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Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Titel: Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Aust
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erkannten Horst Mahler auf den ersten Blick. Sie holten ihn in die Wohnung und baten um seine Papiere.
    »Sie sind doch Horst Mahler.«
    Der Mann bestritt das. Daraufhin zog ihm einer der Polizisten die Perücke vom Kopf.
    »Kompliment, meine Herren«, sagte Horst Mahler.
    Ohne Gegenwehr ließ sich der ehemalige Rechtsanwalt durchsuchen. In seiner rechten hinteren Hosentasche steckte eine geladene und entsicherte Neun-Millimeter-Pistole vom Typ Llama Especial. In der Jackentasche hatte er zwei gefüllte Magazine und insgesamt 36  Patronen sowie einen Packen Geldscheine.
    Die Polizeibeamten nahmen ihm die Krawatte ab, lockerten seinen Hosengürtel und brachten ihn ins Präsidium. Andere Polizisten hielten die Stellung.
    Eine halbe Stunde später beobachtete einer von ihnen im Treppenhaus eine junge Frau, die an der Tür der besetzten Wohnung lauschte. Er schleppte sie hinein. In ihrer braunen Ledertasche fand sich eine Pistole vom Typ Reck und ein Ausweis auf den Namen Monika Berberich.
    Wenige Minuten darauf klingelte es erneut. Die Frau versuchte, den Neuankömmling durch einen lauten Zuruf zu warnen. Daraufhin warfen sich mehrere Polizisten auf sie und drückten ihr ein Tuch auf das Gesicht. Mit gezogenen Pistolen öffneten die Beamten die Tür. Vor ihnen stand der Wohnungsnachbar, ein älterer Herr, der sich über die laute Musik in der Wohnung beschweren wollte.
    Gegen 19 . 40 Uhr klingelte es ein weiteres Mal, und die Beamten konnten Brigitte Asdonk festnehmen. Eine dreiviertel Stunde später tauchte Irene Goergens auf und wurde ebenfalls von der Polizei in Empfang genommen. In der Zwischenzeit hatten sich Dutzende von Reportern und neugierige Passanten vor dem Haus versammelt. Die Polizeibeamten konnten nicht mehr damit rechnen, daß ihnen noch weitere Gruppenmitglieder in die Falle liefen. Sie begannen mit der Spurensicherung.
    Neben Rezepten und Zutaten zur Sprengstoffherstellung, Fälscherutensilien, Broschüren und Gegenständen für den täglichen Bedarf fanden sie in der Wohnung auch die »Buchhaltung«.
    Auf neun kleinen Zetteln und einer Gesamtabrechnung hatten die Stadtguerillas ihre persönlichen Ausgaben verzeichnet. »H« und »G«, Hans und Grete, also Baader und Ensslin, hatten gemeinsame Gesamtausgaben von 2 484 Mark geltend gemacht: für zwei Jacketts 500  Mark, zwei Hosen 180  Mark, Socken 18  Mark, Friseur 9  Mark, Zigaretten 60  Mark und so weiter.
    »Anna«, Ulrike Meinhof, hatte 1 300 Mark ausgegeben: ein Kostüm für 220  Mark, zwei Blusen 120  Mark, Schuhe 100  Mark, Mantel 330  Mark, Zigaretten, Fressen, Taxe, Telefon pauschal 100  Mark und so weiter.
    Die Gesamtausgaben der Gruppe summierten sich zu 58   230 Mark. Anhand von Schriftvergleichen stellte die Kriminalpolizei fest, daß Gudrun Ensslin die Kassenverwalterin war.
     
    Zwei Tage nach der Verhaftungsaktion traf sich die Restgruppe in der Wohnung Kurfürstenstraße zur Lagebesprechung.
    Irgend jemand mußte die Wohnung in der Knesebeckstraße verraten haben, und das konnte nur einer aus der Gruppe selbst gewesen sein. Plötzlich fiel der Name »Harp«, Hans-Jürgen Bäcker. Er war von dem geplanten Treffen in der Knesebeckstraße unterrichtet gewesen. Zudem galt er ohnehin als etwas unsicherer Kantonist. Als einer der wenigen in der Gruppe hatte er sich gelegentlich mit Baader angelegt, hatte seine Autorität nicht bedingungslos akzeptiert.
    »Harp ist unzuverlässig«, sagte Gudrun Ensslin, »schon deswegen ist ihm Verrat zuzutrauen.«
    Plötzlich ging die Tür auf, und Hans-Jürgen Bäcker stand in der Wohnung. Eisiges Schweigen empfing ihn. Bäcker blickte irritiert in die Runde und setzte sich. »Du hast Horst verraten«, sagte Baader und begann ein Verhör.
    Bäcker wurde wütend: »Ihr seid wohl wahnsinnig geworden.« Er sprang auf und verließ die Wohnung. Seine Reaktion wurde von den anderen als Eingeständnis der Schuld gewertet. Man überlegte, wie Mahler und die festgenommenen Frauen befreit werden könnten.
    Jemand schlug vor, die Pläne für die Kanalisation der Haftanstalt zu besorgen, um Mahler unterirdisch in die Freiheit zu holen.
    Der einfallsreiche Werkstattbesitzer Eric hatte noch eine Idee: »Wir bauen einen Minihubschrauber. Damit landen wir in der Freistunde auf dem Hof des Gefängnisses und fliegen die Genossen aus.«
    Die anderen lachten, aber der Vorschlag war durchaus ernst gemeint.
    »Ich hab da Zeichnungen. Das ist wirklich möglich. Wir nehmen den Motor und das Getriebe von einem

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