Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Titel: Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Aust
Vom Netzwerk:
Bundespräsident.
    1961 vertrat er Ulrike Meinhof gegen Strauß. Heinemann gewann. Auf seinen Widerspruch hin lehnte das Hamburger Landgericht die Eröffnung des Verfahrens ab.
    Der Streit Strauß gegen Meinhof fand in allen Zeitungen seinen Niederschlag. Und steigerte die Auflage der Zeitschrift.
    Ehemalige »konkret«-Kollegen schildern Ulrike Meinhofs Auftreten als Chefredakteurin wie das einer ehrgeizigen Jungsozialistin, die eisern der Parteilinie folgte. »Sie war immer eindeutig, sie war humorlos. Sie verkörperte in dieser Zeit, wo sie auch jung war, wo man noch hundertprozentig ist, den typischen Apparatschik.«
    Die 26 jährige konnte sich durchsetzen, war autoritär, besserwisserisch und durchaus arrogant. »Du bist unpolitisch«, das war auch später immer wieder ihr Todesurteil für abweichende Meinungen.
     
    Als Ulrike Meinhof 1962 ein Kind erwartete, begann sie unter starken Kopfschmerzen und Sehstörungen zu leiden. Eine Überprüfung ihrer Reflexe ergab, daß die Störung im Gehirn liegen mußte. Man stellte sie vor die Wahl, sich operieren zu lassen oder das Kind zu bekommen. Ulrike weigerte sich, die Schwangerschaft abbrechen zu lassen. Die Symptome wurden schlimmer, ihre Augen bewegten sich unkontrolliert, die Kopfschmerzen wurden stärker, sie konnte den Mund kaum noch öffnen.
    Nach siebeneinhalb Monaten Schwangerschaft ging sie ins Krankenhaus. Durch Kaiserschnitt wurde sie von Zwillingen entbunden. Als die beiden Mädchen, Bettina und Regine, alt genug waren, um aus dem Brutkasten genommen zu werden, unterzog sich Ulrike Meinhof einer Gehirnoperation. Der Eingriff dauerte fünf Stunden. Der vermutete »Tumor« entpuppte sich als Blutgefäßerweiterung, ein Hämatom, das wegen der Blutungsgefahr nicht entfernt, sondern nur mit einer Silberklammer abgeklemmt werden konnte.
    Fast drei Monate mußte sie in der Klinik bleiben. Die Zwillinge wurden während dieser Zeit von Renate Riemeck versorgt. Nach ihrer Entlassung stürzte sich Ulrike Meinhof wieder in die Arbeit.
    »Sie arbeitete viel zu schwer«, meinte ihre Pflegemutter Renate Riemeck. »Sie wollte nach der Operation ihr Selbstvertrauen wiederherstellen. Sie war fest entschlossen, wieder in ein normales Leben zurückzukehren, hatte aber Angst, daß sich diese Geschichte wiederholen könne. Ihr Selbstvertrauen war nie so groß, wie sie vermuten ließ. Sie brauchte immer die Unterstützung einer stärkeren Persönlichkeit. Sie war als Kind intelligent und hatte einen guten Charakter, aber sie spiegelte immer ihre Umgebung ab. In einer Weise war das ihre Stärke. Sie wollte ihre Grenzen erforschen, sehen, wie weit sie gehen konnte. Es war nötig für sie, so Dinge durchzuarbeiten. Auf ganz weibliche Art. Sie hatte nie einen kalten Intellekt.«
     
    Ulrike Meinhof war 1958 in die verbotene Kommunistische Partei eingetreten, in die alte KPD . Der Vorsitzende der Partei, Max Reimann, leitete die illegale Arbeit von der DDR aus.
    Ulrike Meinhof war nicht mit »kaltem Intellekt« Mitglied der KP geworden. Jedenfalls nicht nach einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den Werken von Marx, Engels, Lenin oder Luxemburg. Den Marxismus lernte sie eigentlich erst als Neomarxismus in der Studentenbewegung kennen.
    Die illegalen Kommunisten, unter ihnen viele, die im Widerstand gegen Hitler gekämpft hatten, verkörperten für sie einen konsequenten Antifaschismus in einer Republik, in der viele ehemalige Nazis führende Positionen hatten.
    Noch Jahre später erzählte sie von den Menschen, die sie in der Kommunistischen Partei kennengelernt hatte. Zu vielen hatte sie familiäre Gefühle entwickelt. Sie erinnerte sich an kleine Treffen in einer Arbeiterwohnung, wo man die Schuhe ausziehen mußte, die vorgewärmten Pantoffeln bereitstanden und der Tisch mit Spitzendeckchen und Kaffee und Kuchen gedeckt war.
    Anfang 1964 , Ulrike nahm gerade ihre Redaktionsarbeit wieder auf, kam es zum großen Krach mit der illegalen KPD . In einem Artikel hatte der »konkret«-Autor Jürgen Holtkamp seine Sympathien für Schriftsteller des – ersten – Prager Frühlings ausgedrückt. Die Partei verlangte die Trennung von Holtkamp. Röhl lehnte ab. Die Partei verlangte nun auch Röhls Rausschmiß aus der Redaktion, aber Ulrike weigerte sich, die Zeitung allein weiterzuführen.
    Da drehte Ostberlin den Geldhahn zu. Im Juni 1964 blieb die monatliche »Spende« von 40   000  Mark (West) aus. Röhl entschloß sich, das Blatt ohne finanzielle Hilfe aus dem Osten

Weitere Kostenlose Bücher