Der Azteke
offenbarer Zuneigung willkommen. Mit Hilfe seiner Malintzin pries er die Tapferkeit der Texcaltéca-Krieger. Er bedauere, weil sie seine Absichten mißverstanden hätten, gezwungen gewesen zu sein, sich zu verteidigen. Denn, so sagte er, er wolle nicht, daß Texcála sich ergebe und nehme das Angebot des Waffenstreckens auch nicht an. Er sei in ihr Land gekommen, weil er hoffe, ihr Freund sein und ihnen helfen zu können.
»Ich weiß«, sagte er, wobei ihn ohne Zweifel Malintzin gut informiert hatte, »daß ihr seit Generationen unter der Tyrannei von Motecuzómas Mexíca gelitten habt. Die Totonáca und einige andere Stämme habe ich bereits von diesen Banden befreit. Jetzt will ich euch gleichfalls von dieser ständigen Bedrohung befreien. Ich bitte nur, daß euer Volk sich mir in diesem heiligen und würdigen Kreuzzug anschließt und soviel Krieger wie möglich bereitstellt, um meine Streitkräfte zu vergrößern.«
»Aber«, erklärten die Edelleute, die überhaupt nicht mehr wußten, wo ihnen der Kopf stand, »wir haben gehört, daß Ihr von allen Völkern verlangt, sie müßten sich Eurem fremden Herrscher und Eurer fremden Religion unterwerfen, wir müßten alle unsere ehrwürdigen Götter stürzen und neue verehren.«
Cortés vollführte eine wegwerfende Geste. Der Widerstand, welchen die Texcaltéca ihm entgegengebracht hatten, hatte ihn zumindest gelehrt, klug und umsichtig vorzugehen.
»Ich erwarte keine Unterwerfung, sondern daß ihr euch mit mir verbündet«, erklärte er. »Sobald diese Lande erst einmal alle von dem bösen Einfluß der Mexíca gereinigt sind, werden wir euch mit Freuden die Segnungen des Christentums und die Vorteile eines Abkommens mit König Carlos erklären. Dann könnt ihr selbst urteilen, ob ihr dieser Wohltaten teilhaftig werden wollt oder nicht. Aber das Wichtigste zuerst: Fragt euren Herrscher, ob er uns die Ehre erweisen will, in Freundschaft unsere Hand zu ergreifen und gemeinsame Sache mit uns zu machen.«
Der alte Xicoténca bekam diese Nachricht von seinen Edelleuten kaum früher zu hören als wir in Tenochtítlan sie durch unsere Mäuse erfuhren. Uns allen, die wir im Palast zusammengekommen waren, wurde klar, wie erschüttert Motecuzóma und welcher Schrecken ihm in die Glieder gefahren sein mußte. Es wurmte ihn, erkennen zu müssen, was aus seinen zuversichtlichen Prophezeihungen geworden war und er geriet nahezu in Panik, als ihm aufging, was sein nicht wiedergutzumachender Irrtum für Folgen zeitigen könnte. Nicht nur, daß die Texcaltéca die weißen Eindringlinge nicht aufgehalten hatten, nein sie hatten sich nicht einmal als ein ernst zu nehmendes Hindernis für sie erwiesen. Und nicht nur, daß Texcála jetzt keineswegs eine leichte Beute für uns sein würde. Weit schlimmer: Die Fremden waren mitnichten entmutigt oder geschwächt; sie kamen immer noch auf uns zumarschiert, stießen immer noch Drohungen gegen uns aus. Am schlimmsten aber war es, daß die weißen Männer jetzt verstärkt durch die Macht und den Haß unserer ältesten, kämpferischsten und unversöhnlichsten Feinde näherrückten.
Nachdem er sich wieder gefaßt hatte, traf Motecuzóma eine Entscheidung, die zumindest ein wenig kraftvoller war als sein Befehl abzuwarten. Er rief seinen intelligentesten Schnellboten herbei, diktierte ihm eine Botschaft und schickte ihn augenblicklich los, sie Cortés zu überbringen. Selbstverständlich war diese Botschaft lang und in höchst schmeichelhaften Wendungen abgefaßt, doch im wesentlichen hieß es darin:
»Geschätzter Capitán-General Cortés, setzt kein Vertrauen in die verschlagenen Texcalteca, welche Euch alle möglichen Lügen aufbinden werden, um Euch hinterher treulos zu verraten. Wie Ihr leicht in Erfahrung bringen könnt, wenn Ihr Euch erkundigt, ist Texcála eine Insel, die ringsum von Nachbarvölkern eingeschlossen ist, welche es sich zu Feinden gemacht hat. Wenn Ihr Euch mit den Texcalteca anfreundet, werdet Ihr gleich ihnen verachtet, gemieden und von allen anderen Völkern abgelehnt werden. Hört auf unseren Rat. Sagt Euch los von den unwürdigen Texcalteca und verbündet Euch statt dessen mit dem mächtigen Dreibund von Mexíca, Acólhua und Tecpanéca. Wir laden Euch ein, unsere verbündete Stadt Cholólan zu besuchen, welche in südwestlicher Richtung von dort liegt, wo Ihr Euch im Augenblick befindet, und die leicht zu erreichen ist. Dort werdet Ihr mit einer feierlichen Zeremonie willkommen geheißen werden, wie es einem so
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