Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Titel: Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Aust
Vom Netzwerk:
oder ihn durch das Stromnetz zu speisen. Aus diesem Grunde wurde auf die dritte Alternative zurückgegriffen, einen batteriebetriebenen Sender im Wohnraum zu installieren, der nach Auskunft der ›Technik‹ eine Betriebsdauer von 1200 Stunden reiner Sendezeit hat … Die Einbaumöglichkeit bot sich an der Rückseite des Schreibtisches, der wegen des Bücherregals nur ein kurzes Stück von der Wand abgerückt werden konnte …«
    Um 3 . 30 Uhr war die Operation beendet. Die Einbruchspuren wurden beseitigt. Ein Techniker des Bundesnachrichtendienstes hatte den Verfassungsschützern technische Hilfe geleistet.
    Klaus Traube war den Terroristenjägern des Verfassungsschutzes aufgefallen, weil er Umgang mit verdächtigen Personen der Anarchoszene pflegte und einen, der sich später als Terrorist einen Namen machte, kennengelernt hatte: Hans-Joachim Klein, Chauffeur beim Sartre-Besuch in Stammheim 1974 und ein Jahr später an der Geiselnahme auf der OPEC -Konferenz in Wien beteiligt.
    Traube hatte Klein allerdings zu einer Zeit getroffen, als er für die Sicherheitsbehörden noch ein kleiner Fisch war, einer von Tausenden, die sich in der Sympathisantenszene bewegten.
    Höchst brisant wurde der Fall für die Nachrichtendienstler, weil Traube einer der wichtigsten Männer der deutschen Atomindustrie war, Topmanager der »Interatom«, einer Tochterfirma der Siemens-eigenen Kraftwerk Union AG , die Entwicklung und Bauvorbereitung des »Schnellen Brüters« in Kalkar am Niederrhein betrieb. Traube verlor seinen Job, obwohl er nach einer Auskunft des Siemens-Konzerns an den Verfassungsschutz zu den »weltweit nur drei Personen« gehörte, »deren fachliche Kenntnisse und Qualifikationen für diese Aufgabe ausreichen«.
     
    Die Ermittlungen der Geheimdienstler führten zu keinem Ergebnis, das Traube tatsächlich als Sicherheitsrisiko erscheinen ließ. Nach zwei Monaten wurde die »Wanze« in seinem Haus wieder ausgebaut. Seine Stellung erhielt der Atommanager nicht wieder. Ein Jahr später, im Frühjahr 1977 , wurde der »Lauschangriff auf Bürger Traube« vom »Spiegel« aufgedeckt.
    Die Affäre Traube zeigte, wie weit die Bundesrepublik schon auf dem Weg in den Überwachungsstaat war.
    Der Lauschangriff und seine Aufdeckung hatten Auswirkungen – auch auf Stammheim.

36. Ein »haltloser Antrag« des Rechtsanwalts Schily
    ( 184 . Tag, 15 . März 1977 )
    Verteidiger Otto Schily meldete sich zu Wort: »Ich beantrage, die Hauptverhandlung zu unterbrechen und Herrn Bundesinnenminister Maihofer zu vernehmen: zur Klärung der Frage, ob Gespräche zwischen den Angeklagten dieses Verfahrens einerseits und Gespräche zwischen den Angeklagten und ihren Verteidigern andererseits unzulässigerweise heimlich abgehört, auf Tonband aufgezeichnet und Staatsschutzbehörden oder anderen Dienststellen zur Auswertung überlassen worden sind.«
    Sachlich fragte der neue Vorsitzende, Dr. Foth: »Sind Sie möglicherweise bereit, Herr Rechtsanwalt, Anhaltspunkte zu nennen?«
    Otto Schily erwähnte die Abhöraffäre gegen den Atommanager Klaus Traube, die gerade Schlagzeilen gemacht hatte, und zitierte eine Erklärung des SPD -Fraktionsvorsitzenden im Bundestag: »Herbert Wehner hat die Forderung aufgestellt, daß in Zukunft Abhörmaßnahmen, wie etwa im Fall Traube, auch in Haftanstalten unterbleiben sollen. Die besondere Vorhebung Wehners, daß auch solche Maßnahmen in Haftanstalten unterbleiben sollen, hat sicherlich eine solide Grundlage in Informationen, die Herrn Wehner vorliegen.« Weitere Anhaltspunkte werde die Verteidigung möglicherweise zur gegebenen Zeit vorlegen.
    Die Bundesanwaltschaft trat Schilys Antrag entgegen. Oberstaatsanwalt Zeis erklärte: »Es konnte ja wohl nicht erwartet werden, daß der Herr Rechtsanwalt Schily aus dem Fall Traube nicht versuchen würde, auch Kapital zu schlagen. In seinem Bestreben, öffentlichkeitswirksame Anträge hier in diesem Gerichtssaal zu stellen, geht er jetzt schon so weit, daß er Beweisantrag und Beweisermittlungsantrag durcheinanderbringt. Die Bundesanwaltschaft ist der Überzeugung, daß auch die Sachaufklärung, zumal bei einem solch haltlosen Antrag, nicht gebietet, den Zeugen darüber zu vernehmen.«
    Dr. Foth ermahnte den Bundesanwalt: »Auch Sie darf ich bitten, möglichst jegliche Schärfe und abwertende Äußerungen zu vermeiden.«
    »Herr Vorsitzender, ich bin gerne bereit, Ihrer Bitte zu entsprechen«, entgegnete Zeis. »Ich meine aber, wenn hier unterstellt wird, daß

Weitere Kostenlose Bücher