklungen herauslaßt, damit wir unsere letzten Tage friedlicheren und angenehmeren Dingen widmen können.«
    Ohne zu zögern, sagte Motecuzóma: »Einverstanden. Das beste von drei Spielen«. Und er lächelte böse.
    Das konnte er durchaus tun, denn er stand nicht allein da, wenn er Nezahualpíli für wahnsinnig hielt, ihn zu diesen Spielen herausgefordert zu haben. Selbstverständlich wußte außer mir – und mich hatte man schwören lassen zu schweigen – damals kein Mensch, worauf der Verehrte

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