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Der Azteke

Der Azteke

Titel: Der Azteke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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erlauchten Besucher wie Euch gebührt. Sobald Ihr Euch ausgeruht habt, werdet Ihr Eurem Wunsch gemäß nach Tenochtítlan geleitet werden, wo ich, der Uey-Tlatoáni Motecuzóma Xocóyotzin, nur darauf warte, Euch als meinen Freund in die Arme zu schließen und Euch alle Ehre anzutun.«
    Vielleicht hat Motecuzóma genau das gemeint, was er sagte – den weißen Männern soweit nachzugeben, daß er bereit war, sie zu empfangen und dieweil zu überlegen, was er dann tun solle. Ich weiß es nicht. Er vertraute weder mir noch seinem Staatsrat seine Pläne an. Soviel aber weiß ich: Wäre ich Cortés gewesen, hätte ich über eine solche Einladung gelacht, zumal wenn ich eine gerissene Malintzin zur Seite gehabt hätte, welche mir die Botschaft klipp und klar folgendermaßen gedolmetscht hätte:
    »Verabscheuter Feind: Bitte, jage deine neugewonnenen Verbündeten von dannen, wirf die zusätzlich gewonnenen Streitkräfte weg und tue Motecuzóma den Gefallen, ahnungslos in eine Falle hineinzulaufen, aus der du nie wieder herauskommen wirst.«
    Doch zu meiner Überraschung – schließlich kannte ich den Mut des Mannes einfach noch nicht – schickte Cortés den Boten mit der Annahme der Einladung zurück und marschierte tatsächlich nach Süden, um Cholólan einen Höflichkeitsbesuch abzustatten, wo er in der Tat wie ein erlauchter und willkommener Gast empfangen wurde. Am Rande der Stadt wurde er von den gemeinsamen Herrschern, dem Herrn Dessen, Was Oben Ist und dem Herrn Dessen, Was Unten Ist, sowie vom größten Teil der Bürger willkommen geheißen und keineswegs von Bewaffneten. Die Herren Tlaquiach und Tlalchiac hatten keine Krieger aufgeboten und von Waffen war nirgends etwas zu sehen. Alles geschah so, wie Motecuzóma es versprochen hatte, friedlich und gastfreundlich.
    Gleichwohl hatte Cortés selbstverständlich nicht allen Vorschlägen Motecuzómas entsprochen; er hatte sich keineswegs seiner Verbündeten entledigt, ehe er nach Cholólan gekommen war. Inzwischen hatte Xicoténca Cortés' Angebot angenommen, gemeinsame Sache mit ihm zu machen, und seinem Befehl insgesamt zehntausend Texcaltéca-Krieger unterstellt – von all den anderen Dingen, die er ihm gab ganz zu schweigen: eine Reihe der schönsten und edelsten Texcaltéca-Frauen, welche unter Cortés' Offizieren aufgeteilt wurden, und sogar ein ganzes Gefolge von Zofen für die persönliche Bedienung der Dame Ein Gras oder Malintzin oder Doña Marina. Folglich traf Cortés in Cholólan an der Spitze eines Heeres ein, welches aus zehntausend Texcaltéca sowie dreitausend Totonáca und anderen Stämmen bestand – und seinen eigenen weißen Soldaten, seinen Pferden und Hunden, seiner Malintzin und den anderen Frauen, welche in seinem Gefolge reisten.
    Nachdem sie Cortés gebührend begrüßt hatten, betrachteten die beiden Herren von Cholólan furchtsam die Menge seiner Streitmacht, und ließen ihm kleinmütig durch Malintzin sagen: »Auf Befehl des Verehrten Sprechers Motecuzóma ist die Stadt unbewaffnet und wird nicht von irgendwelchen Kriegern verteidigt. Sie kann Euch, Hoher Herr, sowie Eure persönlichen Truppen und Bedienten nebst Gefolge beherbergen, und wir haben alles vorbereitet, Euch alle bequem unterzubringen. Doch für Eure zahllosen Verbündeten ist einfach nicht genug Platz vorhanden. Außerdem sind, wenn Ihr gestattet, daß wir das erwähnen, die Texcaltéca unsere eingeschworenen Feinde, und es wäre uns im höchsten Maße unbehaglich, wenn sie in unsere Stadt einzögen …«
    Entsprechend gab Cortés Befehl, daß der größere Teil seiner Streitmacht, der aus eingeborenen Kriegern bestand, außerhalb der Stadt blieb; allerdings sollte ihr Lager im Kreis um die Stadt aufgeschlagen werden, so daß sie vollkommen eingeschlossen wäre. Ganz gewiß fühlte Cortés sich mit all diesen Tausenden in der Nähe, welche er nur zu rufen brauchte, wenn er Hilfe benötigte, sicher genug. Nur er und die anderen weißen Männer betraten Cholólan, schritten stolz einher wie Edelleute oder ritten in überwältigender Majestät auf ihren Pferden, während die versammelte Bevölkerung jubelte und ihnen Blumen auf den Weg streute.
    Wie versprochen, wurden die weißen Männer luxuriös untergebracht – noch der geringste Soldat wurde so unterwürfig behandelt, als wäre er ein Ritter –, stellte man ihnen Diener und Frauen für die Nacht zur Verfügung. Cholólan war, was die persönlichen Gewohnheiten der weißen Männer betraf, vorgewarnt worden, und so

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