Der Azteke
dienen.«
Es läßt sich vorstellen, daß die Texcaltécatl-Edelleute nicht sonderlich erfreut waren, Untertanen irgendeines Fremden geheißen zu werden oder sich sagen lassen zu müssen, sie seien einem Fremden ungehorsam, wenn sie ihre eigene Grenze verteidigten. Falls überhaupt, waren diese hochmütigen Worte nur geeignet, ihren Wunsch nach einer Schlacht noch zu erhöhen, je blutiger, desto besser. Infolgedessen erwiderten sie nichts, sondern kehrten um und stapften die weite Strecke bis zu ihren Kriegern zurück, welche laute und immer lautere Kriegsschreie ausstießen und ihren Flöten schrille Töne und ihren Trommeln dumpfe Klänge entlockten.
Doch dieser Austausch von Förmlichkeiten hatte Cortés' Leuten reichlich Zeit gegeben, ihre zehn großen und die vier kleineren Kanonen zusammenzubauen und in Stellung zu bringen und sie nicht mit häuserzertrümmernden Kugeln zu laden, sondern mit scharfen Metallbrocken, zerbrochenem Glas, spitzen Kieseln und dergleichen. Die Hakenbüchsen wurden geladen, auf ihre Stützen gesetzt und ausgerichtet und die Armbrüste fertiggemacht. Rasch gab Cortés Befehle, Malintzin wiederholte sie den Kriegern der Verbündeten und begab sich dann eilends in Sicherheit, dorthin, wo sie hergekommen waren. Cortés und seine Männer standen oder knieten, während andere, die sich im Wald verborgen gehalten hatten, ihre Pferde bestiegen. Und sie alle warteten geduldig, bis die mächtige gelbweiße Wand sich plötzlich regte, ein Pfeilregen in hohem Bogen über das Kampffeld flog und die Mauer sich in Tausende von vorwärtsstürmenden Kriegern auflöste, welche auf ihre Schilde schlugen, wie die Jaguare fauchten und spitze Schreie ausstießen wie die Adler.
Weder Cortés noch irgendeiner seiner Männer machte Anstalten, ihnen auf die traditionelle Weise zu begegnen. Er rief nur: »Für Santiago!«, und das Aufbrüllen der Kanonen bewirkte, daß das Kriegsgeschrei der Texcaltéca sich plötzlich ausnahm wie das Zirpen von Zikaden während eines Gewitters. Sämtliche Krieger der vorwärtsstürmenden Reihen wurden zerfetzt: Knochen und Gliedmaßen flogen durch die Luft und Blut spritzte. Die Männer in den nächsten Gliedern fielen einfach tot hin, und das aus keinem sogleich erkennbaren Grund, da die Kugeln der Hakenbüchsen und die kurzen Pfeile der Armbrüste einfach in ihren dick gesteppten Kampfanzügen verschwanden. Dann ertönte ein anderes Donnergrollen; die Reiter kamen in gestrecktem Galopp aus dem Wald hervor, und die Jagdhunde liefen mit ihnen. Die weißen Soldaten ritten mit eingelegten Lanzen und fädelten ihre Beute auf, wie rote Pfefferschoten auf eine Schnur gefädelt werden, bis nichts mehr auf die Schäfte ihrer Lanzen paßte. Woraufhin die Reiter diese fallen ließen und die Stahlsäbel zogen und sie im Reiten durch die Luft wirbeln ließen, so daß abgeschlagene Hände und Arme und sogar Köpfe durch die Luft flogen. Und die Hunde stürzten sich auf die Texcaltéca, schlugen ihre Fänge in sie und rissen und zerrten, und ihre baumwollenen Kampfanzüge waren kein Schutz vor ihren Zähnen. Was Wunder, daß die Texcaltéca völlig überrascht waren. Erschrocken und von Entsetzen gepackt, verloren sie allen Kampfgeist und den Willen zu siegen; sie wurden versprengt, wurlten durcheinander und schwangen verzweifelt ihre unterlegenen Waffen, doch fruchtete das nichts. Mehrere Male brachten ihre Ritter und Cuáchictin sie dazu, sich wieder zu sammeln und sie neuerlich zum Angriff zu führen. Doch jedesmal waren die Kanonen, die Hakenbüchsen und die Armbrüste wieder geladen, feuerten ihre furchtbaren zerfetzenden und durchschlagenden Geschosse immer wieder auf die Reihen der Texcaltéca ab und richteten unaussprechliche Verheerungen an …
Nun, ich brauche nicht über jede Einzelheit dieser einseitig geführten Schlacht zu berichten; was an diesem jenem Tag geschah, ist wohlbekannt. Außerdem kann ich es ohnehin nur nach dem berichten, was die Überlebenden dieses Tages danach erzählten, doch bin ich später Zeuge ähnlicher Schlächtereien gewesen. Die Texcaltéca flohen vom Schlachtfeld und wurden von Cortés' Totonáca-Kriegern verfolgt, die laut und feige über die Gelegenheit jubelten, an einer Schlacht teilzunehmen, bei welcher sie bloß noch dem fliehenden Feind Schläge zu versetzen brauchten. Etwa ein Drittel der gesamten Streitmacht der Texcaltéca blieb an diesem Tag auf dem Schlachtfeld zurück; sie selbst hatten dem Feind nur geringfügige Verluste zufügen
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