Der Babylon Code
Filetspitzen garniert hatte.
Er sah wieder den Raum mit den vielen Menschen in Abendgarderobe und das üppige Büfett an der Wand vor sich. In ihm rumorte der Hunger. Auch ihm hatten sie nur eine Ration Wasser hingestellt. Er könne hier ausprobieren, wie reinigend Fasten auf Geist und Seele wirke, hatten sie gesagt.
»Warum verhören sie uns nicht?«, fragte Chris, um sich abzulenken.
»Kommt vielleicht noch«, meinte Ponti, der Chris gelangweilt beobachtete. »Übernimm dich nicht.«
Ganz bewusst dehnte Chris immer wieder die Muskeln, streckte den Körper und biss die Zähne zusammen, sobald der stechende Schmerz ihn an den Rippenbögen durchzuckte. Wenn er abhauen wollte, musste er sich auf seinen Körper verlassen können.
»Du solltest auch etwas tun«, erwiderte Chris. Ponti war ihm zu gleichgültig. Vielleicht würde er nach einer Woche in diesem Verlies genauso sein. »Wenn das stimmt, was du sagst – warum tun sie nicht gleich, was sie ohnehin tun wollen? Warum haben sie dich nicht gleich umgelegt?«
»Es sind zynische Fanatiker. Ideologen. Vielleicht haben sie Spaß daran, uns zappeln zu lassen.« Ponti schnaufte geringschätzig. »Bis jetzt waren sie sich nicht sicher, ob sie mich noch brauchen. Jetzt haben sie auch dich. Jetzt haben sie alles.«
»Ich habe keine Lust, in diesem Loch zu krepieren.« Chris dachte an Jasmin. Er roch ihren Duft, träumte von den sanften Bewegungen, mit der sie sich in der Küche an ihm gerieben hatte. Wie lange war das schon her? Für einen Moment meinte er ihre sanften Finger zärtlich auf seinen Armen zu spüren. Seine Haare stellten sich auf.
Ihr helles Lachen war für eine Sekunde überall. Immer wieder hatte er sich in den letzten zwei Tagen ausgemalt, wie traumhaft schön der erste gemeinsame Urlaub mit ihr sein würde.
Auf seiner
Endeavour
.
Er schmeckte die sinnliche Feuchte ihrer Lippen, und für einen Moment war er mit ihr in der Südsee, lag mit ihr am Strand. Er glitt mit den Lippen über ihre glatte Haut an den Oberschenkeln, seine Zunge erforschte jeden Zentimeter ihres Schoßes. Es war einfach ein zu schöner Traum.
»Hörst du das?« Ponti hob den Kopf und lauschte.
Jasmins Gesicht zerfloss. Chris hörte leises Klappern, halblautes Murmeln, Schritte und ein schleifendes Geräusch.
»Wenn deine Annahme stimmt, müssen wir es gleich versuchen… « Chris suchte Pontis Augen.
»Einverstanden. Wie?«
»Wie es sich ergibt…« Chris legte sich neben Ponti auf den Boden. Und wie es meine Knochen mitmachen, dachte er bei sich und versuchte sich zu konzentrieren.
Kurz darauf standen Marvin, Barry und das Warzengesicht am Zellengitter. Barry schloss die Tür auf.
»Puh! Ein Gestank!« Marvin drehte sich zur Seite und spuckte aus.
Sie schienen sich ihrer Sache ziemlich sicher zu sein. Keiner trug sichtbar Waffen, dachte Chris. Die Chance!
Das Warzengesicht zog einen Kompressor in die Zelle und hielt einen Schlauch mit Metallspitze in der Hand. Hinter dem Gerät verschwanden ein Schlauch und ein Kabel im Gang.
»Wecken!« Marvin stand breitbeinig an der Zellentür.
Der Motor dröhnte los.
Der Wasserstrahl traf Chris auf der Brust. Die Eisfaust presste ihm die Luft aus den Lungen. Er japste und schoss brüllend nach oben.
Plötzlich war der Druck weg, und Pontis Körper verschwand unter der Wasserkaskade. Seine Schreie vermischten sich mit dem Gelächter an der Tür.
Dann donnerte das kalte Wasser wieder auf Chris’ Körper. Diesmal traf der eisige Schlag seinen rechten Oberschenkel, der unter dem Druck nach hinten wegknickte. Chris fiel einfach um.
Er quälte sich ächzend wieder auf die Beine, während Ponti neben ihm zu Boden ging. Zitternd stand Chris im Raum. Immer noch lag der Eisring auf seiner Brust, und zu seinen Füßen sammelte sich das Wasser in Lachen.
»Aufhören!« Marvins dröhnende Stimme zerriss den dämmenden Vorhang in Chris’ Kopf. »Kommt nach vorn!«
Chris zitterte, und in seinen Schuhen schwappte das Wasser.
»Weiter! Los! Weiter! – Stopp!« Marvin beobachtete ihre Bewegungen. »Ihr seid richtige Jammergestalten. Zu den Spielregeln! Ich stelle Fragen, ihr beantwortet sie. Wenn nicht…«
Der Wasserstrahl traf Chris erneut auf der Brust. Es war ein Schlag wie mit dem Vorschlaghammer, und er fiel wieder um. Benommen rappelte er sich auf.
»Was sind das für Knochen, Zarrenthin? Und wo ist die fehlende Tafel?«
Was wollte Marvin von ihm? Weder Forster noch Ramona Söllner hatten davon gesprochen. Und die Knochen –
Weitere Kostenlose Bücher