Der Babylon Code
begreifen, was Zoe Purcell ihm eröffnete. Aber die Worte waren klar und unmissverständlich. Eine Minute später wurde er kreidebleich.
Jasmin zitterte am ganzen Körper, als sie die Tür zum Hauptgebäude aufzog. Noch immer schüttelten Panikattacken ihren Körper. Wie in Trance zog sie die Schuhe aus und schlich auf Strümpfen durch den Vorraum der Haupthalle, die von grünen Notleuchten in ein schummeriges Licht getaucht war.
Sie suchte eine Zeit lang, schlüpfte dann ins Fluchttreppenhaus und eilte die steinernen Stufen zwei Stockwerke hinauf, betrat wiederum einen Gang und wandte sich nach rechts, bis sie zu einer Stationstür kam.
Leise zog sie die Tür einen Spalt auf und sah den Gang hinunter. Das Zimmer mit der Stationsschwester war, soweit sie sich erinnerte, nur wenige Meter vom Eingang entfernt. Ein paar Meter weiter fiel Licht auf den Gang. Ab und zu drangen halblaute Geräusche aus dem Zimmer.
Jasmin schlüpfte durch den Türspalt und hockte sich hinter den gut einen Meter hohen Rollcontainer, der mit gebrauchten Handtüchern und Bettwäsche gefüllt war. Sie zuckte zusammen, als die Tür hinter ihr mit einem Klacken ins Schloss fiel.
Jasmin wartete einige Sekunden und wollte sich gerade aufrichten, da trat eine Krankenschwester aus dem Stationszimmer und kam auf sie zu, den Blick auf die Tür gerichtet. Dann plötzlich blieb sie stehen, drehte sich ab und verschwand hinter einer Tür.
Jasmin schlüpfte hinter dem Container hervor. Mit den Schuhen in den Händen eilte sie an der Tür vorbei, hinter der die Schwester verschwunden war.
Sie lauschte vor Mattias’ Zimmer, zögerte und öffnete schließlich die Tür. Eine kleine Notbeleuchtung brannte über dem Bett, in deren Schein sie die Umrisse seines schmächtigen Körpers kaum ausmachen konnte. Lautlos trat sie an das Bett.
Mattias atmete gleichmäßig und schlief friedlich auf der rechten Seite, den linken Arm auf dem Bettlaken. Die kleine Hand mit der weichen Kinderhaut zuckte gelegentlich.
»Ich träume nachts immer Geschichten von Metru Nui«, hatte er ihr beim letzten Besuch verraten. »Ich höre mir das Hörspiel jeden Abend an, und beim Schlafen träume ich neue Geschichten.«
Sie erinnerte sich an das Leuchten in seinen Blicken, wenn er davon erzählte, und Tränen schossen ihr in die Augen. Rasch legte sie eine Hand auf seine und gab sich stumm ein Versprechen.
Dann huschte sie auf den Gang zurück.
Anna logierte im Raum daneben, damit sie immer in der Nähe war, wenn der Junge sie brauchte. Jasmin trat auf Zehenspitzen an das Bett. Ihre Schwester schlief fest, das Bettlaken eng um den Körper gewickelt.
Jasmin tippte ihre Schwester an, rüttelte sie dann heftig.
Anna öffnete die Augen, schoss mit einem Satz im Bett hoch und schrie erschrocken auf.
Jasmin legte eine Hand auf den Mund ihrer Schwester.
»Psst. Nicht erschrecken. Ich bin es wirklich. Leise!«
Jasmin brauchte fast zehn Minuten, um Anna zu erklären,
warum sie so plötzlich wieder in Sophia Antipolis war. Anna schüttelte immer wieder verständnislos den Kopf.
»Musst du nun auch noch dein Leben mit Problemen befrachten? Ist unsere Familie nicht genug gebeutelt?«
Jasmin schwieg mit zusammengepressten Lippen. Ihr Herz raste plötzlich wieder wie vorhin unter dem Fenster. Mit dem, was sie da gehört hatte, durfte sie Anna nicht belasten.
Also straffte sie sich, streichelte sanft den Arm ihrer Schwester. »Ich habe mein Handy vergessen und muss dringend telefonieren… Wie geht es Mattias?«
»Der Arzt hat noch nicht angefangen. Er zögert immer noch mit dem Therapiebeginn.«
»Hat er dir gesagt, warum?«
»Ich habe es nicht verstanden. Es war eigentlich alles klar. Er sagt jetzt immer wieder, er wolle noch Ergebnisse abwarten.«
»Was für Ergebnisse?«
»Ich weiß es nicht.«
»Und Mattias?«
»Der ist tapfer und wartet.« Anna schluckte. »Jasmin… es ist alles hier irgendwie seltsam geworden. Dieser Doktor Dufour ist so nachdenklich, so zögernd, obwohl er doch damals so optimistisch war. Er spricht von neuen Untersuchungen, äußert Bedenken, ob die angedachte Therapie wirklich das Richtige für Mattias wäre. Dabei hat er doch gesagt, sie sei schon in der Erprobung… Und Mattias spürt das alles. Erst heute hat er zu mir gesagt, dass sie ihm hier wohl auch nicht helfen werden… Spürt ein Kind so etwas?«
Jasmin war kurz davor zusammenzusacken. Mühsam bekämpfte sie das Zittern ihrer Beine. »Es geht ihm schlechter?«
Anna nickte.
»Ich
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