Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Titel: Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Aust
Vom Netzwerk:
Fegyver in Ungarn hergestellt worden. Diese Waffe trug keine Nummer. Deshalb gelang es den Ermittlern später nie, festzustellen, woher sie stammte.
    Bei den beiden anderen war das teilweise möglich.
    Eine Heckler & Koch, wie die bei Raspe gefundene, hatte RAF -Mitglied Christian Klar am 27 . Oktober 1976 in Aosta/Italien gekauft. Allerdings ohne den – auswechselbaren – Neun-Millimeter-Lauf. Dieser war am 10 . November 1976 bei der Waffenhandlung Mayer in Basel erworben worden, unter Vorlage eines gefälschten Bundespersonalausweises. Zusammen mit einem US -Karabiner, der bei der Festnahme Siegfried Haags am 30 . November 1976 in dessen Auto gefunden wurde.
    Ein vernickelter Colt Detective Special war im August oder September 1975 vom RAF -Mitglied Rolf Clemens Wagner bei dem Schweizer Waffensammler Philipp Müller in Rheinach gekauft worden, der offenbar einen regen Handel mit Waffen betrieb. Nachweisbar war auch, daß der Schweizer Philipp Müller den in Stammheim gefundenen Colt in seinem Besitz gehabt hatte. Ob es tatsächlich die Waffe war, die er an Rolf Clemens Wagner verkaufte, konnte nicht eindeutig bewiesen werden. Alles in allem aber ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, daß die Stammheimer Waffen tatsächlich von RAF -Mitgliedern gekauft worden waren.
    Sehr wahrscheinlich ist auch, daß Volker Speitel die drei Stammheimer Waffen zur Bearbeitung und Weitergabe in seinem Besitz hatte. Ob er sie jedoch in den Handakten des Rechtsanwalts Müller versteckte und der sie über das Prozeßgebäude in die Anstalt schmuggelte, ist eher zweifelhaft.
    Es gab noch andere Wege. Doch dazu später.
     
    Den Sprengstoff will Speitel ebenfalls von den »Illegalen« erhalten haben. Zunächst vergrub er die explosiven Stangen in einem Depot und holte nach und nach so viele wieder ab, wie gerade in die Anstalt geschmuggelt werden sollten. Im Croissant-Büro machte er daraus kleine Portionen, die er in Cellophan einschweißte. Anschließend präparierte er damit die Aktenordner; später, nachdem die Kontrollen verstärkt worden waren, gab er sie Müller, damit der sie, so Speitel, in der Unterhose versteckte.
    Zumindest theoretisch wäre das möglich gewesen, denn die Durchsuchungsbeamten sondeten Anwälte und Besucher zwar mit Metallsuchgeräten ab, aber diese schlugen bei Sprengstoff nicht an. Ein Abtasten der Anwälte im Genitalbereich unterblieb.
    Bei seinen späteren Vernehmungen sagte der Vollzugsbedienstete Götz: »Bei den Personenkontrollen von Herrn Rechtsanwalt Arndt Müller ist mir mehrmals aufgefallen, daß seine Hose im Genitalbereich besonders abstand, und ich dachte mir, daß er ein besonders großes Geschlechtsteil haben müßte beziehungsweise einen besonders engen Slip tragen würde, der die Genitalien stark abzeichnet.«
     
    Meldung Stammheim vom 3 . Februar 1977 :
    »Beim Umschluß ging der Gefangene Baader in die Zelle 713 zu Ensslin hinein. Nachdem ich einige Schritte in Richtung Zelle kam, kam Baader wieder heraus und schrie: ›Was wollen Sie hier. Sie Arschloch, bleiben Sie draußen an Ihrem Arbeitsplatz sitzen.‹ (Stuhl)«
     
    Meldung vom 11 . Februar 1977 :
    »Gegen 14 . 15 Uhr wurde beobachtet, wie sich Frau Schubert auf die Zelle 711 begab, in der sich Herr Raspe aufhielt. Bei der sofortigen Kontrolle sprang Herr Baader auf mich zu, nahm drohende Haltung ein, beschimpfte mich mit ›du Arsch, du bekommst gleich eins in die Fresse, wenn du hier schnüffelst‹. Von Frau Ensslin wurden anschließend mehrmals dieselben Worte gebraucht, ›wenn die Schnüffelei nicht aufhört, gibt’s welche in die Fresse‹.«

35. »Wanzen« – Lauschangriff auf Bürger Traube
    Auch außerhalb der Haftanstalten war inzwischen der Gebrauch von »Wanzen« in Mode gekommen. So hatte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Richard Meier, am 30 . Dezember 1975 den Einsatz von Lauschmitteln gegen den Atommanager Dr. Klaus Traube genehmigt. Die Operation erhielt den Codenamen »Müll«.
    In der Nacht vom 1 . auf den 2 . Januar 1976 brachen Verfassungsschützer in das Landhaus des Geschäftsführers der »Interatom GmbH« ein, fotografierten die Wohnung und alle frei zugänglichen Gegenstände, wie etwa Traubes Notizbuch, und legten eine »Wanze«.
    Im amtlichen Vermerk über den Lauschangriff hieß es später: »Da die Wände lediglich getüncht waren und die Farbe über Steckdosen und Fußleisten gestrichen war, schied die Möglichkeit aus, den Sender drahtgebunden zu installieren

Weitere Kostenlose Bücher