Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Azteke

Der Azteke

Titel: Der Azteke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
Vom Netzwerk:
kaum eine andere Wahl, als sich für Cortés' Pläne einspannen zu lassen.
    So wie ich die Geschichte gehört habe, hat nur ein einziger unglücklicher Zufall Cortés' Erfolg für kurze Zeit bedroht. Er schickte das Schiff, das er noch hatte, und seinen Offizier Alonso – den Mann, dem Malintzin zuerst gehört hatte – aus, die erste Ladung von Schätzen abzuliefern, welche aus diesen Landen heraus gepreßt wurden. Alonso sollte heimlich an Cuba vorbei und direkt über das große Meer nach Spanien fahren, dort König Carlos mit seinen reichen Geschenken blenden, damit der König Cortés seinen königlichen Segen gäbe und ihm gleichzeitig einen hohen Rang verleihe, um seinen Raubund Eroberungszug nachträglich zu sanktionieren. Doch irgendwie – auf welche Weise weiß ich nicht – muß der Gouverneur Wind davon bekommen haben, daß dieses Schiff sich an seiner Insel vorbei stehlen wollte, und erriet, daß Cortés irgend etwas im Schilde führte, was seinen Befehlen ausdrücklich zuwiderlief. Infolgedessen zog der Gouverneur zwanzig Schiffe und die vielen Männer zusammen und unterstellte sie dem Kommando von Pámfilo de Narváez – um den ungehorsamen und eigenmächtigen Cortés zu jagen und ihn einzufangen, ihn all seiner Autorität zu entkleiden, Frieden mit allen Völkern zu schließen, welche er beleidigt oder mißbraucht haben mochte, und Cortés in Ketten zurückzubringen nach Cuba.
    Doch unseren aufmerksam beobachtenden Mäusen zufolge hatte das Wild den Jäger überwältigt. Während Alonso, wie Cortés wähnte, vor eurem König Carlos goldene Geschenke und goldene Aussichten ausbreitete, tat Cortés ein gleiches in Vera Cruz – das heißt, er zeigte Narváez Beispiele der Reichtümer dieser Lande, überzeugte ihn, daß diese Lande so gut wie gewonnen seien, beschwatzte Narváez, sich ihm anzuschließen und die Eroberung zum Abschluß zu bringen, und versicherte ihm, daß sie keinen Grund hätten, den Zorn eines kleinen Kolonialgouverneurs zu fürchten. Denn bald würden sie dem allmächtigen König Carlos und nicht ihrem unbedeutenden unmittelbaren Vorgesetzten eine ganze neue Kolonie zu Füßen legen, größer und reicher als das gesamte Königreich Spanien und seine Kolonien zusammen.
    Selbst wenn wir Führer und Weisen Männer der Mexíca all diese Dinge an jenem Tag gewußt hätten, an dem wir heimlich zusammenkamen – ich glaube, wir hätten auch nicht mehr tun können, als wir dann taten. Nämlich Motecuzóma Xocóyotzin als »vorübergehend regierungsunfähig« zu erklären, seinen Bruder Cuitláhuatzin zu bestimmen, an seiner Stelle die Regierung zu übernehmen und dessen erste Entscheidung gutzuheißen, die er in diesem Amte traf: schnellstens sämtliche Fremden zu vernichten, welche damals Tenochtítlan überschwemmten.
    »Heute in zwei Tagen«, sagte er, »feiern wir die Zeremonie zu Ehren der Schwester des Regengottes Iztocíuatl. Da sie nur die Göttin des Salzes ist, wäre das normalerweise nur eine unbedeutende Feier, mit welcher nur wenige Priester zu tun hätten, doch das können die weißen Männer nicht wissen. Genausowenig wie die Texcaltéca, die nie zuvor an irgendwelchen religiösen Feiern in dieser Stadt teilgenommen haben.« Er stieß ein kleines, verzerrtes Lachen aus. »Also können wir froh sein, daß Cortés unsere alten Feinde hier zurückgelassen hat und nicht die Acólhua, die sehr wohl über unsere Feste im Bilde sind. Denn ich werde jetzt in den Palast hinübergehen und meinen Bruder bitten, keinerlei Überraschung zu zeigen, und diesem Offizier Tonatíu Alvarado eine offenkundige Lüge erzählen. Ich werde ihm nachdrücklich klarmachen, wie überaus wichtig unsere Iztociuatl-Zeremonie sei und ihn um Erlaubnis bitten, daß an diesem Tag und in dieser Nacht alle unsere Leute sich auf dem Großen Platz einfinden, um die Göttin zu verehren und lustig zu sein.«
    »Ja«, sagte die Weibliche Schlange. »Inzwischen werdet ihr anderen jeden erreichbaren kampffähigen Ritter und Krieger auffordern, sich bereitzuhalten, bis hinunter zum letzten Yaoquizqui, der imstande ist, Waffen zu tragen. Wenn die Fremden eine große Menschenmenge sehen, die harmlos in einem dem Anschein nach rituellen Tanz zu Musik und Gesang die Waffen schwingt, werden sie nichts weiter tun als nachsichtig und überheblich zusehen. Doch dann, auf ein Zeichen hin …«
    »Wartet«, unterbrach Cuautémoc die Weibliche Schlange. »Mein Vetter Motecuzóma wird die Täuschung nicht verraten, denn er wird den

Weitere Kostenlose Bücher