Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Titel: Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Aust
Vom Netzwerk:
und setzte einen Daumenabdruck darunter. Der Abdruck war echt.
    Seinem Schreiben stellte Baader ein Zitat des südamerikanischen Guerilla-Ideologen Marighella voran: »Die Bullen werden so lange im Finstern tappen, bis sie sich gezwungen sehen, die politische in eine militärische Situation umzuwandeln.«
    Dann ging Andreas Baader ins Detail: »Ich denke nicht daran, mich zu stellen. Kein Gefangener aus der RAF hat bis jetzt ausgesagt. Erfolgsmeldungen über uns können nur heißen: verhaftet oder tot. Die Stärke der Guerillas ist die Entschlossenheit jedes einzelnen von uns. Wir sind nicht auf der Flucht. Wir sind hier, um den bewaffneten Widerstand gegen die bestehende Eigentumsordnung und die fortschreitende Ausbeutung des Volkes zu organisieren. Der Kampf hat erst begonnen.«
    Der Brief wurde in Millionenauflage von den Zeitungen verbreitet.
    Günter Scheicher, Kriminaldirektor, dazu später: »Als Andreas Baader ein erstes Tatbekenntnis losschickte und da, sozusagen als sein Siegel, den Fingerabdruck darunter setzte, da haben wir gesagt: ›Was will denn der Kerl, dieser Lümmel, da, abgebrochener Student oder sonst etwas, erklärt der Bundesrepublik den Krieg?‹ Aber als die Straftaten dann zunahmen und immer mehr Menschen ums Leben kamen, auch Polizisten, da wurde die Geschichte dann schon prekär.«
     
    Am 21 . Februar 1972 stürmten acht RAF -Miglieder die Ludwigshafener Filiale der Hypo-Bank und entkamen mit 285   000  Mark. Sie hatten sich mit Karnevalsmasken getarnt.

39. Pfirsich
    In den ersten Wochen des Jahres 1972 bekam der Frankfurter Metallbildner Dierk Hoff in seiner Werkstatt immer mehr zu tun. Noch immer, so sagte er jedenfalls später aus, glaubte er daran, Requisiten für eine »Revolutionsfiktion« herzustellen. Bei einem der Besuche seines Auftraggebers Holger Meins, der sich »Erwin« nannte, erzählte der ihm vom Clou des geplanten Films. Sie hätten sich überlegt, eine Bombenhülle zu bauen, die an einem Leibgurt, ähnlich einem Hüfthalter, befestigt werden konnte. In dem Film gebe es eine Szene, in der eine Frau einen Sprengkörper in eine Toilette bringen würde, wo das Ding dann abgeschnallt und durch einen aufblasbaren Ballon ersetzt werden sollte.
    Hoff machte sich an die Arbeit. Er kaufte eine Halbkugel aus Metall und befestigte sie auf einer Art Korsett aus Segeltuch. Dann besorgte er einen Wasserball in derselben Größe, was ihm einige Schwierigkeiten bereitete, denn es war Winter.
    »Erwin« und »Lester« waren begeistert. Einer von den beiden schnallte sich den Bombengürtel um und mimte lachend eine Schwangere. Hoff erhielt 400  Mark. Als »Erwin« die »Babybombe« abholte, gab er Dierk Hoff eine leere Schrothülse und fragte, ob er ein dazu passendes Abschußgerät bauen könne.
    »Eine Schrotpatrone hat einen zu großen Rückstoß. Das ist zu gefährlich«, sagte Dierk Hoff. »Ich wüßte nicht, wie stark man so was machen muß, damit es nicht auseinanderreißt.«
    »Das ist nicht dein Problem. Wir haben beim Film dafür einen Spezialisten. Der kann die Patronen entsprechend verändern. Es geht nur um den Feuerstrahl, der vorne rauskommt.«
    Dierk Hoff baute drei der Abschußgeräte, für 100  Mark das Stück. Das nächste Mal brachte Holger Meins ein Schrotgewehr mit. Lauf und Schaft waren abgesägt. »Wir haben uns vorgestellt, daß man da ein Magazin anbringen könnte und einen Kolben aus Metall, so daß das Ding nach einer militärischen Waffe aussieht. Das können wir für unseren Film gut brauchen.«
    Hoff hatte Bedenken, denn die vorgesehene Nachladeeinrichtung für das Schrotgewehr war mechanisch ein ziemlich komplizierter Eingriff. Er könne kaum kalkulieren, wie lange er dazu brauchen würde.
    »Da kommt es auf ein paar hundert Mark nicht an. Der ganze Film steht und fällt mit den Requisiten.« Holger Meins gab ihm noch einige technische Ratschläge. Zu Hoffs eigener Überraschung funktionierte die neu konstruierte Nachladevorrichtung. Er hatte aus dem Schrotgewehr ein Schrot-Maschinengewehr gemacht.
     
    Allmählich bekam Dierk Hoff ein flaues Gefühl. Er versuchte auszusteigen: »Ihr zieht mich in irgendeine Geschichte rein, die ich nicht übersehen kann. Bringt mir die Brocken wieder, die ich gemacht habe. Ich will davon nichts mehr wissen, sonst muß ich zur Polizei gehen.«
    Beim Stichwort Polizei zog »Erwin« eine Pistole, richtete sie auf Hoff und fauchte: »Du hast ja die Sache gemacht und steckst voll mit drin. Es ist lächerlich, hier von

Weitere Kostenlose Bücher