Der Babylon Code
Sein leuchtender Blick wanderte zufrieden zu Barry und Brandau, und er strahlte sie an, ohne sie wirklich zu beachten.
Marvin telefonierte mit Rom.
Und Rom übermittelte gute Nachrichten.
»Besten Dank, lieber Monsignor Tizzani. Sagen Sie dem Heiligen Vater, dass es mir und dem Orden eine Ehre ist, der Heiligen Katholischen Kirche einen solchen Dienst erweisen zu können. Ich kann Ihnen versichern, die
Prätorianer
werden sich der Ehre gewachsen zeigen.«
Marvin schaltete das Handy aus und lachte laut.
»Ich habe es geschafft! Es ist so weit! Das war der gute Monsignor Tizzani. Er hat noch gestern Abend nach seiner Rückkehr ein Gespräch mit dem Papst gehabt. Vorhin ist er dann erneut zum Heiligen Vater gerufen worden. Der alte Mann ist ganz versessen auf die Antiken. Die Personalprälatur ist den
Prätorianern der Heiligen Schrift
sicher.« Marvin lachte erneut.
Barry verzog keine Miene. Marvin war launisch wie eine Diva, und die momentane Euphorie konnte schlagartig kippen. Aber wenn alles so kam, wie Marvin wollte, würde das seine Position stärken. Seine Drecksarbeit hatte diesen Triumph erst möglich gemacht.
»Endlich!
Endlich!
Ich habe es gewusst!« Brandau klatschte mehrmals in die Hände.
Marvin setzte sich in einen Sessel und musterte den Deutschen anerkennend.
»Brandau, Sie haben einen guten Job gemacht. Heute kann ich es ja zugeben: Als Sie vor gut sechs Monaten zu mir kamen und von dem Angebot sprachen, habe ich Sie zunächst für verrückt gehalten. Aber Sie hatten recht. Rom muss sie aus dem Verkehr ziehen!«
»Ich freue mich, dass ich so maßgeblich zum Erfolg der
Prätorianer
beitragen kann.« Brandau lechzte nach noch mehr Anerkennung.
»Sie werden künftig die deutsche Sektion der
Prätorianer
leiten«, sagte Marvin gönnerhaft. »Das werde ich gleich nach meiner Wahl veranlassen. Der Papst kommt selbst nach Frankreich…«
»Der Heilige Vater?«
»Ja, Brandau. Er kommt nach Frankreich. Tizzani sagte mir soeben, der Heilige Vater werde morgen die Krypta der Basilika von St. Benoît-sur-Loire besuchen, um den Gebeinen des heiligen Benedikt Respekt zu zollen. Ein stiller, kleiner Privatbesuch. Kein Aufsehen!«
In der Basilika, die erst seit 1944 wieder von mönchischem Leben erfüllt war, lagen die sterblichen Überreste des heiligen Benedikt, die man im 7. Jahrhundert von Montecassino zum Schutz vor den Langobarden nach Frankreich gerettet hatte.
Brandau lächelte. Fontainebleau lag nördlich von St. Benoît und damit praktisch auf dem Weg. Geschickt.
Marvin grunzte zufrieden. Endlich lief alles in seinem Sinn. Er
hatte die Antiken und war seinem Ziel bezüglich des Vatikans zum Greifen nahe. Mit Zarrenthin alias Rizzi hatte er noch einen klassischen Sündenbock für den Notfall parat. Aber bisher, so berichteten Brandau und Barry, war die Polizei in Deutschland weder beim Überfall in Berlin noch bei dem an der Autobahn weitergekommen. In wenigen Tagen wären die Vorfälle für die Medien vergessen, und die Polizei würde den Teufel tun, daran zu rühren, solange sie im Dunkeln tappte. Und wenn es hart auf hart käme, würde eben Barry über die Klinge springen…
»Sie schauen so grimmig, Barry! Was haben Sie?« Marvin funkelte seinen Sicherheitschef an, der immer noch wartend vor dem Schreibtisch stand.
»Lavalle ist verschwunden.«
»Was heißt das?«
»Er ist noch nicht zurückgekommen. Er wollte heute Mittag wieder hier sein. Ist er aber nicht. Wir haben versucht, ihn zu erreichen. Er meldet sich nicht.«
»Haben Sie in der Druckerei angerufen?«
»Da läuft alles. Lavalle hat die restlichen Druckfahnen gestern Nacht abgeliefert, seitdem laufen die Maschinen. Morgen früh wird geliefert.«
Marvin musste an Lavalles Zusammenbruch denken. »Er wird mit seiner gestrigen Reaktion nicht klarkommen. Wenn er schlau ist, bereitet er sich auf das vor, was ich von ihm verlange. Sonst…«
Jean Santerre und Victor Faivre nickten ihrem Chef ein letztes Mal zu.
»Viel Glück!«, murmelte Paul Cambray, als die beiden über eine Leiter auf das Dach des Kastenwagens kletterten. Der Wagen stand zwischen Bäumen unmittelbar an dem zweieinhalb
Meter hohen Metallzaun, der an dieser Stelle das Anwesen der
Prätorianer
begrenzte. Ein weiterer Mann der Schwarzen Panther hockte auf dem Dach und hielt zwei große Rucksäcke bereit, die die beiden mitschleppen würden.
»Uneinsehbares Gelände. Wenn unsere Leute auf Bäume klettern, sehen wir mit Infrarot und Kameras zwar ein paar Meter
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