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Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Titel: Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Aust
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kommt.« Nun, nach der Festnahme und den Bildern, die sie im Fernsehen gesehen habe, seien ihr diese »scheinbar scharfen« Worte nicht mehr über die Lippen gekommen.

49. Festnahme und Zwangsnarkose
    Nach der Festnahme Gudrun Ensslins in Hamburg schlug Klaus Jünschke vor, erst mal auf Tauchstation zu gehen. »Jetzt ist Schluß«, sagte er zu Ulrike Meinhof und Gerhard Müller. »Wir rühren uns sechs Wochen nicht, bleiben hier. Alles andere ist Quatsch.«
    Müller war anderer Meinung: »Da ist ein VW -Bus, der muß umgesetzt werden.«
    »Nichts, ich mach gar nichts mehr«, beharrte Jünschke.
    Da stand Müller auf, zog seinen Revolver und richtete ihn auf Jünschke. Er zitterte vor Wut. »Ihr müßt euch mal überlegen, was mit uns passiert, wenn es schon so kommt«, sagte Jünschke. Ulrike Meinhof und Gerhard Müller standen auf und verließen die Wohnung.
     
    Zwei Tage nach Gudrun Ensslins Verhaftung wurden in Berlin Brigitte Mohnhaupt und ihr Freund festgenommen. Die Hamburger Polizei hatte einen Hinweis auf eine konspirative Wohnung in Berlin erhalten. Obwohl sie bewaffnet waren, leisteten sie keinen Widerstand. Um einen Fluchtversuch zu verhindern, zog ein Beamter dem Mann die Hose herunter.
     
    Am Donnerstag, dem 15 . Juni, eine halbe Stunde nach Mitternacht, klingelte es an der Wohnungstür des Lehrers Fritz Rodewald in der Walsroder Straße in Hannover-Langenhagen. Er öffnete im Morgenmantel. Vor ihm stand ein junges Mädchen mit langen braunen Haaren. Der Lehrer sagte später der Polizei, er habe sie nicht gekannt. »Darf ich dich einen Moment sprechen?«
    Rodewald ließ die verstört wirkende Frau ins Wohnzimmer: »Können bei euch zwei Personen übernachten?«
    Er willigte ein.
    Am nächsten Morgen beim Frühstück erzählte er seiner Freundin von dem nächtlichen Besuch. Sie meinte, das lasse doch nur eine »ganz bestimmte Vermutung« zu. »Du mußt zur Polizei.«
    Der Lehrer fand das Mißtrauen übertrieben. Er wollte erst mal zum Dienst und dabei die Sache überdenken.
    Ihm war nicht wohl bei dem Gedanken, von der Polizei Gesuchte anzuzeigen. Gleichzeitig überlegte er, welche Konsequenzen es für ihn als linken Lehrer und als Gewerkschaftsmitglied haben könnte, wenn tatsächlich Mitglieder der Baader-Meinhof-Gruppe bei ihm übernachteten. Nach Schulschluß beriet er sich mit einem Freund.
    »Wir sind da zu dem Ergebnis gekommen: Wenn es keine von der RAF sind, haben sie von der Polizei nichts zu befürchten. Wenn es welche von der RAF sind, haben wir für unser Leben ganz viel zu befürchten. Und daraufhin bin ich zur Polizei gegangen.«
    Im Präsidium wurde er sofort an die BM -Sonderkommission verwiesen.
     
    Der Polizeibeamte Robert Severin stand kurz vor seiner Pensionierung. Zusammen mit zwei jüngeren Kollegen erhielt er den Auftrag zu prüfen, wie man das Haus in der Walsroder Straße am besten observieren könne. In Zivilkleidung begutachteten sie das Treppenhaus. Als sie gegen 18 . 00 Uhr das Gebäude verlassen wollten, kamen ihnen eine Frau und ein junger Mann entgegen.
    Der Hauswart stand in der Tür und fragte die beiden, wohin sie denn wollten. Sie sagten es ihm.
    »Ja, der Lehrer wohnt oben in der zweiten Etage, aber er wird wahrscheinlich nicht da sein.« Der Mann und die Frau gingen die Treppe hinauf. Die Beamten forderten von der Dienststelle Verstärkung an. Während sie noch beratschlagten, ob sie die Wohnung ohne Durchsuchungsbefehl betreten dürften oder nicht, kam der junge Mann aus dem Haus. Die Beamten holten ihn an einer Telefonzelle ein. Er hatte gerade ein Markstück in den Automaten geworfen. Die Polizisten rissen die Tür auf und nahmen ihm seine Pistole ab. Severin, der unbewaffnet zum Einsatz gekommen war, steckte sie ein.
    Inzwischen war die Verstärkung eingetroffen. Severin und drei weitere Beamte gingen in die zweite Etage und klingelten. Die Frau, in Schwarz gekleidet, mit struppigen kurzen Haaren, öffnete, und während sie von den Beamten in den Polizeigriff genommen wurde, schimpfte sie: »Ihr Schweine!« Die Polizisten wußten nicht, ob sich noch mehr Personen in der Wohnung aufhielten, und riefen: »Alles drinbleiben, keiner weiter rauskommen, sonst wird geschossen.« Vorsichtig schlichen sie in die Wohnung. Überall lagen Waffen, Munition und Handgranaten.
    »Mensch, guckt euch das an, das muß kein kleiner Fisch sein«, sagte Severin. Aber keiner kam darauf, daß die Festgenommene Ulrike Meinhof war. Sie hatte sich verändert, war abgemagert, sah krank

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