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Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Titel: Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Aust
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. September im »Wienerwald« in Wuppertal-Elberfeld Volker Speitel, Christof Wackernagel und zwei andere aus der »Zweiten Ebene« mit den »Illegalen« Peter-Jürgen Boock und Stefan Wisniewski. Sie wollten über ihre allmähliche Eingliederung in die illegale Struktur beraten. Boock deutete an, daß eine weitere Aktion unmittelbar bevorstehe: »Viel härter als das, was bisher gelaufen ist.« In einer solchen Situation sei es unmöglich, neue Leute aus der »Etappe« an die »Front« zu versetzen. »Was meint ihr, wie uns zumute ist, wenn wir an morgen denken«, fügte Boock hinzu. »Da geht mir der Arsch auf Grundeis.«
     
    Tatsächlich war der Kern der Gruppe viel kleiner, als BKA und Öffentlichkeit vermuteten. Es waren Brigitte Mohnhaupt als die Vertrauensperson der Stammheimer, Peter-Jürgen Boock, Stefan Wisniewski, Sieglinde Hofmann, Rolf Heißler, Rolf Clemens Wagner und Christian Klar. Diese durften »vor Ort« den übrigen Gruppenmitgliedern wie Friederike Krabbe, Sigrid Sternebeck und anderen direkte Befehle geben. Boock: »Wer auch immer von denen wo auch immer vor Ort war, hatte automatisch das Sagen.«
     
    In Stammheim befanden sich die Gefangenen wieder einmal im Hungerstreik. Ärzte wurden konsultiert. Einer der Ärzte, Professor Dr. Möbius, erinnerte sich später: »Es war ein eigentümlicher Zustand, so wie man sich vielleicht mit Selbsthypnose oder Meditation schon etwas von der Wirklichkeit entfernt. Das Bild selber, was sich uns Ärzten bot, war eigentlich erschütternd. Denn die Gefangenen waren doch schon erheblich in ihrem Ernährungszustand reduziert. Also vor allen Dingen Gudrun Ensslin und auch Raspe waren sehr, sehr dünn geworden. Im Gegensatz zu diesen doch sehr mageren beiden ist der Herr Baader in einem deutlich besseren Ernährungszustand gewesen.«
    Diesmal richtete sich der Hungerstreik offenbar an die RAF -Genossen im Untergrund. Gruppenmitglied Peter-Jürgen Boock erzählte: »Von den Stammheimern kam immer wieder die Frage: Wann seid ihr soweit, was habt ihr vor? In welchem Stadium seid ihr dabei? Auf was können wir uns da einstellen? Und daß sie langsam die Geduld verlieren. Und diese Drohung bis Erpressung, die wurde immer stärker. Bis hin zu dieser Drohung: Sonst nehmen wir unser Schicksal selbst in die Hand.«
    Unter dem Druck der Stammheimer Gefangenen wurden die Planungen für eine Entführung im Kölner Raum vorangetrieben.
    Zielperson, das hatten auch die Sicherheitsbehörden richtig vermutet: Hanns Martin Schleyer, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie und der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und Vorstandsmitglied von Daimler-Benz.
    Die Tragödie nahm ihren Lauf.
     
    Es ging ums Prinzip. Für eine kleine Gruppe, die in ihrer Hybris glaubte, dem Staat den Krieg erklären zu können, genauso wie für den Staat. Das Opfer Hanns Martin Schleyer, Symbolfigur der Wirtschaft, des Kapitalismus, des Systems. Ein Mann, der sich für diese Rolle geradezu anbot.
    Der BKA -Beamte Alfred Klaus später: »Und die haben sich Schleyer gegriffen, weil sie sich sagten, das ist der exponierte Repräsentant der Hochfinanz, des Großkapitals und des Kapitalismus. Und wenn wir den greifen, können wir diesen Staat in die Knie zwingen. Das ist doch ganz klar. In dieser Bundesrepublik beherrscht doch das Kapital die Regierung.«
    Peter-Jürgen Boock bestätigte das: »Schleyer war für uns einfach die Person, in der sich vieles, was deutsche Problematik ist oder war, zusammenfassen ließ. Er war die Verbindung zwischen dem alten Faschismus und dem, was wir als dräuenden neuen Faschismus begriffen.«
    Schleyers Sohn Hanns-Eberhard Schleyer erinnerte sich später an Gespräche mit seinem Vater: »Da haben wir uns Gedanken gemacht: Was würde eigentlich passieren, wenn es den Terroristen gelingen würde, ihn in ihre Hand zu bekommen? Mein Vater hat mir gegenüber deutlich gemacht, daß er verstehen könnte, wenn eine Bundesregierung bestimmten Forderungen nicht nachgeben würde.«

49. Wannseekonferenz
    Alles war vorbereitet für den großen Schlag. In einer Wohnung in Junkersdorf kam die Kerntruppe zur letzten Einsatzbesprechung zusammen. Das Appartement war nur gemietet worden, weil das Hochhaus über eine Tiefgarage verfügte, in der das Entführungsopfer umgeladen werden sollte; schließlich konnte man nicht direkt vom Tatort zum Versteck fahren. Die Wohnung war leer, bis auf eine Nachttischlampe und ein Radio.
    Das Kommando hockte sich in einen

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