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Der Azteke

Der Azteke

Titel: Der Azteke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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den Schatz verborgen und sicher verschlossen haltet, bis ich weiß, was diese neu Angekommenen wollen.«
    Motecuzóma sagte: »Es sind doch aber gewiß Eure Landsleute.«
    »Jawohl, Don Montezuma. Aber Ihr habt mir gesagt, wie bisweilen auch Eure Landsleute zu Räubern werden. Genauso müssen auch wir Spanier auf der Hut sein vor unseren Seefahrerkameraden. Ihr beauftragt mich, König Carlos die reichsten Geschenke zu überbringen, welche jemals von einem fremden Monarchen geschickt wurden. Ich möchte nicht Gefahr laufen, sie an Seeräuber zu verlieren, welche wir Piraten nennen.
    Mit Eurer Erlaubnis werde ich augenblicklich an die Küste eilen und nachsehen, um was für Männer es sich handelt.«
    »Tut das, ja«, sagte der Verehrte Sprecher, der nicht glücklicher hätte sein können, als wenn diese verschiedenen Gruppen von weißen Männern beschließen sollten, sich gegenseitig an die Gurgel zu gehen und sich zu vernichten.
    »Ich muß mich eilen, muß einen Gewaltmarsch unternehmen«, fuhr Cortês fort und entwickelte laut seine Pläne. »Ich werde nur meine spanischen Soldaten und einige besonders ausgewählte Krieger unserer Verbündeten mitnehmen. Die von Prinz Schwarz Blume sind die besten …«
    »Ja«, sagte Motecuzóma zustimmend. »Gut. Sehr gut.« Doch verging ihm das Lächeln, als er die nächsten Worte des Capitán-General vernahm:
    »Pedro de Alvarado, den rotbärtigen Mann, welchen Euer Volk Tonatíu nennt, werde ich hierlassen, damit er meine Interessen hier wahrnimmt.« Um diese Feststellung sogleich abzuwandeln: »Ich meine selbstverständlich, damit er hilft, Eure Stadt zu verteidigen, falls die Piraten mich besiegen und sich bis hierher durchkämpfen sollten. Da ich bei Pedro nur eine kleine Reserve von unseren Kameraden zurücklassen kann, muß ich sie verstärken, indem ich Eingeborenentruppen vom Festland in die Stadt hole …«
    Und so kam es, daß Alvarado das Kommando über achtzig weiße Männer und vierhundert Texcaltéca innehatte, die sämtlichst im Palast untergebracht waren, als Cortés mit dem Hauptteil seiner weißen Streitmacht und allen Acólhua von Schwarz Blume gen Osten zog. Das war der Gipfel der Kränkung. Daß Motecuzóma den ganzen Winter über dort residiert hatte, war schon eine außerordentlich heikle Situation gewesen. Doch im Frühling befand er sich in einer noch weit erniedrigenderen Lage: Jetzt lebte er nicht mehr mit den weißen Fremden unter einem Dach, sondern auch noch mit einer Horde von widerborstigen, feindselig funkelnden, alles andere als ehrerbietigen Kriegern, die nun wirklich mit Fug und Recht als Eindringlinge zu betrachten waren. Hatte es so ausgesehen, als ob der Verehrte Sprecher durch die Aussicht, die Spanier endlich loszuwerden, für kurze Zeit wieder lebendig und rege geworden wäre, so wurde er wieder in griesgrämige und ohnmächtige Verzweiflung hineingestoßen, als er zum Gastgeber und Gefangenen seiner abscheulichsten und am meisten verabscheuten Feinde wurde. Nur einen mildernden Umstand gab es, wiewohl ich bezweifle, daß Motecuzóma daraus sonderlich viel Trost zog: Die Texcaltéca waren merklich sauberer in ihren Lebensgewohnheiten und rochen weit besser als die weißen Männer.
    Die Weibliche Schlange sagte: »Das ist unerträglich!« – Worte, welche ich immer häufiger von immer mehr von Motecuzómas verärgerten Untertanen zu hören bekam.
    Gesprochen wurden sie bei einer Geheimsitzung des Staatsrats, zu welcher viele weitere Mexíca-Ritter und Priester, Weise und Adlige hinzugebeten worden waren, unter anderen auch ich. Motecuzóma war nicht dabei und wußte von nichts.
    Der Oberbefehlshaber der Krieger, Cuitláhuac, sagte aufgebracht: »Uns Mexíca ist es nur selten gelungen, auch nur die Grenzen von Texcala zu überschreiten. Und bis zu ihrer Hauptstadt sind wir bei unseren Kämpfen niemals vorgestoßen.« Während der nächsten Worte wurde seine Stimme immer lauter, bis er die letzten nahezu hinausschrie: »Und jetzt sind die verabscheuungswürdigen Texcaltéca hier! – in der uneinnehmbaren Stadt Tenochtítlan, im Herzen Der Einen Welt – im Palast des Kriegerherrschers Axayácatl, der ganz gewiß mit allen Mitteln versuchen muß, aus der Gegenwelt zurückzukehren in diese, um diese Beleidigung zu rächen! Die Texcaltéca sind nicht mit Gewalt hier eingedrungen – sie sind hier, weil man sie eingeladen hat, nur haben wir sie nicht eingeladen –, und in dem Palast dort drüben leben sie Seite an Seite auf gleichem Fuß

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