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Der Babylon Code

Der Babylon Code

Titel: Der Babylon Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Schomburg
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das Innere des neuen Berliner Hauptbahnhofs.
    Sie hasteten eine schmale Betontreppe zu den Gleisen hinunter, eilten weiter nach links. Vor ihnen verschluckte ein halbrundes Haifischmaul die Gleise.
    »Ich kann nicht mehr!« Ramona Söllner blieb auf den Gleisen stehen und starrte keuchend in die riesige Öffnung. Der Lauf durch den tiefen Sand hatte ihr die Kraft aus den Beinen gezogen.
    »Los! Weiter! Los!«
    Funken stoben, als wenige Zentimeter neben ihr eine Kugel das Gleis traf und als sirrender Querschläger von der Stahlschiene abprallte.
    Der Schütze oben an der Brüstung zielte erneut. Sie hetzten in die Tunnelröhre und sprangen von den Schienen auf den Bahnsteig.
    Nach wenigen Metern veränderte sich das Bild. Statt über Marmor aus chinesischen Steinbrüchen rannten sie über nackten
    Beton. Die Wände waren nur halb mit Kacheln gefliest. Neben ihnen türmten sich Baugerüste mit schmalen Holzplanken bis hoch unter die Decke.
    Obwohl niemand zu sehen war, hallte Baulärm durch die Weite des Rohbaus. Tief im Innern der Mammuthöhle wurde Tag und Nacht gearbeitet. Nach neun Jahren sollte dieses Monument moderner Baukunst endlich fertig werden.
    Der Baulärm schien aus allen Richtungen zu kommen. Hammerschläge hallten durch die Weite, eine Motorsäge kreischte auf, und aus dem Halbdunkel wehten Fetzen wüster Flüche. Dann wieder mischte sich Gesang in den Baulärm. Chris kam sich vor wie in einer Kathedrale. Der Rohbau schuf einen mächtigen Resonanzraum.
    Sie rannten eine Betontreppe zur nächsten Ebene hinauf. Auf einem Zwischenpodest blickte Chris zurück.
    Im Dunkel des Untergeschosses waren die Bewegungen des ersten Verfolgers nur schemenhaft zu erkennen. Ramona Söllner schrie plötzlich auf und brach zusammen.
    Chris warf sich neben sie auf den Beton, sein Kopf an ihren Füßen. Sie hatte eine blutige Schramme an der Wade. Haut und Fleisch waren von der Kugel weggerissen worden. Kein Knall! Schalldämpfer, dachte Chris.
    »Ich bin getroffen worden!« Sie keuchte, und Tränen füllten ihre Augen.
    »Nur ein Streifschuss! Halb so schlimm. Weiter!«
    Sie blieb auf dem hellgrauen Beton liegen und rührte sich nicht.
    »Wir können hier nicht bleiben!« Chris starrte die Treppe hinunter.
    Der Verfolger trat zögernd aus dem schützenden Halbdunkel an die unterste Stufe der Treppe.
    »Ja, du Scheißkerl«, knurrte Chris und hob den Arm zum Schuss. Der Mann sprang zurück und verschwand hinter einem mächtigen Betonpfeiler. »Wir sind hier ohne Deckung!«
    Glas knirschte, zertreten von schweren Stiefeln. Hinter ihnen kam ein Pulk Bauarbeiter lachend die Treppe herunter. Sie verstummten kurz, dann redeten sie aufgeregt durcheinander.
    Chris stopfte hastig die Waffe in den Hosenbund. Die Bauarbeiter bildeten einen Kreis und gestikulierten wild. Sie rochen nach Zement und Mörtel. Spanier? Portugiesen? Chris rappelte sich im Pulk der Männer auf. Ihr Kreis war ein perfekter Schutz. Er zog die Wissenschaftlerin hoch.
    »Sie ist gestürzt«, sagte er und zeigte auf ihre blutende Schramme am Bein. »I’m collecting news for newspapers! I am a reporter!« Chris lächelte verlegen und drängelte sich durch die Männer, die unsicher gestikulierten. Er spürte Hände an seinen Schultern, die ihn zurückhalten wollten. »I’m looking for a good story!« Er zeigte in die Halle und schob sich weiter, zog die Wissenschaftlerin mit sich aus dem Kreis heraus.
    Einer der Bauarbeiter brummte genervt etwas vor sich hin und ging weiter die Treppe hinunter. Die Männertraube löste sich auf, und Chris eilte mit der Wissenschaftlerin die Stufen hoch. Plötzlich ertönten wieder laute Rufe am unteren Ende der Treppe, wo die Bauarbeiter auf den Verfolger gestoßen waren.
    Sie erreichten die nächste Ebene. Die Halle war kahl und bot keinen Schutz. Aus der Tiefe ragten Baugerüste von den Gleisanlagen in der untersten Ebene hoch bis zur Hallendecke weit über ihnen. Die Baugerüste waren mit hellen Plastikplanen verhängt.
    »Noch weiter nach oben!« Chris rannte über die Zwischenebene auf die nächste Treppe zu. Ramona Söllner neben ihm fiel zurück. Sie taumelte zur Seite.
    Er blickte im Laufen über die Schulter. Hinter ihnen stürmten zwei Verfolger die Treppe herauf und folgten ihnen über die Zwischenebene. Der eine trug ein Stirnband, mit dem er das schulterlange blonde Haar zähmte, während der Bürstenschnitt des anderen die eiförmige Kopfform seltsam betonte.
    Ramona Söllner lief einen Bogen, als verlasse ein

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