Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)
konnten Manfred Grashof, Petra Schelm, Gudrun Ensslin und Ulrike Meinhof 53 000 Mark erbeuten.
Das erinnern übereinstimmend drei Leute, die dabei waren.
Eine Woche nach dem »Dreierschlag«, wie dieser Coup in der Gruppe genannt wurde, trafen sich alle zur Manöverkritik in einer Wohnung in der Kurfürstenstraße.
Bei Kaffee und Bier wurde der Ablauf der Banküberfälle besprochen. Mahler und Baader meinten, das Eindringen in die Bank und auch die Flucht könnten noch besser klappen. Mahler, wie immer mit Toupet, kam auf die moralische Vertretbarkeit solcher Banküberfälle zu sprechen: »Es handelt sich dabei um das Geld von Kapitalisten. Der kleine Mann ist davon nicht betroffen.«
Baader meinte, die Gruppe müsse vergrößert werden. Dann erzählte er, Bäcker und der seit Jordanien zur Gruppe gehörende Heinrich »Ali« Jansen seien zum Bundeswehrstützpunkt Munsterlager abgereist, um Möglichkeiten für den Einbruch in ein Waffenmagazin auszukundschaften.
Einen Tag später erhielt Karl-Heinz Ruhland 1000 Mark aus der Beute. Er war unzufrieden, denn das war ihm nicht genug.
Bäcker und Ali Jansen kehrten von Munsterlager zurück. Der Überfall wurde für Mitte Oktober geplant. Ulrike Meinhof und Ali sollten die Aktion vorbereiten. Am 8 . Oktober ließen sich die beiden zum Flughafen Tempelhof fahren. Unerkannt nahmen sie in der Maschine Platz.
9. »Kompliment, meine Herren!«
Am selben Tag um 13 . 38 Uhr klingelte bei Kriminalhauptkommissar Kotsch von der Staatsschutzabteilung der Berliner Polizei das Telefon.
»Sind Sie Herr Kotsch?«
»Ja.«
»Hier ist Müller. Ich habe Ihnen eine wichtige Mitteilung zu machen. Um halb drei Uhr werden Baader, Mahler und die Ensslin sich in der Knesebeckstraße 89 , Vorderhaus, eine Treppe, bei Hübner treffen. Baader ist rotblond und trägt einen Schnauzbart. Sie sind alle schwer bewaffnet. Sonst halten sie sich in der Hauptstraße 19 , im zweiten Stock bei Wendt auf. Baader fährt einen grünen Mercedes B – MA 118 . Bitte unternehmen Sie endlich etwas!«
Kotsch war überrascht. »Haben Sie diese Mitteilung auch schon einem anderen gegenüber gemacht?«
»Ja«, sagte der Anrufer. »Aber man hält mich anscheinend für einen Idioten und nimmt meine Mitteilung nicht ernst.«
»Herr Müller, ich kenne Sie nicht«, erwiderte Kotsch.
»Das ist auch ganz gut so«, sagte der Anrufer und hängte auf.
Zwanzig Minuten später bezogen Observanten vor dem Haus Knesebeckstraße 89 unauffällig Position.
Den Nachmittag über tat sich nichts, und so beschloß der Einsatzleiter, die Wohnung durchsuchen zu lassen. Vierzehn Polizeibeamte betraten den Hausflur und schlichen die Treppe zum ersten Stock hinauf. Bei Hübner klingelten sie. Niemand öffnete. Durch den Türschlitz schimmerte Licht, und über Funk kam von den draußen postierten Observanten die Nachricht, daß sich eine Frau am Balkonfenster gezeigt hatte. Die Polizeibeamten drückten die Tür auf. Um 17 . 40 Uhr standen sie im Korridor der Wohnung. Aus dem Balkonzimmer erschien eine junge Frau, die ohne viele Worte Paß und Führerschein auf den Namen »Dorothea R.« vorlegte.
»Ich wohne nicht hier«, sagte die Frau. »Ich warte auf die Wohnungsinhaberin. In der Zwischenzeit habe ich gebadet.«
»Bitte bleiben Sie während der Durchsuchung hier«, sagte der Einsatzleiter und bot der Frau einen Stuhl an. Ein Polizist setzte sich neben sie. Beim Durchwühlen einer schwarzen Kommode fand einer der Beamten in einer grünen Plastiktüte eine Pistole vom Typ Llama, Kaliber neun Millimeter.
Im Nebenzimmer lagen mehrere Autokennzeichen, von denen eines zu einem als gestohlen gemeldeten Wagen gehörte. Ein Molotowcocktail, verschiedene Chemikalien und brennbare Flüssigkeiten standen in einem anderen Zimmer herum. Die Frau, später stellte sich heraus, daß es Ingrid Schubert war, wurde zum Polizeirevier 131 gebracht und durchsucht. Unter der Kleidung trug sie eine durchgeladene Pistole.
Die Polizisten in der Wohnung Knesebeckstraße wurden durch einen Fotografen und Beamte des Erkennungsdienstes verstärkt. Sie setzten den Plattenspieler in Gang und warteten. Gegen 18 . 00 Uhr klingelte es. Die Beamten zogen ihre Pistolen und öffneten vorsichtig die Tür. Draußen stand ein Mann mit dunklen, halblangen, nach vorn gekämmten Haaren und einem Kinn-, Backen- und Oberlippenbart. Er trug eine stahlblaue Jacke, dunkle Hose, ein weißes Hemd und eine orange-dunkel gestreifte Krawatte.
Die Beamten
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