Der Babylon Code
sprang Dufour an und umklammerte den schmächtigen Franzosen. Sie fielen zu Boden und wälzten sich über die Steinfliesen. Dufour kam plötzlich auf dem leblosen Körper Sniders zu liegen, die rechte Wange dicht am Mund des Toten.
Baker presste die Hand auf Dufours linke Gesichtshälfte. Dufour spürte Sniders noch warme Lippen an der Wange. Wie ein flüchtiger Kuss, dachte Dufour entsetzt, als er Reste von Speichel auf seiner Haut spürte.
Er drosch wild um sich und traf Baker auf der Nase, dessen Griff sich lockerte. Dufour stieß Baker weg, der nach hinten taumelte.
Sie kamen gleichzeitig auf die Beine.
»Das wirst du büßen!«
»Es war ein Unfall!«, schrie Dufour.
Baker sah sich um und ging mehrere Schritte rückwärts, bis er die Arbeitsplatte auf der anderen Seite des Labors in seinem Kreuz spürte. Er riss die Schubladen auf, bis er einen Kasten mit Skalpellen und Messern fand.
»Ich werde dich aufschlitzen!«, rief er, das Skalpell in der hängenden Faust. Baker stampfte auf, riss die Hände hoch und schlug sich mit den Fäusten gegen den Kopf. Das Skalpell ragte wie ein blitzendes Einhorn aus seiner Faust. »Ich begreife es einfach nicht! Ich kann es nicht verstehen!«
»Es war ein Unfall!«, schrie Dufour erneut.
»Unfall?«
»Er ist gestürzt – das haben Sie doch gesehen!«
Ned Bakers Augen flatterten, dann erfasste sein Blick den Leichnam von Wayne Snider.
»Von dem rede ich doch gar nicht! Ich rede von den Proben!« Baker atmete heftig. »Sie vernichten hier
die
wissenschaftliche Sensation der Menschheit!«
Auf der Arbeitsplatte, an der sich Snider das Genick gebrochen hatte, stand eine Batterie von Reagenzgläsern und Glaskolben. Hastig griff Dufour sich einen großen Glaskolben.
Ned Baker sprang mit erhobenem Arm los und stieß das Skalpell dann nach unten. Dufour riss den abgewinkelten Arm abwehrend nach oben.
Das Skalpell ratschte über seinen Unterarm und zerfetzte seine Kleidung. Er spürte heißen Schmerz. Die scharfe Klinge zerschnitt die Nervenbahnen dicht unter der Haut.
Schreiend schlug er zu. Der verdickte Boden des Glaskolbens traf Baker an der Schläfe, während dessen Knie Dufour im Bauch traf.
Dufour ließ den Glaskolben fallen und griff nach Bakers rechtem Arm. Dabei knickte er ein und fiel auf die Knie. Er zog den taumelnden Baker mit nach unten, der nach dem Schlag gegen die Schläfe mit der Ohnmacht kämpfte.
Sie knieten mit verzerrten Gesichtern voreinander. Dufour griff mit beiden Händen Bakers rechten Arm am Handgelenk. Die Skalpellklinge tanzte vor Dufours Augen. Er drückte den Arm mit aller Kraft nach unten und wunderte sich, wie leicht das ging.
Baker keuchte unkontrolliert. Seine Augen waren immer noch glasig. Dufour drückte Bakers Arm weiter nach unten, bis das Skalpell fast den Boden berührte.
Der Schleier über Bakers Augen wurde immer dichter. Plötzlich gab er jeden Widerstand auf. In seinem Kopf verschluckte die Ohnmacht alle Nervensignale. Seine Kraft schwand.
Dufour sah in die halb verdrehten Augen Bakers und drückte einfach mit aller Kraft weiter. Aufhören! Nein, er oder du! Die Angst zu unterliegen schaltete alle anderen Gefühle aus, und sein Überlebenstrieb verlieh Dufour die nötige Kraft.
Bakers Arm bog sich nach innen. Das Skalpell drang mit der Spitze durch Bakers Kleidung, bohrte sich in seinen Bauch, durchtrennte eine Arterie und steckte dann fest in der Bauchdecke.
Baker hockte ohnmächtig auf den Knien, dann kippte sein Körper zur Seite. Er glitt von der Ohnmacht in den Tod.
Thornten starrte den Mönch grimmig an. »Normalerweise kommt kein Pope auch nur fünf Meter an meine Wissenschaftler heran. Geschweige denn an mich. Was wollen Sie hier ?«
Hieronymus lächelte nachsichtig.
»Sie sind kein Mann, der glaubt!«
»Ich glaube an die Wissenschaft, nicht an den Mummenschanz, den Sie und Ihresgleichen seit zweitausend Jahren veranstalten. Was wollen Sie hier?«
»Sie erreichen nicht einmal die erste Stufe der Demut. Wissen Sie, was der heilige Benedikt auch Ihnen sagt ?
›Der Mensch achte
stets auf die Gottesfurcht und hüte sich, Gott je zu vergessen‹.
« Hieronymus blickte zu Boden, hob dann mit einer energischen Bewegung den Kopf. »Vor einigen Tagen hat man mir hier noch einen Scheck zur Restaurierung eines Gotteshauses angeboten.«
Hieronymus ging zu Folsom und packte ihn am Arm.
»Dieser Mann wollte sein Seelenheil erkaufen, wollte Gott und mich bestechen. Auch er kennt keine Demut. Weder vor Gott noch vor
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