Der Azteken-Götze
reicht.« Er hob den rechten Arm und deutete auf einen Metallschrank. »Wenn du ihn aufschließen und mir eine Waffe geben würdest, wäre ich dir sehr verbunden.«
»Natürlich.«
Den Schlüssel fand der G-man in einer Schreibtischschublade. Manuel entschied sich für ein kurzläufiges Schnellfeuergewehr und einen ebenfalls geladenen Revolver. Munition legte er auch daneben.
»Das wird reichen, hoffe ich.«
»Meine ich auch.«
Der G-man ging. Und als er in die Hitze hineintrat, hatte er trotzdem das Gefühl, einen Eiskeller zu betreten, wo der Tod seine knöchernen Klauen nach ihm ausgestreckt hatte…
***
Bevor Suko und ich noch etwas tun konnten, war Inez, die zweibeinige Schlange, schon vorgelaufen und hatte sich in die Reihe der Menschen gedrückt.
Wir hörten sie lachen, sie redete hastig auf vier Männer ein und zeigte auf unseren Wagen. Dabei war ihr Gesicht haßverzerrt, von ihrer Schönheit war nichts mehr zurückgeblieben.
»Reingelegt hat uns das Weib!« knirschte Suko und schaute mich an, als hätte ich die Schuld daran.
»Ja, ich weiß, ich habe nicht aufgepaßt. Aber das kann jedem mal passieren, verdammt.«
»Wir hätten vorsichtiger sein müssen.«
Ich schwieg. Es hatte keinen Sinn, daß wir uns stritten. Der Motor war noch eingeschaltet. Ein Sechszylinder, der praktisch nur flüsterte und kaum zu hören war.
Ewig konnten wir hier nicht stehenbleiben. Zwar war die Straße leer, so leer, daß in den folgenden Minuten niemand vorbeifuhr, nun wieder auch nicht. Was tun?
Ich spielte etwas mit dem Gaspedal. Suko schaute zurück. Es war durchaus möglich, daß man versuchen würde, uns einzukreisen. Noch war dies noch nicht geschehen, und auch die Gruppe vor uns rührte sich nicht. Die Männer und Frauen blieben wie Ölgötzen stehen, die Blicke ihrer dunklen Augen auf unseren Wagen gerichtet.
Bestimmt konnten sie trotz der getönten Scheiben hineinschauen. Wir hüteten uns, nach den Waffen zu greifen, das hätte die Flammen nur noch mehr angefacht.
Daß etwas passieren mußte, war uns klar. Wahrscheinlich hing es mit Inez zusammen.
Sie war es auch, die heftig auf die Männer einredete. Noch immer zeigte sie auf uns.
Und dann zogen sie ihre Waffen.
Plötzlich flogen die Ponchos zur Seite. Sie öffneten sich wie Zelteingänge. Das brünierte Metall der Revolver und auch der Gewehre schimmerte. Die Männer waren verdammt schnell, und uns blieb nur eine Chance: Gas und weg!
Da der Wagen mit einer Automatik ausgerüstet war, brauchte ich nicht zu kuppeln.
Ich drückte das Pedal nach unten.
Der Chrysler schoß mit einem Satz nach vorn. Er tat es wie ein wütender Stier, der angreifen wollte. Allerdings befand sich zwischen ihm und der Menschengruppe noch genügend Platz, so daß sie eine Lücke öffnen konnten.
Sie spritzten zur Seite. Ich hörte sie schreien. Erste Schüsse fielen, aber die Waffen waren zu sehr in die Höhe gerichtet. Keiner zielte mehr direkt auf den Chrysler, so daß die Kugeln in den Sommerhimmel zischten. Eine kratzte über das Dach hinweg und hinterließ einen hellen Streifen im Lack.
Uns kam zugute, daß wir in einer Kurve angehalten hatten. Ich beschleunigte, hörte die Reifen pfeifen, und neben mir hatte sich Suko auf dem Sitz gedreht.
Auch mir gelang ein kurzer Blick in den Rückspiegel, bevor die Menschen aus meinem eingeengten Sichtfeld verschwanden. Sie schössen, aber sie zielten schlecht. Zudem fuhr ich auf der rechten Fahrbahnhälfte, hielt mich nahe am Rand, so daß ihr Schußwinkel schlechter geworden war.
Dann sah ich nichts mehr.
Auch Suko setzte sich wieder normal hin. Er schielte mich an. »Du schwitzt ja, Alter.«
»Tatsächlich?«
»Bist nichts mehr gewohnt.«
»Ich lache später.«
Wir fuhren weiter und aus der Kurve heraus. Vor uns lag der Highway wieder als leicht gewellte Gerade, als wollte sie einen Graben durch die heiße, karge Landschaft schneiden.
»Wenn mir noch einmal jemand erzählen will, daß die Wüste schön ist, den halte ich für einen Lügner«, meinte Suko.
»Bei Regen sieht sie besser aus.«
»Kann sein.«
Wir zogen wieder eine Staubfahne hinter uns her, und von unseren Verfolgern sahen wir nichts.
Suko schaute auf die Karte. »Bis Border Town werden wir Ruhe haben, schätze ich.«
»Sie kommen uns nach.«
»Woher weißt du das?«
»Wir sind Zeugen, Suko. Wir kennen sie. Sie fühlen sich von uns gestört.«
»Richtig, Alter. Und sie haben genau gewußt – zumindest wußte es Inez – , wer wir
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