Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)
auch die rechte Hand des Terroristenchefs Wadi Haddad, Abu Hannafeh, wurden in der Nähe des Flughafens festgenommen und genauso wie die beiden Deutschen heimlich nach Israel ausgeflogen. Dort verurteilte man sie in einem Geheimprozeß zu langjährigen Freiheitsstrafen. Sie verschwanden – ohne daß dies in der Öffentlichkeit bekannt wurde – in israelischen Militärgefängnissen.
Und noch eine dritte Deutsche war von Aden aus auf Umwegen nach Kenia gereist: Monika Haas. Genau wie die übrigen fünf hatte sie bei der Einreise einen zypriotischen Paß vorgelegt und war prompt verhaftet worden.
Über den folgenden Tagen oder Wochen liegt bis heute der Schleier eines Geheimnisses. Monika Haas selbst schildert die Ereignisse so: Sie sei im Camp Ende 1975 /Anfang 1976 gefragt worden, ob sie einen Brief nach Kenia bringen könnte. »Unbefangen« und »unbedarft« habe sie sich zu diesem Kurierdienst bereit gefunden und sei im Januar nach Nairobi geflogen, wo sie unmittelbar nach ihrer Ankunft am Flughafen festgenommen worden sei. »Ich befand mich während dieser Zeit«, so erklärte sie später vor Gericht, »ununterbrochen in Todesangst. Mit Nachdruck vermittelten mir die Kenianer, daß sie mich ohne weiteres im Urwald verscharren könnten, da ich offiziell nie in ihr Land eingereist sei. Als Ausweg boten sie mir an, eine weitere Person, die ebenfalls verdächtigt wurde, mit dem geplanten Anschlag etwas zu tun gehabt zu haben, unter einem Vorwand dazu zu bringen, nach Nairobi zu fliegen.« Dort habe diese Frau, eine Araberin, dann festgenommen werden sollen. Mit israelischen Agenten habe sie nie zu tun gehabt, allerdings sei bei den Verhören ein weißer Mann im Hintergrund dabeigewesen. Sie habe sich zuerst geweigert, den Auftrag anzunehmen. »Dabei dachte ich zuerst an einen Trick, um behaupten zu können, ich sei auf der Flucht erschossen worden. Allerdings hatte ich keine Alternative, von daher stimmte ich nach kurzem Widerstand zu. Wider Erwarten war der Plan ernst gemeint, und ich wurde losgeschickt, um die andere Frau dazu zu bringen, nach Kenia zu fliegen. Für den Fall, daß ich nicht mitspielte, drohte man mir, daß dies mein sicherer Tod sei. Über Umwegen bin ich daraufhin nach Aden zurückgekehrt.«
So einfach also konnte die tüchtige junge Frau aus Deutschland den Dilettanten vom Mossad entwischen und nach Aden zurückkehren, dorthin, wo ihr späterer Ehemann Zaki Helou die Guerilla für den Kampf gegen Israel ausbildete. Kein Wunder, daß ihr später kaum jemand abnahm, sie hätte sich ihre Freiheit nicht irgendwie erkauft.
Eine andere Version besagt, daß Monika Haas ebenso wie Brigitte Schulz und Thomas Reuter nach Israel ausgeflogen und dort verschärften Verhören unterzogen worden sei. So habe Brigitte Schulz sie im Gefängnis über einen Zeitraum von vierzehn Tagen mehrmals laut rufen und schreien gehört. Dann habe man sie – vermutlich mit speziellen Aufträgen – wieder entlassen. Monika Haas bestreitet das. Aber ihr Aufenthalt in Nairobi oder anderswo erregte über Jahre in der Terroristen- und Geheimdienstszene den Argwohn, sie sei möglicherweise vom Mossad »umgedreht« worden.
Als Peter-Jürgen Boock in Aden eintraf, war Monika Haas offenbar wieder von ihrem Ausflug zurück. Die gescheiterte Aktion diktierte zunächst die Ausbildung. Die Palästinenser glaubten, daß die Israelis aus den festgenommenen Kommandomitgliedern die Lage des Camps herausgefoltert hätten und möglicherweise einen Luftangriff unternehmen könnten. So wurden die Neuankömmlinge zunächst an schweren Maschinengewehren und anderen Flugabwehrgeschützen ausgebildet. Tag und Nacht mußte Wache geschoben werden.
Im Camp wurde nicht nur hinter vorgehaltener Hand darüber spekuliert, ob Monika Haas zur Verräterin geworden war. So schrieb später Hans Joachim Klein, der mit der Carlos-Truppe 1975 die OPEC -Konferenz in Wien überfallen hatte: »Das Mitglied der RAF wurde aus unerfindlichen Gründen freigelassen – sogar mit einem Brief von Abu Hannafeh an dessen Frau versehen – und kam zu Abu Hani (Wadi Haddad) zurück, um Report zu erstatten. Allen war klar, doch keiner sprach es aus, daß dieses Mitglied wohl umgedreht sein mußte. Auch Abu Hani, doch er ließ es an der langen Leine … Nachdem die Israelis die Karten nun ein wenig offengelegt haben, wo das Kommando steckt und was sie mit ihnen gemacht haben – unter anderem nämlich gefoltert, um Infos zu kriegen –, dürfte dieses deutsche
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