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Der Babylon Code

Der Babylon Code

Titel: Der Babylon Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Schomburg
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urplötzlich wie hingezaubert dastand, rissen die Kellner das Papier von den Päckchen und brachen die Siegel.
    Scharff beobachtete die Kellner bei jedem ihrer Handgriffe und forderte eines der Kästchen ungeduldig zurück.
    Breit grinsend drehte er sich zum Mikrofon.
    »Wie Sie wissen, bin ich leidenschaftlicher Zigarrenraucher. Und zur Feier des Tages habe ich daher eine echte Siegeszigarre einfliegen lassen.«
    Scharff öffnete das Kästchen und nahm eine der Zigarren heraus. Sie war vom Format »corona grande«, dick und lang, die Einlage bestand aus fünf Tabakblättern, das sechste Blatt als Umblatt war besonders glatt und geschmeidig. Darüber war als zweite Haut das Deckblatt gewickelt, wofür nur die feinsten und teuersten Tabakblätter überhaupt verwendet wurden.
    »Havanna?«, rief eine Stimme laut in das amüsierte Raunen, als Scharff an der Zigarre roch und den Duft sichtbar genüsslich einsog.
    »Sag es ihnen«, knurrte Scharff zu Chris und sog weiter das Aroma genüsslich ein.
    »Santiago de los Caballeros«, sagte Chris.
    »Das liegt doch in der Dominikanischen Republik!«
    »Richtig.«
    »Also zweite Wahl.« Die Stimme des Mannes klang arrogant und verächtlich.
    Chris schätze den Rufer auf Mitte vierzig. Zwei weibliche Schönheiten rahmten ihn ein, und seine Hände umfassten die Taillen der amüsiert kichernden Frauen.
    »Nichts geht über eine Havanna. Sie liefern zweite Wahl. Wenn überhaupt… Hoffentlich sind das keine Bananenblätter.« Der Mann wieherte amüsiert auf. »Oder ›Davidof‹, mit einem ›f‹ geschrieben. Am Strand gekauft. Mann, Scharff!«
    Schallendes Gelächter schlug Chris entgegen. Die beiden Frauen an der Seite des Mannes krümmten sich vor Lachen.
    »Scheiße!«, zischte Scharff. Dabei lächelte er breit und winkte ab, als ein Kellner die Zigarre einschneiden wollte. »Das ist einer meiner wichtigsten Geschäftspartner. Hubert Schuster. Unendlich viel Geld und Einfluss. Er hat von nichts ’ne Ahnung, aber das darf man ihm nicht zeigen.«
    Du Pfeife!, schoss es Chris durch den Kopf. Ich bin müde, seit ewigen Zeiten auf den Beinen und komme hierher, um mich verarschen zu lassen?
    »Vermutlich nur geerbtes Vermögen. Nichts selbst erarbeitet, was?«, murmelte er bissig.
    Er spürte ein Kribbeln im Nacken, direkt unter dem Haaransatz. Er kannte dieses Kribbeln. Es war ein Warnsignal, das ihn noch nie im Stich gelassen hatte. Sein Problem war, dass er es manchmal ignorierte.
    In solchen Sekunden hasste er seinen Job. Fußabtreter, missachtet, Knallcharge für die, die es sich leisten konnten. Lächeln und schlucken, damit die Aufträge reinkamen. Der Kerl hatte Kohle, aber das gab ihm noch lange nicht das Recht, sich auf seine Kosten lustig zu machen.
    »Machen Sie keine Dummheiten!«, murmelte Scharff, der Chris’ versteinertes Gesicht sah. »Kein Platzhirschgehabe.«
    Lass es sein! Schlucken! Wieder einmal! Okay.
    Chris tat, als wäre er selbst amüsiert, grinste, nickte anerkennend und hob geschlagen die Arme. Dann drehte er sich ab, um vom Podest zu steigen.
    »Stopp!« Die Stimme dröhnte herrisch.
    Chris drehte sich um.
    Schuster grinste frech.
    Alle konzentrierten sich auf die Kraftprobe. Die Spannung war in die Gesichter geschrieben, denn sie gierten auf einen Höhepunkt, auf den Tratsch danach.
    »Lass gut sein, Jungchen! So wirst du nie Entrepreneur des Jahres. Eher eine Ich-AG.«
    Das brüllende Gelächter explodierte wie eine Handgranate. Die Splitter der Geringschätzung zerfetzten Chris’ Beherrschung.
    Polier ihm die Visage, lass dich nicht von so einem Typen auf den Arm nehmen, flüsterte eine innere Stimme namens Stolz.
    »Woran machen Sie das fest?«, fragte Chris. »Ich bin Logistiker…«
    ». . . so nennt man Boten heute, ja?«
    Wieder erscholl Gelächter, wenn auch diesmal gespannt.
    ». . . und ich bin kein Zigarrenexperte. Sie sehr wohl, wenn ich das richtig verstanden habe.«
    »Keine Dummheiten!«, zischte der Boss neben ihm wieder. »Der Mann ist nachtragend. Und ich auch!«
    Hubert Schuster zögerte einen Moment, sah zu seinen beiden Begleiterinnen, die ihn aufmunternd anstießen: Na los, zeig es ihm, setz noch einen drauf.
    »Allein der besondere Boden in Kuba, auf dem die Pflanze wächst, Mineralien aufnimmt. Das ist wie mit Wein. Der Boden macht sehr viel aus.« Die Stimme von Schuster klang satt und zufrieden. Er hatte mittlerweile eine der Zigarren in der Hand und roch daran. Dann verzog er das Gesicht, als habe er die minderwertige

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