Der Azteke
wieder mehr auf seine alte schroffe Weise: »Diese Seite der ganzen Angelegenheit braucht dich nicht zu bekümmern. Bring mir nur das Bild von Cortés und Wortbilder mit einer Aufstellung über die Stärke seiner Streitkräfte, eine Beschreibung seiner geheimnisvollen Waffen, der Art, wie sie kämpfen, alles, was uns hilft, sie besser kennenzulernen.«
Ich versuchte noch ein letztes Mal, Einwände zu erheben. »Was immer der Mann Cortés sein oder darstellen mag, Hoher Gebieter, ich würde meinen, ein Narr ist er nicht. Es steht nicht zu erwarten, daß er einen spionierenden Schreiber in seinem Lager hin- und hergehen lassen wird, wohin er will, daß er seine Krieger und seine Waffen zählt.«
»Du wirst auch nicht allein hingehen, sondern mit vielen Edelleuten, reich gekleidet, je nach ihrem Stand, und ihr alle werdet dem Mann Cortés als einem Adeligen von gleichem Rang begegnen. Das wird ihm schmeicheln. Außerdem wirst du eine Trägerkolonne mitnehmen und reiche Geschenke überbringen. Das wird seinen Argwohn beschwichtigen in bezug auf das, was ihr wirklich wollt. Ihr werdet hochstehende Sendboten des Verehrten Sprechers der Mexíca und Der Einen Welt sein, welche die Sendboten jenes König Carlos von Spanien geziemend begrüßen.« Er hielt inne und sah mich lange an. »Jeder einzelne von euch wird ein echter und vollgültiger Angehöriger des Adels der Mexíca sein.«
Als ich nach Hause kam, war Béu gleichfalls wach. Nachdem auch sie die Lichterscheinungen am nächtlichen Himmel betrachtet hatte, bereitete sie jetzt Schokolade für meine Heimkehr. Ich begrüßte sie weit überschwenglicher als sonst: »Ist das eine Nacht gewesen, meine Gemahlin Wartender Mond.«
Sie nahm das offensichtlich als eine Koseform und machte ein ebenso erfreutes wie erschrockenes Gesicht, denn ich glaube nicht, daß ich in unserer ganzen Ehe jemals etwas Zärtliches zu ihr gesagt habe.
»Aber Záa«, sagte sie und errötete vor Freude. »Wenn du mich nur Frau nennen würdest, so würde das schon mein Herz erfreuen. Aber meine Gemahlin! Wieso diese plötzliche Liebenswürdigkeit? Ist etwas …«
»Nein, nein, nein«, unterbrach ich sie. Ich war es nun seit Jahren zufrieden, daß Béu sich eines beherrschten und zurückhaltenden Benehmens befleißigte und wollte nicht, daß sie plötzlich Gefühle zeigte. »Ich habe dich nur angeredet, wie es sich fürderhin für dich geziemt. Du trägst jetzt den Titel Dame. Heute nacht hat der Verehrte Sprecher das - tzin an meinen Namen gehängt, und das gilt jetzt selbstverständlich auch für dich.«
»Oh«, sagte sie, als wäre ihr etwas anderes lieber gewesen. Gleichwohl faßte sie sich rasch wieder und war gleich wieder ihr kühles und ihr beherrschtes Ich. »Ich darf annehmen, daß du dich freust, Záa.«
Ich lachte etwas ironisch. »Als ich jung war, habe ich davon geträumt, große Taten zu vollbringen, Reichtümer zu erwerben und geadelt zu werden. Und erst jetzt, nachdem ich ein volles Schock Jahre hinter mir habe, bin ich zum Mixtzin geworden, dem Herrn Mixtli aus Mexíca, und vielleicht auch nur für eine kurze Zeit, Béu … Vielleicht nur solange, wie es überhaupt Herren, solange es überhaupt noch Mexíca gibt …«
Außer mir kamen noch vier Edelleute mit, und da ihre Titel ererbt waren, waren sie nicht sonderlich davon erbaut, daß Motecuzóma einem Emporkömmling wie mir den Befehl über diese Mission anvertraut hatte, welche wir zu vollbringen hatten.
»Ihr sollt dem Manne Cortés größte Hochachtung und Aufmerksamkeit entgegenbringen und ihn schmeichelhaft behandeln«, sagte der Verehrte Sprecher, als er uns seine Anweisungen erteilte. »Und nicht nur ihm, sondern jedem, von dem ihr annehmt, daß er von hohem Rang sei. Bereitet bei jeder sich bietenden Gelegenheit ein Festmahl für sie. Zu euren Trägern gehören fähige Köche, und sie führen reichlich Vorräte und köstliche Leckereien mit. Des weiteren sind sie mit vielen Geschenken beladen, welche ihr feierlich überreichen sollt. Erklärt, Motecuzóma schicke sie als Zeichen der Freundschaft und des Friedens zwischen unseren Völkern.« Er hielt inne und murmelte dann halblaut: »Neben den anderen wertvollen Dingen sollte genug Gold dabei sein, die Krankheit ihres Herzens zu heilen.«
Das sollte es wirklich, dachte ich. Denn neben den Medaillons und Diademen, den Masken und den Schmuckstücken aus purem Gold – den allerschönsten Stücken aus seiner eigenen Sammlung und den Sammlungen früherer Verehrter
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