Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Babylon Code

Der Babylon Code

Titel: Der Babylon Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Schomburg
Vom Netzwerk:
Blutschlieren im Gras.
    Der Hirte senkte den Kopf.
    Deine Trauer ist verständlich, dachte der Papst. Es war ein junges Tier, es hätte dir noch viel Freude bereiten können.
    Der Hirte zögerte, stand auf, lief unruhig herum, ging wieder zu dem toten Tier, streichelte es. Dann zog er ein Messer aus der Scheide. Er trieb die Hunde zur Seite und schnitt sich mit dem Messer den linken Unterarm auf.
    Blut quoll aus dem Schnitt. Der Hirte hielt seinen Arm über das geöffnete Schafsmaul und drehte ihn dann. Sein Blut tropfte in den geöffneten Rachen des Tieres.
    »Nein, das darfst du nicht!«, schrie der Papst. »Es ist dir verboten. Für alle Zeiten!
Die Schuld trifft den Hirten!
«

    Der Papst spürte das Rütteln an seiner Schulter und kehrte aus der Trance zurück. Über Hieronymus’ besorgtes Gesicht huschte ein erleichtertes Lächeln, als der Papst ihn mit wieder klaren Augen ansah.
    »Ich hatte eine Vision…«
    »Ich weiß«, murmelte Hieronymus leise.
    Das gleichmäßige Knattern der Rotoren erinnerte den Papst daran, dass es bald zu Ende sein würde. Doch dann überfielen ihn wieder die Zweifel.
    »Wo sind wir?«
    »Wir sind bald da, Heiliger Vater.«
    »Es muss gelingen…«
    »Wir nähern uns von Süden. Die Piloten sagen, der hohe Bergfried schützt unseren Anflug, wir werden erst sehr spät bemerkt
    werden. Ich werde Jacques Dufour gleich anrufen. Wir werden es schaffen.«
    Der Papst schauderte bei dem Gedanken an seine Vision.
    »Der Hirte hat der Versuchung nicht widerstanden. Ist das auch mein Schicksal?«

Kapitel 45
    Chartreuse de la Verne,
Massif des Maures in Südfrankreich
Mittwochmorgen
    Die weißen Gestalten standen reglos an der Tür.
    Schlagartig waren alle stumm. Thornten zog seine Hand vom Arm des Jungen zurück.
    »Wir freuen uns, wenn Sie sich zur Andacht in dieser Kapelle aufhalten. Das genau ist nämlich ihr Zweck. Wenn auch die Zeit für Besucher ungewöhnlich ist.« Die Stimme war hell.
    Chris trat einen Schritt zur Seite und reckte den Kopf, um besser sehen zu können. Dufour tat es ihm nach. Die zwei Schergen vor ihnen wiegten unruhig ihre Oberkörper, denn sie standen mit dem Rücken zum Raum und sahen nicht, was hinter ihnen geschah.
    Die Kapuzen verdeckten die Köpfe der weiß gewandeten Gestalten. Als die vordere den Kopf drehte, sah Chris die weichen Züge eines Frauengesichts.
    »Sie sehen uns einigermaßen überrascht.« Thornten stand auf und trat gewinnend lächelnd nach vorn. »Es ist tatsächlich eine ungewöhnliche Zeit. Wir wussten nicht…«
    »Die Zeit des stillen Gebets.«
    Chris sah auf seine Uhr. Kurz nach vier.
    »Wir haben uns in der Nacht verfahren, dann einen Unfall gehabt und uns hierher gerettet.« Thornten sprach mit sanfter Stimme.
    »Der Junge ist verletzt? Sind Sie Arzt? Wollen Sie ihm eine Beruhigungsspritze geben? Können wir helfen?«
    Die Nonne trat einen Schritt nach vorn.
    »Danke. Ich kenne mich aus.« Thornten hob abwehrend die Hände. »Er ist überdreht. Es ist zu viel für ihn. Es ist nichts Schlimmes. Wir kommen klar, wenn wir nur… Sie haben nichts dagegen?«
    Die Nonne musterte Folsom, der immer noch hinter Mattias hockte, aber seine Hände von den Schultern des Jungen genommen hatte.
    »Ich bin die Vikarin der Chartreuse de la Verne, die Vertreterin der Priorin.« Die Nonne drehte ihren Kopf wieder, und ihr Blick glitt über Jacques Dufour.
    Chris schätzte die Frau auf knapp über fünfzig. Aber er konnte sich auch gewaltig täuschen. Er bewunderte, wie gelassen sie mit der Situation umging. Sie musste die Waffen doch sehen!
    »In der weltlichen Sprache würde man uns eine streng meditative Gemeinschaft nennen, die in der Stille und Einsamkeit den Weg zu unserem Herrn sucht.«
    »Bräute Christi.« Thornten verschluckte die Worte halb, da er den geringschätzigen Unterton kaum unterdrücken konnte, mit dem er sie hervorstieß. Dann hatte er sich wieder gefangen. »Und was tun Sie in dieser Einöde?«
    »Liebesgeschichten erzählt man nicht, oder?« Ihre Augen blitzten. »Wir sind sechzehn Ordenschwestern und bauen die Ruine wieder auf. Seit zwei Jahrzehnten. Mit vielen helfenden Händen. Früher lebten hier Eremiten des Kartäuserordens. Dies hier war einst die Küche. Die ersten Schwestern haben daraus diese kleine Kapelle gemacht, um einen Platz der Andacht zu haben. Heute dient sie Besuchern zur Andacht. Wir wollen den Raum für den Tag richten.«
    Die Nonne trat einen Schritt nach vorn, drehte den Kopf und sprach Chris an.
    »Du

Weitere Kostenlose Bücher