Der Azteken-Götze
er nicht mehr auf den Beinen bleiben konnte.
Schwer fiel er hin.
Und er blieb auf dem Boden liegen, in einem Kreisel von Schmerzen, die von seinen Gesichtswunden abstrahlten. Unter seinem Kinn spürte er den feuchten Druck des Gesteins. Er hörte wieder das Wummern der Trommeln als eine Melodie, die ihn bis in den Tod begleiten würde. Der Killer hinter ihm bückte sich. Wieder faßte er zu. Unwillkürlich verkrampfte sich der G-man, aber der andere ließ ihm keine Sekunde Zeit. Hart zerrte er ihn hoch. Abe mußte gehalten werden, sonst wäre er gefallen. Er schwankte, er wiegte sich, glitt nach vorn, dann wieder zurück, wie ein Schiff auf dem Meer.
Sidda hielt ihn an den Schultern fest und drehte ihn nach links, so daß er direkt auf den Götzen schauen konnte.
Inez stand neben ihm. Den Arm mit der Blutschale so weit erhoben, daß sie sich nahe der Lippen befand. Der Götze schielte auf das Blut. Er hatte die Augen verdreht. Seine Zunge schnellte heraus, er roch den dunkelroten Lebenssaft, und er konnte kaum noch warten.
»Du bekommst ihn!« flüsterte Inez. »Du bekommst ihn!« Ihr Gesicht hatte sich verändert. Es strahlte von innen heraus, und dieses Leuchten war einfach nicht zu übersehen. In ihren Augen lag ein überirdischer Glanz. So konnte nur jemand seine Gefühle zeigen, der am Ende eines langen Weges stand.
Aber es geschah noch etwas mit ihr. Unter dem Kleiderstoff veränderte sich die Haut. Die Helligkeit verschwand, das grüne Leuchten wanderte weiter, erreichte den Hals und auch das Gesicht der Frau, das er in eine Maske verwandelte.
Sie hatte gewonnen, sie war wieder zwei Personen in einer. Die erste aus Atlantis und die andere aus einer Zeit, die zur reinen Gegenwart zählte.
Alle anderen Wiedergeburten, die dazwischen lagen, spielten für sie keine Rolle.
Auch die Diener hatten bemerkt, daß der Götze dicht vor seiner Befreiung stand.
Sie rotteten sich am Fuß der Treppe zusammen und schickten ihre Schreie hoch, die sich zu einem einzigen vereinigten. Der wiederum jagte wie Donnerhall über die Stufen und putschte die Frau und den Killer regelrecht auf.
Sie hielten sich noch für eine gewisse Zeit still, weil sie eben diesen ungewöhnlichen Beifall ihrer Freunde genießen wollten. Die große Minute, die alles entscheidende Sekunde stand unmittelbar bevor. Dann endlich konnte sich der Götze seiner Fesseln entledigen, sie einfach wegsprengen und war frei.
Und Abe schaute zu. Er mußte zuschauen, denn Sidda zwang ihn dazu. Auch der Killer erlebte eine große Stunde. Der Mann, der ihn über Tausende von Meilen hinweg gejagt hatte, befand sich jetzt in seiner Hand, und er konnte ihn kneten wie Wachs.
Keinen Widerstand würde er spüren. Es war alles vorbei, es war…
Sidda hielt den Atem an, als Inez die Schale noch weiter anhob, so daß sie mit dem Rand jetzt die Unterlippe des Götzen berührte. Den Killer durchfloß ein heißer Strom, er merkte den Druck hinter seinen Augen, er konnte nicht an sich halten und stöhnte auf.
Dabei sprach er, nur blieben seine Worte unverständlich, und Inez kippte die Schale.
Jetzt konnte der Götze trinken.
Und er trank!
Das Blut des G-man floß wie dicker Sirup über seine Unterlippe hinweg in den offenen Mund. Und er schluckte.
Ja, er bewegte seinen Hals, sehr deutlich war dies am Zucken der dünnen Haut zu erkennen.
»Weiter, weiter!« keuchte der Killer, der es kaum erwarten konnte, und Inez tat ihm den Gefallen.
Der Winkel des Gefäßes zum Mund veränderte sich. Das Blut rann noch von den Rändern herab, sammelte sich und verschwand in einem letzten dünnen Strom im Mund des Götzen.
Geschafft!
Etwas taumelnd trat Inez zurück. Ihr Gesicht zeigte Spuren der Anstrengung. Falten hatten sich gebildet und waren wie Gräben in die Haut gemeißelt. Das grüne Leuchten in ihrem Innern war verschwunden, jetzt sah sie wieder normal aus, abgesehen von ihrer ungewöhnlichen Kleidung, die sie zu Ehren des Götzen trug.
Und was tat Xitopec?
Bisher war er still gewesen. Obwohl sein Mund geöffnet war, hatte er nicht den geringsten Laut von sich geben können.
Das änderte sich schlagartig.
Zunächst war es nur ein dumpfes, fast würgendes Stöhnen, das über seine Lippen drang. Selbst dieses Geräusch reichte aus, um Sidda in Begeisterung zu versetzen.
Er hielt es nicht mehr für nötig, sich um den G-man zu kümmern und löste seinen Griff.
Douglas bemühte sich zwar, er war aber zu schwach, um sich noch auf den Beinen halten zu können. Genau
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