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Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Titel: Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Aust
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mit Ponto bekannt war, habe man allerdings nicht gewußt. »Ich muß aber hinzufügen: Selbst wenn wir es gewußt hätten, was hätten wir denn machen sollen? Sollten wir die Bekannten jener 1200 Leute, die zum Teil hochragende persönliche Beziehungen zu Leuten in diesem Lande haben, darauf hinweisen, mit wem sie umgehen?«
    »Aber sicher!« rief ein Abgeordneter der CDU / CSU -Fraktion.
    »Nein, das ist nicht möglich, und ich hätte die Vorwürfe nicht hören mögen, wenn wir es getan hätten!«
    Bundesinnenminister Maihofer sekundierte seinem BKA -Chef: »Hinterher sind wir natürlich klüger, nachdem geschossen worden ist. Ich sage nur mal, was ich neulich einigen Herren auch gesagt habe. Es gibt keinen – erschrecken Sie jetzt nicht – Kapitalisten, der nicht seinen Terroristen im nächsten Verwandtschafts- oder Bekanntenkreis hat. Das meine ich. Es gibt keine höheren Kreise in unserer Gesellschaft – das ist das erschreckende –, die nicht in näherer oder weiterer Umgebung solche Personen wie die Albrecht haben.«
    Einer der Abgeordneten wollte wissen, wie viele Haftbefehle es denn gegen Leute aus diesem Personenkreis gebe.
    » 35 «, rief ein anderes Ausschußmitglied.
    »Nur 35  Haftbefehle?«
    »Ja, gegen 35 gesuchte Leute, die im Untergrund sind«, sagte Herold. »Darüber hinaus sitzen etwa 123 .«
    »Gegen 240 laufen Ermittlungsverfahren«, ergänzte Innenminister Maihofer, »wegen Ausweisüberlassung, Wohnungsgestellung, Kraftfahrzeugbeschaffung und so weiter.«
    Ein CDU / CSU -Abgeordneter fragte, ob denn eine Fernsehmeldung richtig sei, daß nach dem Ponto-Mord weder der Präsident noch der Vizepräsident des BKA erreichbar gewesen seien.
    Herold war empört: »Ich darf mir die Bemerkung erlauben, daß es mich sehr getroffen hat zu hören, ich sei nicht erreichbar gewesen. Das hat es in dreißig, wie ich meine, ehrenvoll verbrachten Dienstjahren bei mir noch nie gegeben. Ich bin wohl der einzige Polizist, der im Dienstgebäude wohnt, um dort ununterbrochen, buchstäblich Tag und Nacht, zur Verfügung zu stehen. Es motiviert ungeheuer, wenn solche Behauptungen aufgestellt werden!«
    Dann kam der BKA -Präsident auf das Ausmaß der weltweiten terroristischen Verbindungen zu sprechen: »Wir müssen wissen, daß diese Gruppierungen unter dem Begriff ›Rote Armee Fraktion‹ angetreten sind. ›Fraktion‹ heißt ›Teil‹. Damit ist genügend klar zum Ausdruck gebracht, daß sich diese revolutionäre Gruppierung als Teil einer weltumspannenden Roten Armee, als Teil einer Weltbürgerkriegsarmee versteht.«
    Gewisse Indizien sprächen dafür, daß die »Rote Armee Fraktion« »bereits in die Phase des Scharmützels treten kann, das heißt des plural geführten, gleichzeitig befohlenen Angriffs auf die Nervenknoten dieses Staates, um die staatliche Abwehr zu zersplittern, zu desorientieren, sie nutzlos zu binden und dann eben in dem Gesamtkonzept der Demoralisierung, der Ermunterung Gleichgesinnter, der Hoffnung auf baldige Veränderung voranzuschreiten.
    Dafür ist die logistische Basis in einem Umfang aufbereitet, der nicht unterschätzt werden sollte.«
    Die »ausgefeilte Technik der Konspiration und der Logistik« sei kaum verwundbar. »Dem steht eine Unterdimensionierung der für die Terrorbekämpfung vorgesehenen Kräfte bei Polizei und Verfassungsschutz gegenüber.«
    Dann kam Herold auf Details zu sprechen. Das Stuttgarter Büro des – inzwischen flüchtigen – Rechtsanwaltes Klaus Croissant habe »seit 1974 eine Reihe von Gewaltverbrechern produziert«. Dort seien damals auch schon Sprengstoffanleitungen gefunden worden.
    »Daraus kann man eine ganze Reihe von Schlüssen ziehen, leider nicht solche, daß man Croissant nun direkt des Mordes beschuldigen könnte. Diesen Schritt hat der Herr Generalbundesanwalt auch noch nicht gewagt. Aber ich bin ganz sicher, daß in der weiteren Aufhellung auch diese Anschuldigung noch belegt werden kann.«
     
    Das konnte nie belegt werden, und es entbehrte auch jeglicher Grundlage. Tatsächlich spielte Klaus Croissant seit geraumer Zeit in seinem Büro überhaupt keine Rolle mehr. Das Kommando hatten dort andere, wie etwa Volker Speitel, übernommen, die sich als Kuriere zwischen den im Untergrund operierenden RAF -Mitgliedern und den Stammheimer Gefangenen betätigten.
    Doch langsam wurde für die Mitarbeiter des Croissant-Büros die Luft dicker. Einige von ihnen brannten darauf, in den Untergrund abzutauchen. So trafen sich am Abend des 4

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