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Der Azteke

Der Azteke

Titel: Der Azteke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Grund erkennen, weshalb wir es tun. Aber wir vergessen diese verfluchte Frau Malíntzin. Cortés hat sie zurückgelassen, damit sie während seiner Abwesenheit für den Offizier Tonatíu dolmetscht. Und sie hat es sich sehr angelegen sein lassen, viel über unsere Sitten und Gebräuche zu erfahren. Wenn sie sieht, daß der Große Platz voller Menschen ist, die keine Priester sind, wird sie wissen, daß es sich nicht um die herkömmliche Huldigung an die Salzgöttin handelt. Wir können sicher sein, daß sie dann bei ihren weißen Herren Alarm schlägt.«
    »Die Frau überlaßt mir«, erklärte ich. Das war die Gelegenheit, auf die ich so lange gewartet hatte. Nun konnte ich mehr damit bewirken als nur meine persönliche Rache zu befriedigen. »Ich bedaure, daß ich schon ein wenig zu alt bin, um auf dem Platz zu kämpfen; wohl aber kann ich unseren gefährlichsten Gegner beseitigen. Verfahrt Ihr nach Euren Plänen, Verehrter Regent. Malíntzin wird weder die Zeremonie sehen noch etwas argwöhnen oder etwas verraten. Sie wird tot sein.«
    Der Plan für die Nacht des Iztocíuatl-Festes sah folgendes vor: Vorangehen sollte allem den ganzen Tag über Gesang und Tanz und ein Kampfspiel im Herzen Der Einen Welt, alles dargeboten von Frauen, Mädchen und Kindern. Erst wenn die Dämmerung sich auf die Stadt nieder senkte, sollten die Männer zu zweit und zu dritt eintreffen und die Plätze der Frauen und Kinder einnehmen, welche ihrerseits zu zweit und zu dritt tanzend den Großen Platz verlassen sollten. Wenn es ganz dunkel war und die Szene nur noch von Fackeln und Urnenfeuern erhellt wurde, waren die fremden Zuschauer es wahrscheinlich längst müde geworden zuzusehen und in ihre Unterkünfte zurückgekehrt; zumindest würden sie nicht merken, daß sämtliche Tänzer und Sänger jetzt erwachsen und Männer waren. Diese singenden und gestikulierenden Tänzer sollten nach und nach Reihen und Kolonnen bilden, welche sich von der Mitte des Großen Platzes aus in Schlangenlinien auf das in der Schlangenmauer befindliche Zugangstor zum Palast des Axayácatl zu bewegen.
    Das stärkste Abschreckungsmittel vor einem Angriff waren die drohend auf dem Dach aufgestellten vier Kanonen des Palastes. Eine oder mehrere von ihnen konnten mit ihren schrecklichen Splitterladungen den größten Teil des offenen Platzes leerfegen, doch würde es nicht so leicht sein, sie direkt nach unten zu richten und zu zielen. Infolgedessen sah Cuitláhuacs Plan vor, daß alle seine Männer sich so dicht wie möglich an die Palastmauern drängen sollten, ehe die weißen Männer überhaupt merkten, daß sie angegriffen wurden. Dann, auf ein Zeichen von ihm hin, sollte die gesamte Streitmacht der Mexíca an den Wachen am Portal vorbeistürmen und in den Räumen und Höfen, Sälen und Kammern im Inneren kämpfen, wo die zahlenmäßige Überlegenheit der obsidianbewehrten Maquáhuime mit der stärkeren, aber zahlenmäßigen Unterlegenheit der Stahlsäbel und unhandlichen Hakenbüchsen fertigwerden mußte. Inzwischen sollten andere Mexíca die Holzbrücken beseitigen, welche die Zufahrten für die Kanus in den Dammstraßen überspannten und mit Pfeil und Bogen jeden Versuch von Alvarados Truppen zurückschlagen, diese Lücken schwimmend oder sonst wie zu überwinden.
    Ich selbst legte mir meinen Plan genauso sorgfältig zurecht. Ich suchte den Arzt auf, welcher seit vielen Jahren unseren Haushalt versorgt hatte, einen Mann, dem ich vertrauen konnte; ohne mit der Wimper zu zucken, gab er mir einen Gifttrank, auf welchen ich mich wie er schwor, felsenfest verlassen könne. Unter den Dienern von Motecuzómas Hof und unter den Küchenhilfen war ich selbstverständlich wohlbekannt. Sie waren mit ihrer augenblicklichen Lage unglücklich genug, so daß ich keinerlei Schwierigkeiten hatte, ihr Einverständnis zu erlangen, das Gift in der richtigen Menge und genau zur richtigen Zeit unter das Essen zu mischen. Dann sagte ich zu Béu, ich wünschte, daß sie während des Iztociuatl-Festes aus dem Hause sei, sagte ihr jedoch nicht, warum: Daß es einen Aufstand geben werde und ich fürchtete, die Kämpfe könnten sich über die ganze Insel ausbreiten, und daß ich – meines besonderen Anteils an der ganzen Sache wegen – außerdem erwartete, daß die weißen Männer, wenn sie eine Gelegenheit dazu hätten, ihre ganze Wut und Vergeltung an mir und den meinen auslassen würden.
    Béu war, wie ich schon gesagt habe, krank und gebrechlich und ganz offensichtlich alles

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