Der Babylon Code
Schwierigkeiten«, begann der Heilige Vater das Gespräch, sobald sie sich auf zwei einfache Stühle niedergesetzt hatten. »Nach allem, was ich heute gehört habe, wirft man Ihnen schwerste Verfehlungen vor.«
Marvin rutschte vom Stuhl und fiel auf die Knie. Demütig senkte er den Kopf.
»Heiliger Vater, die
Prätorianer
und ich stehen im Glauben fest zur Kirche. Niemand, aber auch niemand wird behaupten können, wir würden unseren Glauben verraten. Die
Prätorianer
sollen diskreditiert werden.«
Marvin sponn eine Geschichte über Eitelkeiten, Selbstsucht, falsche Überzeugungen und Verrat. »Wenn Sie sich erinnern, Heiliger Vater, war ich es, der die Gefahr dieser heidnischen Schriften erkannte und nach Rom eilte, als Sie noch Präfekt der Glaubenskongregation waren. Ich gebe zu, es war ein Fehler, den Wunsch der
Prätorianer
nach Anerkennung als Personalprälatur zu diesem Zeitpunkt zu äußern. Wenn der Eindruck entstanden ist, hier wären Bedingungen gestellt worden, dann…« Marvin senkte den Kopf noch mehr und sprach leise weiter. »Bruder Hieronymus mag damals einiges falsch verstanden haben…«
»Das glaube ich kaum«, erwiderte der Papst.
»Mag sein, aber nichts kann das direkte Gespräch ersetzen, und deshalb bin ich dem Herrn auch dankbar, dass es nun doch noch dazu gekommen ist.«
Papst Benedikt schwieg und starrte auf das dunkle Haar des Knienden. Plötzlich ruckte Marvins Kopf nach oben.
»Heiliger Vater, die
Prätorianer
brauchen Hilfe. Wir stellen uns unter Ihren Schutz, damit die Willkür der weltlichen Gerichtsbarkeit nicht uns Gläubige zerreißt, die nur den Schutz der Heiligen Schrift, das Wort Gottes, im Auge haben. Lügen dürfen die Wahrheit der Heiligen Schrift nicht zerstören.«
»Sie kennen Wahrheit und Lüge?«
»Ich habe die Tafeln gesehen, sie mit Grausen in der Hand gehalten. Der Geruch des Teufels haftet an ihnen. Jedes Wort ist eine Diffamierung, eine Schändung unserer Heiligen Schrift. Es ist richtig, dass Eure Heiligkeit sie auf ewig begraben will.«
»Wer sagt das?«
Marvins Augen funkelten. Er erhob sich und setzte sich wieder auf den Stuhl. »Ich habe mit dem italienischen Dieb und Mörder gesprochen, ich habe den Text der zwölf Tafeln gelesen. Und ich weiß: Eine Tafel fehlt – und die ist im Besitz Eurer Heiligkeit.«
Marvin genoss die Stille nach seinen Worten, denn sie zeigte ihm, dass er voll ins Schwarze getroffen hatte.
Papst Benedikt hielt die Hände fest gefaltet im Schoß und wartete.
»Und ich weiß noch mehr.« Marvin lächelte zufrieden. Der Papst hatte ihn noch nicht rausgeworfen. »Der italienische Dieb und Mörder wollte die Tafeln an Eure Heiligkeit verkaufen.«
»Sie gehen zu weit, Henry Marvin.«
Marvin neigte demütig den Kopf, aber seine Stimme war schnarrend und scharf. »Eure Heiligkeit ist ein geschickter Stratege und Taktiker mit dem Blick für das Machbare. Mein Wunsch nach Ihrem Schutz für mich und die
Prätorianer
scheint mir angemessen für das, was ich zu bieten habe.«
Papst Benedikt stand auf und drehte sich zur Tür. »Ich glaube, ich werde nichts für Sie tun können. Marvin, Sie sind ein Händler. Ein Händler ohne Ware!«
»Vater – gehen Sie noch nicht. Ihre Mission…«
Zögernd drehte sich der Papst um.
»Was wissen Sie, Henry Marvin, von meiner Mission?« Der Papst fühlte sich hilflos, der Prüfung nicht gewachsen. Die Antiken waren verschwunden, und niemand wusste, wohin. Bestand
seine Mission darin zu scheitern? War das die wahre Prüfung des Herrn?
Er dachte an seinen Vorgänger und dessen klagende Worte: »
Die größte Tragödie ist das Schweigen Gottes, der sich nicht mehr offenbart, der sich im Himmel zu verbergen scheint, als sei er angewidert vom Handeln der Menschheit.
«
»Noch ist nichts verloren…« Marvins schmeichelnde Stimme riss den Papst aus seinen trüben Gedanken. »Die Tafeln… die Knochen…«
»Welche Knochen?«
»Heiliger Vater, ich kenne den Text der dreizehnten Tafel nicht. Aber sie hat mit den Knochen zu tun – wie Ihre Mission. Und ich ahne, dass es über jede Kraft des Menschen geht.«
Der Papst starrte den Verleger an. Was wusste Marvin?
»Heiliger Vater: Diese Knochen… Wissenschaftler haben daraus eine Probe entnommen!«
Das Gesicht des Papstes war mit einem Schlag kalkweiß, und Marvin genoss innerlich seinen Triumph.
»Bald wird es nicht mehr aufzuhalten sein.«
Der Papst hob müde den Kopf.
»Ich verlange Ihren Schutz für mich und die
Prätorianer
. Und den
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